Zwei Männer unter sich

Wer hat den Längsten? Die Causa Khashoggi bringt Trump in Verlegenheit.

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Die Khashoggi-Geschichte entwickelt sich nicht nur zu einem Horrorfilm der Extraklasse, sondern sie könnte auch zu einem Wendepunkt in Sachen Kapital-bestimmt-die-Moral werden.

Zum ersteren: Die Aufklärungsarbeit des inzwischen kaum mehr infrage gestellten Mordes an dem saudi-arabischen Journalisten durch die türkischen Behörden bringt ein regelrechtes Horrorszenario zutage. Die Rede ist von einem 15-köpfigen saudischen Spezialkommando, das eigens zu Mordzwecken in die Türkei ein- und schnell wieder ausgeflogen wurde, von abgeschnittenen Fingern während des Verhörs, von einem Forensiker, der seinen Teamkollegen Kopfhörer mit schöner Musik empfiehlt, um die Knochensäge zu übertönen und weil ihnen dann das Zerteilen der Leiche leichter falle. Auch die Enthauptung, die Abtrennung der Gliedmaßen und das Verstauen in Koffern scheinen durch Tonaufzeichnungen dokumentiert zu sein. Das Mordteam hat an alles gedacht: Blutverspritzte Wände und Böden werden mit Pinsel und Farbe übermalt, die diese Leute in ihrem Handgepäck mitführen.

Zum zweiten: Nur ist das hier kein Film, sondern offenbar wirklich passiert, veranlasst von Saudi Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman, dessen bräsiges Grinsen derzeit sämtliche Gazetten verunstaltet. Ein Bild hat es mir ganz besonders angetan: Da steht besagter Prinz neben Trump, beide tragen dasselbe debile Grinsen im Gesicht, beide machen dieselbe Daumen-hoch-Geste, Männer, die sich nicht einmal mehr die Frage zu stellen brauchen, wer den Längsten hat. Sie haben ihn beide, sie gehören zusammen, zwischen sie geht nichts, sie haben gerade den 110-Milliarden-Dollar-Waffendeal abgeschlossen und soviel Geld verbindet, das muss doch dem Dümmsten klar sein.

Doch ganz so klar ist dem Volk das offensichtlich nicht. Es regt sich Widerstand. Elf Senatoren der oppositionellen Demokraten versuchen Donald Trump im Fall Jamal Khashoggi unter Druck zu setzen. Sie fordern Aufklärung, vor allem darüber, inwieweit finanzielle Interessen der Trump-Maschinerie sich bei der Aufklärungsarbeit als hinderlich erweisen.

Trump wehrt sich, noch. Er könnte diese Sache als einmalige Chance nutzen, die Moral über das Kapital siegen zu lassen. Das wird er wohl nicht tun, dann zeigt er sein wahres Gesicht, und dann …. man darf ja wohl noch träumen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

C. Juliane Vieregge

Autorin, Bloggerin. Am 13. März 2019 ist ihr neues erzählendes Sachbuch "Lass uns über den Tod reden" im Ch. Links Verlag, Berlin, erschienen.

C. Juliane Vieregge

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