Umfassende Verkehrswende vonnöten

Verkehrswende/Klimaschutz Winfried Wolf findet, wir fahren mit dem Elektro-Auto in die Sackgasse. In Dortmund begründete er das. Und hielt ein Plädoyer für eine umfassende Verkehrswende

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Niemand der halbwegs bei Trost ist wird abstreiten, dass wir eine Verkehrswende brauchen. Erst recht nach Diesel-Gate und Diesel-Fahrverboten. Aber ist die Elektrifizierung des Autoverkehrs ein
Ausweg aus der ökologischen Krise und den Gesundheitsgefahren der
individuellen Mobilität? Der Verkehrsexperte Dr. Winfried Wolf (Chefredakteur von Lunapark21) sieht das ganz und gar nicht. Warum, hat er in einem hochinteressanten und durchweg spannend vorgetragenen Referat beim gestrigen von DGB und Attac Dortmund getragenen ersten Nachdenktreff in diesem Jahr in der Auslandsgesellschaft NRW e.V. Dortmund einleuchtend dargelegt.

Der Vortrag war gut frequentiert, sodass in einen größeren Raum gewechselt werden musste

Der Zuspruch zu dieser Veranstaltung war größer als erwartet, sodass Publikum und Referetn in einen größeren Raum wechseln mussten. Der Titel von Wolfs Vortrag: „Irrweg Elektro-Auto – Für eine umfassende Verkehrswende!“

Entgegen den vielfältigen Beteuerungen, das Elektro-Auto leiste einen entschei­denden Beitrag zur Entschärfung der Klimakrise und der Luftverschmut­zung hat Winfried Wolf akribisch herausgearbeitet:

– Die Klimaziele im Verkehrsbereich sind auch über einen zunehmenden Anteil an Elektro-PKW nicht zu erreichen.

– Die Elektromobilisierung des Autoverkehrs ist keine geeignete Maßnah­me, um die lebensbedrohlichen Luftverunreinigungen und verkehrstech­nisch bedingten Lebenseinschränkungen in den Städten zurück zu drängen.

– Ein Umswitchen auf Elektromobilität und der langfristig erwartete höhere Anteil von Elektro-PKW am Automobilverkehr leistet nicht den propagier­ten Beitrag für die so dringend notwendige Energiewende.

Wer bislang gut meinend den Elektro-PKW als die Lösung angesehen hatte, erfuhr mit unumstößlichen Fakten unterfüttert, dass vielfältig belegt ist, dass dessen Betrieb mit Effekten verbunden ist, die die Umwelt- und Klimabelastungen zusätzlich erhöhen. Auch die Öko-Bilanz von Elektro-PKW, so Winfried Wolf, stellt sich als fragwürdig heraus. Anhand des Beispiels der Stadt Los Angeles öffnete der Referent den ZuhörerInnen die Augen: Dort stünden die Autos tagtäglich in unsäglich langen Staus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrage dort 14 Kmh! Wären plötzlich alle Autos dort elektrisch angetrieben, stünden auch diese bloß im Stau.

Winfried Wolf votiert für eine sozial und ökologisch verträgliche Wirt­schaftsentwicklung, deren Elemente Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit, Umweltfreundlichkeit und Stadtqualität von zentraler Bedeutung für eine menschengerechte Lebensweise sind.“

(Quelle: Elektro-PKW als Teil der Krise der aktuellen Mobilität. ISW-Report Nr. 112/113 München)“

Dr. Winfried Wolf: Wir befinden uns in der Krise der modernen Mobilität

Winfried Wolf verwies eingangs seines Vortrages auf unumstößliche Fakten in Sachen Klimaerwärmung. Wir befänden uns in der Krise der modernen Mobilität, besonders in den Städten. Feinstaub und die gesundheitlichen Folgen für die Menschen sei ein wichtiges Thema. Allein in der Europäischen Union käme es zu 400 000 vorzeitigen Todesfällen aufgrund der Luftverschmutzung. Gut ein Drittel dieser Todesfälle wäre auf die Situation im verkehrlichen Bereich zurückzuführen. In Bezug auf die Klimaerwärmung bzw. in Bezug auf die Klimakatastrophe, die auf uns zukommt. Auf der UN-Klimakonferenz cop24 in Katowice im vergangenen Jahr sei von allen bürgerlich relevanten Forschern noch einmal festgestellt worden, „dass selbst die Einhaltung einer Klimaerwärmung mit maximaler Erwärmung von 1,5 bis 2 Grad Celsius nicht erreicht werden kann.“ Es sei denn, es würden radikale Maßnahmen in den hochentwickelten OECD-Staaten300 ergriffen. Ansonsten würden dann „Kipppunkte erreicht, die nicht mehr bewertet werden können“.

Winfried Wolf sprach von einer „Glaubwürdigkeitskrise der internationalen Autoindustrie“, bei der der Diesel eine große Rolle spiele.

300 Milliarden Dollar wollen die größten Autokonzerne in den nächsten 15 bis 20 Jahren in Elektro-Autos investieren

Inzwischen propagier­ten nicht mehr nur die Umweltverbände das Elektroauto. Die Autoindustrie verweigere sich diesem längst nicht mehr, so Wolf. Heute würden 300 Mrd. Dollar von den zwanzig größten Autokonzernen in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Jahren nur in Elektro-Autos investiert. Davon die Hälfte in China.

Übrigens, informierte Winfried Wolf am Rande, gelte in China seit 1. Januar 2019 ein Quote, wonach alle Konzerne in China zehn Prozent ihrer Auto-Produktion in Form von E-Autos verkaufen müssen. Konzerne wie VW könnten das momentan nicht. Sie müssen sich freikaufen.

Ein Drittel der gesamten 300 Milliarden Dollar-Investition entfielen nur auf Daimler, VW und BMW. Dr. Wolf: „Die fossilen Konzerne steuern voll auf Elektromobilität.“

Die Autoindustrie in der Glaubwürdigkeitskrise. Wolf: „Mit dem Elektroauto in die Sackgasse“

Wolf wies auf sein im Promedia Verlag Wien erschienenes Buch „Mit dem Elektroauto in die Sackgasse. Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt“ hin. Darin behaupte er, dass wir in den letzten 50 Jahren immer wieder erlebt haben, dass dann, wenn die Autoindustrie in eine Glaubwürdigkeitskrise geraten ist ein Reform innerhalb der Autoindustrie vorgeschlagen wird, die die Leute beschäftigt, damit eine Weile Ruhe ist.“ Das sei während der Ölkrise in 1970er so gewesen und mit der Propagierung des Biosprits (mit dem Effekt, dass die Lebensmittelpreise explodierten) so gegangen.

Alles in allem genommen, zeigte sich Wolf sicher: Elektro-Autos seien keine Alternative. Er sagte warum

Elektro-Autos brauchen auch Energie, ergo hätten sie auch eine CO2-Bilanz. Selbst bei Abschaltung der Atomkraftwerke (die ja ohnehin kein CO2 produzierten, aber brandgefährlich seien) sei es wenig realistisch, dass sich der Strommix in Deutschland in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren massiv verändere zu einem niedrigen CO2-Wert. Schließlich werde ja auch nach dem groß „und viel mit Tränen im Knopfloch“ begangenen Aus für die Steinkohle hierzulande trotzdem weiter Steinkohle in deutschen Kraftwerken verstromt: nur kommt dieser Energieträger dann aus China oder Kolumbien. Ebenfalls solle „die schmutzigste Art der Energiegewinnung“ via Braunkohle noch zehn bis fünfzehn Jahre weiter laufen. E-Autos sparten vielleicht im reinen Betrieb 40, 50 Prozent der CO2 – Emissionen. Man müsse nur wissen: ein Elektro-Auto hat ein Vorleben: Bevor es auf die Straße kommt hat es doppelt soviel CO2 äquivalent verbraucht als ein normaler PKW (ökologischer Rucksack [allein die Akku-Produktion!] plus Strommix eingerechnet). Im besten Fall würde einer Elektro-Auto 20 Prozent weniger CO2 mit sich bringen. Auch müssten Boomerang-Effekte (Rebound-Effekt) bedacht werden: Momentan seien viele Elektro-Autos Zweit- und Drittwagen. Und viele deren Fahrer führen zwei bis dreimal mehr damit, weil sie glaubten sie täten etwas für die Umwelt. Elektro-Autos verursachten durch Reifenabrieb ebenso – vielleicht gar mehr – Feinstaub wie Diesel oder Benziner.

Die Zahl der Autos wächst weiter. Eine radikale Verkehrswende ist nicht in Sicht

Derzeit existierten weltweit eine Milliarde PKW. Im Jahr 2005 waren es noch 630 Millionen Autos. Eine Steigerung im Zeitraum bis 2017 fast um 400 Millionen! Jedes Jahr kämen 50 bis 70 Millionen hinzu. Den jetzigen Stand der Produktion weiter gerechnet könnten bald 1,5 Milliarden PKW auf der Welt herumfahren. Die „Optimisten der Optimisten“, sagte Winfried Wolf, meinten, dass wir im Jahr 2025 maximal 150 Millionen E-Autos haben würden. „Verglichen mit 1,5 Milliarden normaler PKW!“ Angesichts dessen sei es „Wahnsinn an irgendeine Reduktion der CO2-Emissionen zu glauben“. Die Zahl der Autos wachse ja weiter.

Wolf: „Es gibt keine Politik, weltweit oder in Deutschland, die sagt, wir müssen generell eine andere Politik betreiben.“ Also sei eine radikale Verkehrswende nicht in Sicht.

Die Notwendigkeit einer umfassenden Verkehrswende

Dr. Wolf: „Wir brauchen eine andere Verkehrsmarktordnung.“ Die grünen Verkehrsarten (zu Fuß gehe, Fahrradfahren und öffentlichen Verkehr benutzen) müssten begünstigt werden und umgekehrt die roten Verkehrsarten (Autoverkehr und Flugverkehr) eindeutig verteuert, reguliert und begrenzt werden. Das Diesel-Privileg (einschließlich des Dienstwagenprivilegs Quelle: Deutschlandfunk) müsse abgeschafft werden, fordert Winfried Wolf.

Es braucht eine Politik der kurzen Wege und die Priorisierung von Dezentralität

Der Verkehr insgesamt habe immer mehr zugenommen. Die Wege der BundesbürgerInnen von A nach B hätten sich gegenüber vor 40 Jahren verdoppelt und verdreifacht. Gründe dafür seien verfehlte Stadtplanungen, Märkte außerhalb der Städte auf der grünen Wiese und die heutigen sogenannten Helikopter-Eltern, die ihre Kids ständig überallhin (Schule, Sportverein, zur Freundin, zum Freund oder in die Disko usw.) führen. Viele Städte hätten keinen Erholungswert (nicht so riesige Parks wie den Englische Garten in München oder den Tiergarten in Berlin haben) – man müsse halt ins Grüne fahren. Millionen Fahrten könnten bei besserer Städteplanung eingespart werden, findet Wolf. Die Städte seien kaputt gemacht worden. Es sei doch absurd, dass der kleine Tante-Emma-Laden um die Ecke mehr Steuern – dazu steigende Mieten – zahlen müsse als der Discounter und Märkte außerhalb der Stadt und irgendwann aufgeben müsse.

Es brauche also eine Politik der kurzen Wege, die Priorisierung von Dezentraliät und überhaupt die Rückgewinnung der Städte als Erlebnis- und Freizeitraum. Und weiter: „Die nichtmotorisierten Verkehrsarten müssen verstärkt ausgebaut werden.“

Positives Beispiel Kopenhagen

Ein positives Beispiel: In Kopenhagen würden heute 45 Prozent aller Wege, die der Durchschnittskopenhagener zurückgelegt mit dem Fahrrad zurückgelegt. Der Rest zu Fuß und mit dem Auto. Wolf: „Bei uns ist es umgekehrt!“. Münster stelle eine erfreuliche Ausnahme dar.

Öffentlichen Verkehr ausbauen

Des Weiteren gehöre der öffentliche Verkehr massiv ausgebaut: Mit Straßenbahn, wo es möglich ist. Und primär ein Verkehr der oben und nicht unterirdisch (20 bis 30 Mal mehr je Kilometer als die Tram koste) verlaufe. Und die Eisenbahn dürfe nicht länger eine „Bonzenbahn“ sein dürfe sondern primär eine Bürgerbahn und „Flächenbahn“, die Menschen in der Fläche abhole und nicht Städte abhänge wie bei der Deutschen Bahn ins Werk gesetzt, sein müsse. Als positives Vorbild nannte Winfried Wolf die Schweizer Bundes Bahn (SBB), die auf einen integralen Taktfahrplan setzt. Plötzlich wolle die Deutsche Bahn auf einen „Deutschlandtakt“ setzen. Nur ist inzwischen halt vieles im Argen

Betreffs der Sünden der Deutschen Bahn erwähnte der Referent das inzwischen 10 Milliarden teure Projekt Stuttgart21. Wenn das realisiert werde (Wolf glaubt fest an einen Stopp des Wahnsinnsprojekts), könne der „Deutschlandtakt“ gar nicht funktionieren (dazu Winfried Wolf auf den NachDenkSeiten). Winfried Wolf kann nur mit dem Kopf schütteln: Gegenüber dem Kopfbahnhof (jetzt noch 16 Kompaktgleise) wird der unterirdische Bahnhof Stuttgart21 nur noch acht Gleise geben. Für eine Reduktion der Bahnhofskapazität habe man zehn Milliarden Euro ausgegeben“

Bahnnetz zu hundert Prozent elektrifizieren. Bahnpreise attraktiv machen

Insgesamt, stellt sich Wolf vor, sollte das gesamte Streckennetz der Deutschen Bahn zu hundert Prozent elektrifiziert werden. Das vermeintlich modern tönende Wort Elektromobilität – dem Begriff habe er sich bis vor einem halten Jahr noch verweigert, aber kapituliere inzwischen – „sei ein richtiger Klau“. Seit hundert Jahren gebe es doch schon: seit hundert Jahre fahren Züge, fährt die Straßenbahn elektrisch! Die Schweiz betreibe seit 30 Jahren hundert Prozent des schweizerischen SBB-Netzes elektrifiziert. Das habe riesige Vorteile und beinhalte auch die Möglichkeit erneuerbare Energie einzuspeisen. Bei nur einem System habe man große Synergieeffekte. Doppeltraktionen seien so nicht notwendig. Bahncards müssten relativ günstig sein. In der Schweiz ist das so. Auch gebe es kaum Sparpreise. Dort hätten zweieinhalb Millionen Menschen ein Halbtagsticket (die Schweiz hat 8 Millionen Einwohner). Übertragen auf Deutschland müssten hier 20 Millionen Deutsche ein Halbtagsticket haben! Die SBB setze halt auf Stammkunden. Die Pünktlichkeit stimmt. Und Plätze reservieren müssten Schweizer auch nicht.

Flugverkehr verteuern und regulieren. Kurze Inlands- innereuropäische Strecken auf die Schiene bringen

Ein weiterer Punkt: Der Flugverkehr müsste deutlich verteuert und reguliert werden. Kurze Inlands- und innereuropäische Strecken gehörten auf die Schiene verlagert. Auch sei es ein Fehler gewesen der Nachtzugverkehr von der Deutschen Bahn abzuschaffen. Die Nachtzüge seien, Wolf, immer ausgebucht gewesen und praktisch gewesen: konnte man sich doch eine Hotelübernachtung sparen und kam ausgeruht ans Ziel. Der Verantwortliche der Deutschen Bahn zehn Jahre für den Nachtverkehr zuständig war, der diesen als nicht effizient bezeichnet hatte, habe während es Smalltalks, an dem u.a. Wolf beteiligt gewesen war, diesen Zug niemals genutzt zu haben.

Es zeige eben einfach, dass Personal bei der Deutschen Bahn AG sei, denen „die Bahn am Arsch vorbeigeht“.

ÖPNV zum Nulltarif

Weiter findet Winfried Wolf, dass ÖPNV (der Öffentliche Personennahverkehr) müsste zum Nulltarif angeboten werden. Später in der anschließenden Diskussion merkte ein Herr an, dies sei von den kommunalen Verkehrsbetrieben kaum zu finanzieren und würde wohl auch von den Fahrgästen entsprechend wertgeschätzt werden. Wolf konnte diese Argumentation dann entkräften.

Das müsse ohnehin schrittweise – etwa über fünf oder sechs Jahre – ins Werk gesetzt werden. In den Städten müsse eine Attraktion für Fußgänger, für Fahrradverkehr und ÖPNV geschaffen werden. Eine Kombination sei deswegen wichtig. So stellt sich Wolf diesen Weg vor: Reduktion der Kosten von ÖPNV mit Ziel Nulltarif, zugleich massiver Ausbau von Nähe, massiver Ausbau von Fahrradverkehr und dann ÖPNV allmählich auf Nulltarif. Eine Senkung der Gesundheitskosten durch den Autoverkehr, die Reduzierung der Unfalltoten und Verzicht auf Sicherheits- und Kontrollpersonal wäre möglich. Die gesamten ÖPNV-Einnahmen in Deutschland lägen unter 20 Milliarden Euro im Jahr. Wolf: „Das ist die Hälfte des Wehretats.“ Der Referent merkt an: „Die externen Kosten des Autoverkehrs in einer Stadt wie Dortmund sind wesentlich höher als das was der ÖPNV in dieser Gesamtkonstellation kosten würde.

Güterverkehr analysieren und möglichst reduzieren

Den Güterverkehr betreffend sagte, dass der genau analysiert gehöre und überlegt werden müsse, wie dieser reduziert mindestens um ein Drittel werden könne. Man könne auf regionale Lösungen setzen. Subventionen von billigen Exporten machten dies allerdings unmöglich. Der LKW-Verkehr habe sich seit der Wiedervereinigung um 80 Prozent erhöht. Damit habe dieser sich verdoppelt. Der Lebensstandart wäre aber gleich geblieben. Die Steigerung der Globalisierung habe die regionale Produktion zerstört.

Totschlagargumente betreffs der Vorschläge von Wolf und dessen Argumente dagegen

Zum Schluss nannte Winfried Wolf drei Totschlagargumente gegen das von ihm Vorgetragene.

Das erste laute: Arbeitsplätze in der Auto-Produktion gingen verloren, das zweite: seine Vorschläge wären zu teuer. Und das dritte: es gebe dafür keine Mehrheit.

Wir hätten in Deutschland noch 820 000 Arbeitsplätze in der Auto-Produktion. Die Gefahr, dass die sich selber wegrationalisiert bzw. automatisiert verlagert wird sei groß. Diese Sicht auf die Arbeitsplätze bezeichnete Wolf als verquer. Allein im Maschinenbau arbeiteten etwa 1,2 Millionen Menschen. Auch hätten wir in Deutschland mehr LehrerInnen als in der Auto-Produktion beschäftigt sind. Und noch immer fehlen jede Menge!

Winfried Wolf steht auf dem Standpunkt das eine wirkliche Verkehrswende viele neue Arbeitsplätze schaffen würde.

Dass die Vorschläge zu teuer seien, findet Wolf keineswegs. Denn wer so denke, vergisst die externen Kosten (Klimakosten, Umweltkosten, Gesundheitskosten) des Auto-Verkehrs einzurechnen. Und er gab gleichzeitig zu bedenken, dass auch Elektro-Autos Unfälle mit Verletzten und Toten verursachen würden.

„Diese Art der Verkehrsorganisation die wir heute haben, kommte uns und spätere Generationen teuer zu stehen. Umgekehrt ist die Verkehrswende die einzige rationale verizierbare mit dem Verkehr und der Umwelt in Zukunft umzugehen.

Sobald man ein konkretes Programm einer Verkehrswende den BürgerInnen näherbringe, könnten in Teilbereichen durchaus Mehrheiten – und Schritt für Schritt weitere – generiert werden. Etwa gebe es die Mehrheit in Westdeutschland für ein Tempolimit seit dem Jahr 1975.

Für die Verkehrswende engagieren wie die Stuttgart21-Gegner für ihre Sache: „Oben bleiben!“

Dr. Winfried Wolf schloss mit Informationen über die seit nunmehr zehn Jahren jeden Montag stattfindenden Demonstrationen gegen Stuttgart21. Nie kämen weniger als 500 oder 700 Leute. Seit zehn Jahren werde am Bahnhof eine Mahnwache in einem Zelt wo Tag und Nacht bei Kälte wie Hitze immer zwei Leute da seien. Wolf: „Die Schwaben sind keine Revoluzzer. Sie sind Weltmeister der Kehrwoche.“ So ein zerstörerisches Projekt wie Stuttgart21 habe dazu geführt, dass tausende Leute sich engagieren. Selbst bürgerliche Leute, wie ein Feinschmeckerkoch, Theologen und Architekten wären dabei. Da merke man, wie durch kontinuierliche harte Arbeit im Verkehrsbereich selber Leute gewinnen kann. Der Slogan, den die Stuttgarter entwickelt hätten „Oben bleiben!“ wird inzwischen anstelle von „Grüß Gott!“ verwendet. Im Sinne von Rudi Dutschke und Ernst Bloch: einfach aufrecht gehen. „In diesem Sinne“, so endete Winfried Wolf, „sollten wir uns auch engagieren für eine Verkehrswende.“

Fazit: Lebendiger Vortrag eines kompetenten Experten

Die sich an den lebendigen und inhaltsschweren Vortrag des kompetenten Verkehrsexperten Dr. Winfried Wolf anschließende Frage- und Diskussionsrunde gestaltete sich, einige Fakten aus dem Referat nochmals aufgreifend und neue Impulse hinzufügend nicht weniger lebendig und interessant. Das Publikum bedankte sich mit herzlichem Applaus.

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asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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