Es lebe die Zeitung

Printmedien Eine Erwiderung auf Klaus Raab

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Es lebe die Zeitung

Im aktuellen FREITAG schreibt Klaus Raab über das Zeitungssterben. Er beleuchtet den schon Jahre andauernden Niedergang der Printmedien von verschiedenen Seiten, als Journalist, aus der Sicht des Lesers als auch im Kontext der "neuen Medien".
Beim Lesen des Artikels stellte ich mir die Frage, warum ich jede Woche den FREITAG kaufe und intensiv lese.
Bekomme ich doch über ntv.de oder cnn.com alle aktuellen Information zeitnah und schnell geliefert.
Und eine zweite Frage tauchte in mir auf. Die Zeitung mit den vier Buchstaben ist immer noch das auflagenstärkste Printmedium in Deutschland. Beim Durchblättern wird aber schnell klar, dass Hintergrundinformationen hier nicht zu finden sind.
Die Frage ist doch, was ist das Alleinstellungsmerkmal einer Zeitung in der Konkurrenz oder dem Nebeneinander mit den "neuen Medien"? Was macht eine Zeitung aus, was kann sie leisten, was elektronische Medien nicht können?
Und hier ist auch die Frage, was bedeutet heute guter Journalismus? Er bedeutet eben nicht nur das Wiedergeben von Fakten, die aus Nachrichtensendungen bereits bekannt sind. Und er bedeutet schon gar nicht das unwidersprochene Nachplappern offizieller Verlautbarungen. Die persönliche Meinung von Journalisten in Form von kontroversen Kommentaren ist mir wichtig. Ich möchte wissen, wie die Macher von Zeitungen zu den Themen, über die sie schreiben, stehen. Ich möchte Zustimmung oder Ablehnung herauslesen können.
Wir leben in einer Welt voller komplizierter Widersprüche, die sich gegenseitig bedingen und aus ihrer Vermischung heraus neue Widerspruche produzieren. Wir lesen und hören täglich Sprechblasen, die ein Normalbürger überhaupt nicht mehr deuten, geschweige denn verstehen kann.
Und hier setzt guter Qualitätsjournalismus an. Die Hintergründe, die Entstehung politischer, gesellschaftlicher oder kultureller Prozesse beleuchten, mit Fakten unterfüttern und dem Leser in klaren und verständlichen Worten erklären, was passiert, ist eine wesentliche Aufgabe von Journalismus. Das erfordert Arbeit, aufwändige Recherchen und journalistische Sorgfalt. Weil fast alle Printmedien heute mehr renditeorientiert ausgerichtet sind und unter einem hohen Kostendruck stehen, wurde diese Aufgabe, die auch Geld kostet, in den letzten Jahren immer mehr vernachlässigt. Weil sie sich dadurch selber in ihrer eigenen Identität aufgegeben sowie ihr Profil abgeschliffen haben und nicht mehr unterscheidbar wurden, verloren die Printmedien Leser, sank ihre Auflage und Anzeigenkunden suchten sich andere Werbemöglichkeiten.
Ich glaube an die Zukunft der Printmedien. Sie haben einen großen Vorteil, wenn sie ihn denn nutzen würden. Hintergrundinformationen, sauber recherchiert sowie klar und verständlich für den Leser präsentiert, sind längere Texte. Auf den kleinen Displays von Smartphones oder auch Tablet-PCs sind sie schlecht zu lesen.
Die Zukunft der Printmedien liegt in der Sachinformation, die über die reine Headline hinausgeht. Das erwarte ich von einer guten Zeitung. Kurze, knappe Fakten nehme ich auf elektronischem Wege auf, wie die Fakten entstanden, was im Background passierte, die Entstehung und die Entwicklungsprozesse dazu möchte ich lesen, auch bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette in einer ruhigen, entspannten Atmosphäre.
Und mit diesem Wunsch bin ich nicht der Einzige. Dass Printmedien einen Teil ihrer Artikel auch ins Netz stellen, ist dabei ein notwendiges Zugeständnis an den Zeitgeist. Ohne Webpräsenz kann heute kein Unternehmen mehr erfolgreich sein, auch kein journalistisches.
Doch auf eine Zeitung aus Papier, die mich entführt in fesselnde Stories, die mir entspanntes Lesevergnügen bietet, möchte ich auch in Zukunft nicht verzichten.
Und für eine solche Zeitung habe ich diesen Beitrag soeben geschrieben.
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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