Fifty-Fifty für Rot-Rot-Grün

Landtagswahl 2014 Die Ergebnisse der Thüringer Landtagswahl müssen die Parteien erst einmal verkraften: FDP raus, AfD drin, SPD unten und je 46 Sitze für schwarz-rot oder rot-rot-grün

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Dass die Thüringer Landtagswahl spannend werden würde, hatten alle interessierten Beobachter vorausgesagt. Immerhin ging es erstmals in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte um die Frage, ob ein linker Ministerpräsident eine Koalition anführen würde, in der die SPD nur zweitstärkste Kraft wäre.

Der linke Spitzenkandidat Bodo Ramelow antwortete deshalb auf die Frage nach seiner Prognose hinsichtlich rot-rot-grüner Koalitionsbildung stets mit dem Satz, die Chancen stünden 50:50 und so gut hätten sie noch nie gestanden.

Wie sehr er damit den Nagel auf den Kopf treffen und bisherige Überlegungen sich als obsolet erweisen würden, hatte freilich auch Ramelow nicht vorhergesehen.

Schon nach der ersten Hochrechnung wurde deutlich, womit ernsthaft niemand gerechnet hatte: beide denkbaren Koalitionsvarianten - die Fortsetzung von schwarz-rot bzw. die erstmalige Bildung von rot-rot-grün - verfügten jeweils nur über eine Stimme Mehrheit. Stabile Mehrheiten sehen anders aus, einerseits. Andererseits lassen sich viele Beispiele finden, in denen Koalitionen mit einer Stimme Mehrheit stabil und souverän über eine gesamte Wahlperiode erfolgreich regierten.

Verursacht wurde diese neue Situation, durch die Thüringens Parteien in den Sondierungen vor neue Herausforderungen gestellt werden, durch das überraschend starke Abschneiden der AfD, die 10,6% erreicht und durch das Absinken der SPD auf einen historischen Tiefstand von 12,4%.

Das Parteiensystem in Thüringen bis zur Landtagswahl 2014

Im Unterschied zur Selbstbeschreibung der Thüringer CDU, wonach der Freistaat in christdemokratischer Hegemonie mit Sachsen und Bayern vergleichbar sei, war die Partei seit der Wiedergründung Thüringens 1990 von einer strukturellen Mehrheit weit entfernt (Hallermann 2008).

Gleichwohl gelang es ihr bisher ununterbrochen als stärkste und zeitweise allein regierende Partei, die Geschicke des Landes zu bestimmen. Eine bis heute anhaltende Prägewirkung entfaltete der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident, Bernhard Vogel, der Thüringen zwischen 1992 und 2003 regierte. Unter seiner Ägide erreichte die CDU bei der Landtagswahl 1999 ihr höchstes Landesstimmen-Ergebnis mit 51%.

Vogels Nachfolger Dieter Althaus verteidigte bei der Landtagswahl 2004 zwar die absolute Mehrheit, doch verlor die Union erheblich. Sie rutschte sie auf 43% der Stimmen ab – leicht oberhalb des Wertes von 1994 (42,6%). Da aber 16,4% der abgegebenen Stimmen auf Parteien entfielen, die den Einzug in den Landtag nicht schafften, konnte die CDU mit 45 von 88 Landtagssitzen unter Althaus weiterhin allein regieren.

Die 5. Landtagswahl brachte 2009 die dritte Koalition im Land. Mit einem Ergebnis von 31,2% war die CDU deutlich gerupft worden. Ursache dieses Ergebnisses waren die verschiedenen Skandale um Dieter Althaus, insbesondere aber seine in Folge eines Ski-Unfalls stark angeschlagene Reputation.

Obwohl im Landtag, in dem erstmals seit 1994 wieder fünf Parteien vertreten waren, sowohl DIE LINKE, SPD und Grüne über eine deutliche als auch SPD und Linkspartei über eine knappe rechnerische Mehrheit verfügten, entschied sich die SPD nach komplizierten Sondierungen für ein Bündnis mit der Union.

Das notorisch angespannte Klima zwischen beiden Parteien in Folge der Hartz-Reformen, der Gründung der Linkspartei aus WASG und PDS mit dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden als Linkspartei-Chef und Fraktionsvorsitzendem im Bundestag sowie die heikle Frage, ob DIE LINKE in einem Regierungsbündnis mit der SPD den Regierungschef stellen dürfte, vereinfachte die Sondierungsgespräche 2009 nicht – im Gegenteil. Im Endeffekt scheiterte der erste ernsthafte Versuch, die CDU in Thüringen abzulösen an der Unfähigkeit aller drei Parteien, das für ein solches Vorhaben erforderliche Maß an Toleranz gegenüber den Positionen der Parteien und Vertrauen in die Personen, mit denen man im Parteienwettbewerb konkurriert, in einer Regierung aber kooperieren soll.

Alternativen zur CDU-Regierung wären rechnerisch bereits Mitte der 1990er Jahre möglich gewesen. Doch während die SPD in Sachsen-Anhalt mit dem »Magdeburger Modell« die PDS in eine Minderheitsregierung als Tolerierungspartner einband, ließen SPD (29,6%) und PDS (16,6%) die Gelegenheit ungenutzt, die CDU von der Macht abzulösen. Obwohl beide Parteien im Drei-Parteien-Landtag rechnerisch deutlich stärker als die CDU (42,6%) waren, trat die SPD als kleinerer Koalitionspartner in eine Koalition mit der CDU ein.

Fünf Jahre später hatte die SPD 11% verloren, die PDS rund 5% hinzugewonnen und sich das Stimmenverhältnis beider Parteien umgekehrt. Die PDS lag vor der SPD – ein Verhältnis, das sich bei den nachfolgenden Landtagswahlen bis heute nicht mehr ändern sollte und zu oben beschriebenen Problemen zwischen den Parteien beitrug.

Dass FDP und Grüne 2009 wieder in den Landtag einziehen konnten, war zwei verschiedenen Ursachen geschuldet. Die FDP profitierte in allen zu dieser Zeit stattfindenden Wahlen vom Bundestrend und bei der Thüringer Landtagswahl von 27.000 ehemaligen CDU-Wähler/-innen.

Anders als bei den Grünen basierten diese Stimmengewinne jedoch nicht auf einer soliden strukturellen Verankerung. Der FDP gelang es in den vergangenen 20 Jahren nur zweimal (1994 und 2009) landesweit mehr als 5% zu erreichen. Mit 3,4% erzielten die Liberalen bei der jüngsten Kommunalwahl das landesweit schlechteste Ergebnis seit Gründung des Freistaates. Kein gutes Omen für die anstehenden Landtagswahlen.

Die Grünen haben in den vergangenen 20 Jahren in den Thüringer Großstädten entlang der A7, insbesondere in Erfurt, Weimar und Jena aber auch in Eisenach und anderen kleineren Städten. Aus diesem Potenzial schöpft die Partei die Kraft für Wahlergebnisse um die 5-6%.

Bei der aktuellen Kommunalwahl sowie 1994 lagen die Grünen landesweit bei 5% oder mehr. Ihr durchschnittlicher Wert bei Thüringer Kommunalwahlen seit 1990 liegt bei 4,4%.

Bei kommunalen und landespolitischen Wahlen ist die CDU seit 1994 die mit Abstand stärkste Partei, während DIE LINKE seit der Landtagswahl 1999 und der Kommunalwahl 2004 den zweiten Platz im Parteiensystem Thüringens innehat.

Sowohl 1994 als auch 1999 lag die SPD mit einem Abstand von 10,4% bzw. 6,5% vor der damaligen PDS, wurde jedoch bei der Kommunalwahl 2004 mit einem Abstand von 9% auf Rang 3 verwiesen. Fünf Jahre später verringerte die SPD diesen Abstand auf nur noch 0,4%, fiel bei der aktuellen Kommunalwahl jedoch wieder auf eine Differenz von 3,6% zurück.

Mit Stimmenergebnissen von durchschnittlich 41,1% in den vergangenen fünf Kommunalwahlen erreichten PDS bzw. DIE LINKE und die SPD gemeinsam entweder fast die gleichen prozentualen Stimmenanteile wie die CDU (2004 und 2009) oder lagen zwischen 5% und 8% vor der CDU. Ähnliche Werte erreichten beide Parteien gemeinsam auch bei Landtagswahlen.

Gleichwohl kann die CDU als große Kommunalpartei bezeichnet werden, während DIE LINKE und die SPD den Status von kommunalen Mittelparteien einnehmen. Bei Landtagswahlen hat sich das Verhältnis zwischen CDU und Linkspartei hingegen angenähert. Beide Parteien sind die großen Player im Land, während sich der Abstand zwischen SPD und Linkspartei entkoppelt. Die SPD ist eine Mittelpartei, gefolgt von Grünen und bislang der FDP.

Obwohl in Thüringen bislang keiner Partei rechts von der CDU – anders als in den ostdeutschen Landtagen mit Ausnahme Berlins – der Einzug in das Landesparlament gelang, sind rechtsextreme Parteien im Freistaat auf kommunaler Ebene vertreten. Bei der diesjährigen Kommunalwahl konnte die NPD insgesamt 56 Sitze in Kommunalvertretungen erringen. Das rechte Bündnis Zukunft Hildburghausen erlangte zwei Mandate.

Der Landtagswahlkampf 2014: Duell Lieberknecht-Ramelow bei Unentschlossenheit von SPD und Grünen

Vergleicht man die Ausgangslage des Thüringer Landtagswahlkampfes mit der Situation vor fünf Jahren, werden gewichtige Unterschiede und Ambivalenzen deutlich.

Bei der Landtagswahl 2009 standen drei Mitte-Links-Oppositionsparteien einer allein-regierenden CDU gegenüber, deren schwer angeschlagener Spitzenkandidat als Ministerpräsident ersichtlich nicht mehr haltbar war.

Obwohl die drei Parteien ersichtlich miteinander über die Frage rangen, ob eine Ablösung der CDU gemeinsam möglich sei, war die Regierungsalternative CDU hier und Rot-Rot-Grün dort klar.

Die FDP sammelte diejenigen Wähler/-innen ein, die im bürgerlichen Lager verbleibend, der SPD ihre Stimme nicht geben wollten.

Im diesjährigen Landtagswahlkampf präsentierten die Parteien multiple Optionen. CDU und Grüne hielten ein gemeinsames Bündnis für möglich – sofern es rechnerisch möglich war. Die Grünen waren jedoch auch bereit mit LINKEN und SPD zu regieren, während die SPD sowohl eine Fortsetzung des Bündnisses mit der CDU erwog, als auch Offenheit für ein Bündnis mit der LINKEN oder gemeinsam zu dritt mit den Grünen.

Wenn auch aus rein taktischen Gründen – mit dem Ziel, eine Mehrheit gegen die CDU zu blockieren – brachte der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring in den letzten zwei Wochen vor der Wahl noch die AfD als mögliche Koalitionsoption ins Gespräch. Dass er kurze Zeit später einem Parteibeschluss gegen eine Koalition mit der AfD zustimmte, änderte an der Sachlage nichts mehr.

DIE LINKE war insoweit die einzige Partei, die eine klare Alternative anbot: Die Bereitschaft, die CDU abzulösen. Am liebsten mit SPD und Grünen oder mit der SPD allein. Von dieser Botschaft rückten weder die Partei noch der Spitzenkandidat ab.

Spätestens als sich zeigte, dass es für ein schwarz-grünes Bündnis nicht mehr reichen würde, konzentrierte sich die öffentliche Wahrnehmung allein auf den Zweikampf zwischen Ministerpräsidentin Lieberknecht auf der einen und dem Herausforderer Bodo Ramelow auf der anderen Seite.

In dieser Zuspitzung gelang es SPD und Grünen nur noch eingeschränkt eigenständig wahrnehmbar zu sein. Durch die wahlstrategische Festlegung, sich nicht auf ein Regierungsbündnis festzulegen, konnte bei beiden Parteien der Eindruck entstehen, Steigbügelhalter einer Koalition zu sein, deren Zusammensetzung beliebig ist und in der die eine wie die andere Partei nicht proaktiv handelt, sondern reagiert.

Bei der SPD wurde dieser Eindruck noch verstärkt durch eine unablässige Kette kleinerer und größerer Demütigungen seitens des christdemokratischen Koalitionspartners, der im Wahlkampf u.a. mitteilte, der SPD das Bildungsressort nach der Wahl zu entziehen zu wollen, da in den Lehrerzimmern eine Stimmung wie unter Margot Honecker herrschen würde.

Dem Gestaltungsinteresse von SPD und Grünen wurde diese Wahrnehmung als Schachfiguren der Union nicht gerecht – beide Parteien hatten programmatisch durchaus deutlich mehr Schnittmengen gegenüber einem rot-grün-roten Bündnis. Der Ausweg aus diesem Dilemma hätte dennoch vermutlich nur in klarer Positionierung für eins der möglichen Koalitionsmodelle bestanden. Dann hätten beide Parteien für dieses Bündnis einen Gestaltungsanspruch formulieren und nach außen ihre politische Funktion beweisen können.

Die CDU ging angeschlagen in den Wahlkampf. Geschwächt durch eine Vielzahl von kleineren und größeren Skandalen, Personalwechseln in der Staatskanzlei und einer Amtsinhaberin, die im Wahlkampf gegenüber der BILD-Zeitung feststellte, dass sie keineswegs Ministerpräsidentin bleiben, sondern sich auch ein Leben außerhalb der Politik vorstellen könnte.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Mike Mohring, der den Wahlkampf medial fast so intensiv bestimmte wie die Ministerpräsidentin inszenierte sich als Stichwortgeber und trieb auf diese Weise Frau Lieberknecht mehr als einmal vor sich her. Zuletzt nach der Sachsen-Wahl mit einem Doppelinterview in der BILD-Zeitung mit der sächsischen AfD-Spitzenkandidatin Frauke Petry. Im Hintergrund ein Hotel-Doppelbett – die politische Hochzeitsbotschaft war unverkennbar.

Die FDP setzte wie in Sachsen nur auf ein Thema: ihr parlamentarisches Überleben. Ironisch wollte sie sein mit dem Kampagnenmotto: »Wir sind dann mal weg«. Mochte die Ironie auch angekommen sein bei den Wählerinnen und Wählern, das Stimmverhalten änderte sich nicht. Zu sehr entsprach die Wahlkampfaussage der Stimmung gegenüber den Liberalen.

Die AfD war im Landtagswahlkampf öffentlich nur wenig präsent. Ihr Landesverband galt lange Zeit als notorisch politikunfähig und verschließ mehrere Landesvorstände hintereinander. Bei der Bundestagswahl 2013 konnte die Partei in Thüringen aus dem Stand 6,2% der Zweitstimmen (76.013 Stimmen) auf sich vereinigen. Bei absinkender absoluter Stimmenzahl gegenüber der Bundestagswahl steigerte sie sich bei der Europawahl 2014 in Thüringen auf 7,4% (67.950 Stimmen).

Bei der Kreistags- bzw. Stadtratswahl trat die Partei hingegen nur in Erfurt (2 Mandate) und dem Weimarer Land (2 Mandate) an und erzielte auf Gemeindeebene ein Mandat in Crossen an der Elster 13,6% (1). Sie verfügt als Partei bislang über keine nachhaltige kommunale Verankerung

Die NPD verzichtete weitgehend auf öffentliche Auftritte. Ihr Spitzenkandidat wurde zudem in den letzten Tagen vor der Wahl mit länger zurückliegenden Polizeiakten konfrontiert, in denen er sowohl der sexuellen Belästigung einer Minderjährigen sowie regelmäßiger Gewaltanwendung gegenüber seinen Familienmitgliedern beschuldigt wurde, die nur deshalb nicht gerichtlich aktenkundig geworden waren, weil er in der Vergangenheit bereits wegen anderer Delikte verurteilt worden war.

CDU bleibt stärkste Partei Thüringens – auf niedrigem Niveau

Erwartungsgemäß bleibt die CDU stärkste Partei Thüringens gefolgt von der Partei DIE LINKE. Während der Abstand zwischen erst- und zweitplatzierter Partei in Thüringen nur ca. 5% beträgt, liegt er in Brandenburg bei 9% und Sachsen bei 20,5%.

Dies mag nicht verwundern, denn die Thüringer CDU war stets weniger unangefochten dominant als es die sächsische Union oder die märkische SPD war.

Nachdem sie bei der vergangenen Landtagswahl auf den historischen Tiefstand fiel, kann sie gegenüber 2009 auf 33,5% zulegen (+2,3%). Verglichen mit den Ergebnissen aus den Wahlen seit 1990 ist dies dennoch ein extrem niedriger Wert.

Gegenüber ihrem besten Landtagswahlergebnis (1999), als sie 51% erreichte, büßt sie rund 18 Prozentpunkte ein. Gegenüber der Landtagswahl 2009 verliert sie rund 14.200 Stimmen.

Sie gewinnt erneut die Mehrheit aller Wahlkreise (34 von 44). Ihre Hochburgen liegen wiederum vor allem im katholischen Eichsfeld und dem ländlichen Raum insgesamt. Sie gewinnt in Erfurt 1 von 4 Wahlkreisen, muss aber in den weiteren drei Wahlkreisen Erfurts der Linkspartei den Vortritt lassen, ebenso in Jena, Suhl und Gera. Das Gothaer Direktmandat geht an die SPD.

In Erfurt III gewinnt mit Marion Walsmann diejenige ehemalige Staatskanzleichefin ein Direktmandat, die in der Affäre um die Versorgung des vormaligen Regierungssprechers Zimmermann aktenkundig Widerspruch einlegte und später entlassen und bei der Listenaufstellung zu dieser Landtagswahl auf einen hinteren Listenplatz verbannt wurde.

Ein Regierungsbündnis aus CDU und SPD, das nur eine Stimme Mehrheit hat, dürfte angesichts der chronischen Konflikte zwischen Fraktionschef Mohring einerseits und Ministerpräsidentin Lieberknecht sowie Bauminister Carius andererseits bereits labil genug sein. Unions-Abgeordnete, die noch ersichtlich offene Rechnungen zu begleichen haben, sind mit Sicherheit kein Stabilitätsanker eines möglichen schwarz-roten Bündnisses. Im Oktober 2009 benötigte Lieberknecht bereits drei Wahlgänge, um Ministerpräsidentin zu werden.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die diversen Skandale der Thüringer Landesregierung, insbesondere mit der CDU in Verbindung gebracht wurden. Laut Infratest dimap vertraten 71% der vom Institut Befragten die Meinung, dass „Lieberknecht durch die Skandale an Glaubwürdigkeit verloren habe“ und 55% die Auffassung die Partei habe „wegen der Skandale einen Denkzettel verdient“.

Die Forschungsgruppe Wahlen fragte danach, welche Partei am stärksten in Skandale, Affären und Filz verwickelt sei. Die CDU lag bei dieser Frage mit 39% unangefochten an der Spitze.

Während zwei Drittel aller Befragten mit der CDU eine als erfolgreich wahrgenommene Krisenpolitik der Kanzlerin assoziieren, sind von den CDU-Wähler/-innen 96% dieser Auffassung. So überrascht es nicht, dass 42% der CDU-Wähler/-innen gegenüber Infratest dimap angeben, dass sie ohne Merkel wahrscheinlich nicht CDU wählen würden.

Von den CDU-Wähler/-innen waren 69% der Auffassung, dass die CDU das Bündnis mit der SPD fortsetzen sollte, während 13% für schwarz-grün und 11% für ein Bündnis mit der AfD nach der Wahl plädierten.

DIE LINKE – stark durch Ramelow

Die Thüringer Linkspartei hat mit mehr als 28% ihr bestes Stimmenergebnis bei einer Landtagswahl erreicht. Zum fünften Mal in Folge steigerte sie ihr Ergebnis – gegenüber der ersten Landtagswahl 1990 hat sie ihr Ergebnis verdreifacht.

Obwohl sie genauso wie der sächsische Landesverband einen Wahlkampf aus der Opposition heraus führte, sind die Thüringer Ergebnisse weder mit denen in Sachsen noch mit denen in Brandenburg zu vergleichen.

Bei gesunkener Wahlbeteiligung legt die Thüringer Linkspartei prozentual zu. Absolut verliert sie freilich rund 23.500 Stimmen.

Bei der Bundestagswahl 2013 sank DIE LINKE insgesamt betrachtet unter das Niveau von 2009 zurück auf das Niveau der Bundestagswahl 2005. Diese Entwicklung vollzogen landespolitisch auch DIE LINKE in Sachsen und Brandenburg nach, die beide jeweils das Stimmenniveau der Wahlen von 2009 nicht halten konnten, als die politische Stimmungslage DIE LINKE stark begünstigte.

DIE LINKE in Thüringen profitierte vor fünf Jahren sowohl von den bundespolitisch günstigen Rahmenbedingungen als auch der gegen die CDU und insbesondere Dieter Althaus gerichteten Wechselstimmung im Land (vgl. Wahlnachtbericht Thüringen 2009).

Es gab im Land zwar keine wahrnehmbare Wechselstimmung doch angesichts der Tatsache, dass keine andere Partei so erkennbar mit einem Regierungswechsel verbunden wurde, konnte DIE LINKE diejenigen Wähler/-innen an sich binden, die einen Wechsel tatsächlich wollten. Der Zweikampf zwischen dem Herausforderer Bodo Ramelow und der amtierenden Ministerpräsidenten Christine Lieberknecht sorgte dafür, dass DIE LINKE so gut abschnitt. Das Stimmenergebnis 2014 ist insoweit sowohl Ramelow-Ergebnis, als auch Gestaltungsauftrag.

Ein Gestaltungsauftrag, der im Übrigen auch seitens der SPD- und Grünen-Wähler/-innen ausgesprochen wurde: 27.000 ehemalige Wähler/-innen der SPD wechselten zur Linkspartei, weitere 6.000 kamen von den Grünen.

Obwohl DIE LINKE insgesamt 38.000 Stimmen von CDU, SPD, FDP und Grünen erhält, muss sie 30.000 Stimmen abgeben, davon 16.000 an die AfD und 3.000 an andere Parteien. Weitere 11.000 Wähler/-innen von 2009 sind diesmal zu Hause geblieben.

Dass die AfD in Thüringen ebenso wie in Brandenburg und Sachsen in relevantem Maße Stimmen aus dem Lager der Linkspartei erhält, mag nur auf den ersten Blick verwundern. Dass mit der AfD erst vergleichsweise spät eine rechtspopulistische Partei in die bundesdeutsche Parteien-Arena eintrat, lag nicht zuletzt darin begründet, dass die Gründung der Linkspartei und die sich in ihr kanalisierende Thematisierung der sozialen Fragen eine Hürde für rechtspopulistische Parteigründungsversuche darstellte. Die »Etablierung« der Linkspartei und der Wandel politischer Themen führt dazu, dass sich die Bindungen zwischen der Linkspartei und demjenigen Wähler/-innenspektrum löst, das parteipolitisch fluid diejenige Formation präferiert, die am stärksten gegen den Strich aller anderen Parteien bürstet.

Die SPD auf historischem Tief

Die SPD in Thüringen erreicht wie der sächsische Landesverband der Partei 12,4%. Was in Sachsen eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau darstellte, ist in Thüringen der historische Tiefpunkt.

Bei der ersten Landtagswahl 1990 lag die SPD mit 22,8% zwar weit abgeschlagen hinter der CDU aber deutlich vor PDS, FDP und Grünen, die zusammen auf 25,5% kamen. Bei der Wahl 1994 konnte sie sich auf 29,6% steigern und hätte im Drei-Parteienparlament mit der PDS eine rechnerische Mehrheit bilden können.

Nach fünf Jahren Großer Koalition rutschte sie um 11,1% auf 18,5% ab. Im Zuge der Hartz-IV-Proteste 2004 unterschritt sie diesen Wert noch einmal und kam auf 14,5%, bevor sie sich bei der Landtagswahl 2009 wieder auf 18,5 berappelte und erneut ein Bündnis mit der CDU einging.

Nachdem die erste Regierungsbeteiligung mit der CDU einen historischen Einbruch in der Wählergunst und den Verlust des zweiten Platzes im Thüringer Parteiensystem zur Folge hatte, steht die Partei auch nach dem zweiten Bündnis mit der CDU dramatisch geschwächt dar.

Die Partei verliert, mit Ausnahme der FDP, an alle politischen Lager, darunter am stärksten an DIE LINKE (27.000 Stimmen), sowie jeweils 12.000 Stimmen an die AfD und die Nichtwähler/-innen.

In Gotha gelingt es der SPD erneut, den Direktwahlkreis zu erobern. Den Wahlkreis Jena I, den der damalige Spitzenkandidat Christoph Matschie 2009 mit einem Vorsprung von 851 Stimmen knapp eroberte, muss die SPD an die Linkspartei abgeben. Mit einem Abstand von 3.920 Stimmen auf den Erstplatzierten, liegt die SPD bei dieser Wahl auf Platz 3.

Grüne wieder drin - bald auch in der Regierung?

Den Grünen gelingt zum ersten Mal in Folge der Einzug in den Landtag. Trotz Stimmenverlusten und entgegen mancher Befürchtung in den letzten zwei Wahlkampfwochen halten sie ihre Mandatszahl und könnten bei erfolgreichen Sondierungen mit SPD und Linkspartei erstmals Teil einer Regierungskoalition im Freistaat werden.

Die grüne Wahlstrategie der Äquidistanz zur CDU auf der einen und SPD sowie Linkspartei auf der anderen Seite hat sich für die Grünen in zweifacher Hinsicht nicht ausgezahlt. Sorgte am Beginn des Wahlkampfes ein großes Interview in der ZEIT zwischen der Spitzenkandidatin Anja Siegesmund mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring sowie flankierende Äußerungen für den Eindruck schwarz-grüner Präferenz ohne ausreichende Rückendeckung in der Landespartei, verstärkten sich zum Ende des Wahlkampfes Signale in Richtung Rot-Rot-Grün, wobei die Partei immer wieder gegensätzliche Aussagen darüber tätigte, ob sie in eine Koalition mit SPD und LINKEN auch dann eintreten würde, sollte sie am Ende nicht gebraucht werden. Diese Entscheidung haben die Wähler/-innen den Grünen nun abgenommen.

Die Grünen erhalten 5.000 Stimmen von der SPD – möglicherweise aus Enttäuschung über die ambivalente Haltung der Sozialdemokraten in der Frage des politischen Wechsels - müssen aber 4.000 Stimmen an DIE LINKE abgeben. Weitere 8.000 Wähler/-innen wandern entweder zu anderen Parteien (-3.000) bzw. zur AfD (-1.000) ab oder gehen gar nicht zur Wahl (-4.000).

Die Hochburgen der Partei liegen in Jena, wo sie zwischen 11,4% und 15,3% erhält, also zwei bis dreimal so viel wie im Landesschnitt. Ebenfalls zweistellig ist sie in den Wahlkreisen Erfurt III (13,3%) und Erfurt II (11,1%).

In Thüringen ebenfalls außerparlamentarisch – die FDP

Die FDP verliert in Thüringen erneut nach nur einer Wahlperiode die parlamentarische Repräsentanz. Zwanzig Jahre nachdem die Liberalen erstmals aus dem Landtag gewählt wurden, sind sie nun wieder außerparlamentarisch. Ob die parlamentarische Abstinenz wieder fünfzehn Jahre dauert, oder ob die Partei überhaupt wieder in den Landtag einziehen kann, wird sich zeigen.

Denn das Ausscheiden der FDP aus dem Landtag beruht nicht allein auf der Stärke der AfD. Das Wahlverhalten der ehemaligen FDP zeigt in Richtung Abkehr von Politik und Wahlen, in Richtung nationalliberale und –konservative Wahlentscheidung (AfD, Union) und in Richtung sozial-liberale Wahlentscheidung.

Wie eine Rückkehr der FDP als liberale Partei aussehen könnte, ist unklarer denn je. Sie scheint nicht mehr gebraucht zu werden.

Neu im Landtag: Die Alternative für Deutschland (AfD)

Die AfD ist neben Brandenburg auch in den Thüringer Landtag eingezogen. Entgegen der Prognosen, die ihr zuletzt ein Ergebnis von ca. 7% voraussagten, hat sie mit 10,6 das bisher beste Ergebnis erreicht.

Mit 11 Mandaten ist sie stärker als die FDP in der nun zu Ende gehenden Wahlperiode. Anders als die Partei in Sachsen verfügt sie in Thüringen weder über zumindest einigermaßen bekanntes Spitzenpersonal oder eine organisatorische Ausgangsbasis.

Sie nimmt einerseits die Funktion der »Denkzettel«- und Protestwähler-Partei ein, zeigt aber andererseits auch ein hohes Maß an überzeugten Wähler_innen aus dem wertkonservativen und rechten Wählerspektrum. Sie ist die eigentliche Wahlsiegerin.

Der Wahlkampf der AfD war erkennbar darauf angelegt, Protestwähler/-innen ebenso zu gewinnen wie Stimmen aus dem Milieu von CDU, FDP und NPD.

In Übereinstimmung mit Alexander Häusler (2014) lässt sich festhalten: Die AfD ist geprägt von drei politischen Strömungen und Milieus: einem marktradikalen, einem nationalkonservativen und einem deutlich rechtspopulistisch affinem Milieu. Es gibt eine auffällige inhaltliche Zustimmung aus Parteikreisen zu den Thesen des Erfolgsbuchautors Thilo Sarrazin. Ein besonders Feindbild der AfD ist die so genannte Politische Korrektheit – die These, dass Medien und Politik vom angeblichen Diktat einer linksgestrickten ‚political correctness‘ beherrscht seien.“

Die Wähler/-innenschaft der AfD dürfte sich bisherigen Erkenntnissen nach am ehesten mit dem Milieu der Republikaner vergleichen lassen. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest Beobachtungen sowohl von Forsa als auch der Wahlstatistik in Baden-Württemberg, wo die Partei sowohl 1992 als auch 1996 mit 10,9% bzw. 9,1% im Landtag saßen.

In den neuen Ländern gelang es der Schönhuber-Partei damals nicht, sich parlamentarisch zu etablieren – von ihrem Niedergang profitierte einerseits die NPD, die jedoch für den bürgerlichen Teil des Republikaner-Lagers unwählbar war. In diese seitdem bestehende Lücke stößt nun die AfD.

In 26 der 44 Landtagswahlkreise erreicht die AfD zweistellige Listenstimmenergebnisse. Ihre fünf besten Wahlkreise sind:

  1. Ilm-Kreis II (23): 15,2%
  2. Saale-Holzland-Kreis II (36): 14,2%
  3. Greiz I (39): 14,0%
  4. Gera I (41): 13,9%
  5. Gera II (42): 13,6%

Anders als in Sachsen lassen sich in Thüringen nach kursorischer Prüfung keine unmittelbaren Zusammenhänge zwischen hohen Stimmergebnissen für die AfD und die NPD erkennen.

Die AfD kann Stimmen aus allen politischen Spektren gewinnen. Die höchste Wählerwanderung erfolgt von den anderen Parteien (23.000), deren Wähler/-innen sich davon einen realen Stimmenerfolg erhoffen. Von der CDU wechseln 18.000 Wähler/-innen zu AfD, gefolgt von der Linkspartei (16.000) und jeweils 12.000 Stimmen aus dem Nichtwähler/-innen-Spektrum und von der SPD. Von der FDP wandern 11.000 Wähler/-innen ab und damit der prozentual höchste Anteil aus allen Parteien, gemessen an der Gesamtstimmenzahl der jeweiligen Partei.

Ist die AfD eine Protestpartei im eigentlichen Sinne? Die Zustimmung von 61% der Wähler/-innen zur Aussage, dass es anderen Parteien recht geschehe, dass die AfD die Politik aufmischt, spricht dafür, ebenso, dass 97% der AfD-Wähler/-innen dieser Auffassung sind.

Gegenüber der Forschungsgruppe Wahlen meinten 66% der befragten Wähler/-innen, dass die AfD als Denkzettel gewählt würde, nur 23% wegen ihrer Inhalte. Diese Wahrnehmung unterscheidet sich diametral von der Meinung der AfD-Wähler/-innen, die zu 73% wegen Inhalten diese Partei wählen und nur zu rund einem Viertel den Denkzettel als Wahlmotiv nennen.

Die der AfD von den Wähler/-innen Thüringens zugeschriebenen inhaltlichen Kompetenzen lagen bei jeweils 3% für die Themen Soziale Gerechtigkeit und Integrations- bzw. Ausländerpolitik sowie jeweils 2% bei der Bildungs- bzw. der Familienpolitik.

Die AfD-Wähler/-innen selbst sahen zu 42% im Feld der sozialen Gerechtigkeit, zu 32% in der Kriminalitätsbekämpfung und zu 26% in der Ausländerpolitik. Auf dem vierten Rang folgte mit 25% die Familien- und 22% die Finanzpolitik.

Dass die AfD keine Probleme löse, die Dinge aber beim Namen nenne, betonten 57% der befragten Wähler/-innen gegenüber Infratest-dimap in Thüringen, während dieser Wert in Brandenburg 60% und in Sachsen 54%.

Rechtsextreme bleiben draußen

Der Thüringer Landtag ist das einzige ostdeutsche Landesparlament, in dem seit 1990 keine rechtsextreme Partei vertreten war. Dies bleibt auch nach der diesjährigen Landtagswahl so.

Die NPD scheiterte mit 3,6% klar an der 5%-Hürde. Sie verliert 11.000 Stimmen von denen ein relevanter Teil an die AfD gegangen sein dürfte.

Während sie bei den Wähler/-innen über 70 Jahren auf einen Anteil von 1% kommt, stimmen 10% der Erstwähler/-innen für die NPD.

Die Wahlbeteiligung und Wahlberechtigte

Die Wahlbeteiligung erreichte bei dieser Landtagswahl mit 52,7% ihren historischen Tiefstand, liegt aber wahrnehmbar höher als in Sachsen oder Brandenburg. Gegenüber der ersten Landtagswahl nahm sie um 19 Prozentpunkte und gegenüber der vorangegangenen Landtagswahl um 3,5 Prozentpunkte ab.

Die Zahl der Wahlberechtigten hat sich gegenüber der LTW 2009 um 88.825 Personen reduziert.

Wird das Ergebnis für die Parteien Thüringens auf die Wahlberechtigten umgerechnet, erreicht die »Partei der Nichtwähler/-innen« mit 47% die absolute Mehrheit. Die CDU kommt auf 17%, DIE LINKE auf 14%, die SPD auf 6%, die AfD auf 5%, die Grünen auf 3% und die FDP auf 1%.

Anders als in Sachsen oder Brandenburg war der Wahlausgang nicht gänzlich absehbar – es bestand und besteht die Alternative zwischen einer CDU- und einer linksgeführten Regierung. Die Aussicht, mit dem eigenen Stimmverhalten zur Entscheidungsfindung beitragen zu können, dürfte sicherlich dazu geführt haben, dass sich Thüringen in der Wahlbeteiligung von den beiden anderen ostdeutschen Ländern, in denen gewählt wurde, abhebt.

Ob die Wahlbeteiligung höher gewesen wäre, wenn alle Mitte-Links-Parteien mit einer fokussierten Wahlaussage ihre Wähler/-innenschaft mobilisiert hätten, kann angenommen werden, ist aber in den Bereich der Spekulation zu verweisen.

Die Wähler/-innenwanderung

Die Wanderungsalden zeigen mehrere besonders bemerkenswerte Aspekte:

  1. die SPD verliert 27.000 Stimmen an DIE LINKE. Dies dürfte ungefähr derjenige Teil der SPD-Wähler/-innen sein, die aus Unsicherheit, ob ihre Stimme für die SPD tatsächlich einen Politikwechsel herbeiführt, für die sichere Alternative Bodo Ramelow stimmten – gleiches gilt analog für die 4.000 grünen Stimmen, die an DIE LINKE gingen;
  2. die CDU und die Linke haben ein »Problem« mit der AfD und der Mobilisierung der eigenen Wähler_innen;
  3. die Wählerschaft der FDP splittert auf in Richtung CDU, in Richtung AfD/nationalliberales Lager und in Richtung, gutwillig interpretiert, in Richtung eines vermeintlichen sozialliberalen Lagers sowie in Wahlenthalter;
  4. die AfD sammelt bei allen Parteien Stimmen ein, am meisten bei den Anhängern von Kleinparteien, die vermutlich die Chance sehen, mit ihrer Stimmer eine Partei in den Landtag zu wählen, dann bei der CDU, am wenigsten Zulauf erhält sie von SPD und Grünen.

Bei der Interpretation der Zahlen ist zu berücksichtigen, dass sie keine Auskunft über die den Zeitpunkt und die Gründe der Wanderung von der einen Partei zur anderen geben.

So kann die Bewegung zur AfD bereits bei der Bundestagswahl oder der Europawahl erfolgt sein, unter den AfD-Wähler/-innen können sich also viele befinden, die zum zweiten oder dritten Mal die AfD gewählt haben und nicht erst in den letzten Wochen von der CDU, der Linken oder einer anderen Partei abgewandert sind.

Ausblick

Die Sondierungen, zu denen sich die Parteien am Montag nach der Wahl in den betreffenden Gremiensitzungen verständigen werden, können vermutlich mit dem Politikmodus der Kanzlerin umschrieben werden: auf Sicht fahren.

DIE LINKE kann zwar zu Recht konstatieren, dass ihr ein Regierungsauftrag erteilt wurde. Doch ebenso die CDU, die ebenfalls hinzugewann.

Ein Gelingen von rot-grün-rot setzt nun umso mehr Vertrauen auf allen Seiten voraus und ein Verständnis davon, eine Koalition nicht als kleineres Übel, sondern als politische Partnerschaft zu gestalten. Eine Kooperation auf Augenhöhe, in der durch erfolgreiches Umsetzen gemeinsam verantworteter politischer Projekte nicht eine Partei auf Kosten der anderen, sondern alle Parteien im Bündnis gewinnen können.

War eine Koalition in den Augen der Thüringer CDU in der Regel ein zu behebender Betriebsunfall, würde der politische Wechsel bereits in einer neuen Kultur des Umgangs in der Landesregierung bestehen.

Dieser Text ist eine Kurzfassung des Wahlnachtberichtes vom Autor, der bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Online-Angebot erscheint.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Benjamin-Immanuel Hoff

Chef der Staatskanzlei @thueringende; Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten. #r2g Twitter: @BenjaminHoff

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