Mein 2014

Jahresprognose Welche Ereignisse werden die Welt prägen? Was wird uns beschäftigen? Ich werde ein paar Themen ins Auge fassen, die uns in Atem halten werden – oder auch nicht.

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Dieser Text erschien ursprünglich auf CATO.
Gleich zu Beginn des Jahres wird die ganze Welt zuschauen, geradezu starren – jedoch nur auf den Medallienspiegel, denn niemand wird es interessieren, dass diese Olympischen Winterspiele nur ein weiterer "Putin-Stunt" sind. Das immer noch vorhandene Leid in Südafrika wurde durch die Fußballweltmeisterschaft nicht gelindert, und die Unterdrückung in Russland wird auch nicht enden. Es gibt zwar eine gewisse Chance, die Augen der Welt auf die Beschränkung der Freiheit zu richten – doch keiner kann sich wünschen, dass der Terror in Russland siegt und die schlafende Sportwelt aus ihrem politischen Dornröschenschlaf mit blutigen Lippen wachküsst.
Genauso wird es auch um die Fußballweltmeisterschaft bestellt sein. Es macht keinerlei Unterschied, ob nun ein Politiker anwesend ist oder nicht. Es kommt darauf an, dass die Weltöffentlichkeit aufwacht. Doch dazu ist Sport ungeeignet. Wer beschäftigt sich denn vor allem mit Sport? Sportbegeisterte, und nicht immer überkreuzt sich dies mit Politikbegeisterung.
Wirkliche Veränderungen kann man sich aber vom 100. Jahrestag des Beginns des 1. Weltkriegs erwarten, der mit dem 75. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs und mit 25 Jahren Mauerfall zusammenfällt. Kein anderes Jahr bietet sich so an, die deutsche Geschichte aufzuarbeiten und überkommene Bilder zu bereinigen. Es ergibt sich eine einzigartige Möglichkeit, sich endgültig mit dem dunkelsten aller Jahrhunderte auszusöhnen. Jedoch wird es sehr darauf ankommen, wie die Medien mit diesen Jahrestagen umgehen. Im günstigsten Fall werden nicht nur billig produzierte Infotainment-Dokus gezeigt, sondern das Trauma der Deutschen wirklich angesprochen. Ein großer Schritt hierzu ist der wiederauflammende Diskurs über die Alleinschuld der Deutschen am 1. Weltkrieg, die mittlerweile bei jüngeren Historikern angezweifelt wird.
Diese Jährung einschneidender Ereignisse der europäischen Geschichte bietet sich auch an, den Kontinent weiter zusammenwachsen zu lassen. Schließlich wurde der europäische Zusammenhalt durch die Krisen der letzten Jahre schwer erschüttert, und gerade der Lichtstreif am Horziont erinnert wiederum an die Krise, die jetzt überwunden ist. Außerdem gibt es viele Probleme, die nur zusammen gelöst werden können, jedoch zu viel Uneinigkeit zwischen den Regierungen führen, wie Flüchtlinge, Freihandelsabkommen und Datenschutz.
Dennoch darf man nicht blauäugig in die Zukunft blicken: 25 Jahre 1. Weltkrieg konnten 1939 den 2. Weltkrieg auch nicht verhindern, außerdem ist in der Union noch jeder Staat von eigenen Interessen geprägt. So wird es auch in diesem Jahr Auseinandersetzungen zwischen den Staaten der EU geben.
Ungeachtet dessen wird jedoch das Freihandelsabkommen der wichtigste Streitpunkt innerhalb der Union sein. Hier kollidieren die Interessen von Mitgliedsstatten und Verbänden, nämlich von jenen, die Aufschwung für die Wirtschaft erhoffen, und anderen, die den Verbraucherschutz nicht aufgeben wollen. Die Kommission scheint sich mit den zahlreichen Treffen mit Lobbyisten bereits entschieden zu haben, jedoch muss das Abkommen vom Parlament ratifiziert werden. Unter diesem Blcikpunkt ist die kommende Wahl zum Europaparlament von besonderer Bedeutung. Diese Wahl kann jedoch auch noch in vielen anderen Aspekten die Zukunft der Union entscheiden. So gilt es, die aufkommenden Rechten von einem legendären Sieg abzuhalten. Zudem kann eine hohe Wahlbeteiligung der lang ersehnte Startschuss für eine Demokratisierung der Union sein. Erst dadurch kann der Einfluss der Regierungen der Mitgliedsstaaten gemindert werden, die die Integration zugunsten nationaler Interessen behindern.
Deutschland selbst wird wahrscheinlich im kommenden Jahr einen Aufschwung erleben, für den die momentane Regierung zwar noch nichts getan hat, den sie jedoch höchstwahrscheinlich als eigenes Werk präsentieren wird. Dies ist auch notwendig, denn die mangelnde Auseinandersetzung zwischen Zwergenopposition und Riesenregierung bietet für die Medien keine Angriffsfläche. Deshalb werden sich diese auf Konflikte innerhalb der Koalition stürzen. Aus diesem Grund muss am Kabinettstisch Ruhe herrschen. Dies wird dazu führen, dass die Umsetzung von "Streitthemen" wie Ausländermaut und Mindestlohn sehr schwierig und deshalb vom Machtwort der Kanzlerin abhängig sein wird. Es ist nämlich ihre Aufgabe und Spezialität, die Angriffsfläche für die Medien klein zu halten – das hat sie schon 8 Jahre lang bewiesen. Entscheidend wird hier der "Gabriel-Faktor". Will die SPD ihre Ziele durchsetzen und diese "Groko" besser meistern als die letzte, so muss er als Vizekanzler eben diese Ruhe stören, eigene Themen auf die Tagesordnung setzen und als Machtmensch fungieren. In diesem Fall könnte es spannend werden; andernfalls haben wir ein innenpolitisch ruhiges Jahr vor uns.
Außenpolitisch wird sich alles ändern und damit so bleiben, wie es ist. Syrien wird instabil bleiben, ob mit oder ohne Chemiewaffen. Die Entwicklung in der Ukraine wird stark vom Durchhaltewillen der Demonstranten abhängig sein. Für Deutschland wird dieser Konflikt Mitte des Jahres vorbei sein – entweder ist Janukowitsch gestürzt, oder die Medien berichten nicht mehr davon. Sicher ist: Putin wird nach den Winterspielen noch aggressiver agieren. Niemand kann ihn aufhalten, niemand will es auch. Es ist unwahrscheinlich, dass die EU im kommenden Jahr außenpolitisch selbstbewusster wird. Und so wird sie auch lächelnd zusehen, wie China seinen Pseudo-Westkurs fortsetzt und beginnt, einen Schein von Respekt vor Menschenrechten aufzubauen und gleichzeitig mit Blut und Tränen erkaufte Prestigeprojekte startet – wie die bemannte Raumfahrt. Auch im internationalen Umweltschutz wird sich wenig ändern – das Freihandelsabkommen wird alle Kräfte auf sich vereinen.
Whistleblower wird es sicherlich wieder geben, doch da es kein neues Phänomen mehr ist, werden wir den beginnenden Rückzug solcher Aktivitäten aus der öffentlichen Wahrnehmung erleben, wie es mit allem geschieht, das länger als 6 Monate in den Medien war. Aus diesem Grund wird die Dauerüberwachung auch einen Gewöhnungs- und damit einen Akzeptanzeffekt erzielen. Insofern ist für die NSA alles perfekt gelaufen – bald kann sie ohne Probleme alles durchsuchen, den Bürger juckt es nicht mehr. Politische Gegenmaßnahmen hat es nicht gegeben.
Für eine neue Tierseuche wird es aber wieder Zeit, denn die Schweinegrippe liegt lange genug zurück, um in Vergessenheit geraten zu sein, wodurch neuer Nährboden für grundlose Panik gewachsen ist. Im Gegensatz dazu ist ein Verbraucherskandal erst gegen das Ende des Jahres zu erwarten, es sei denn, es handelt sich um einen, bei dem im Gegensatz zur Lippizaner-Lasagne wirklich Menschen zu Schaden kommen.
Eine Entwicklung wird sich weiter verstärken: der zunehmende Einfluss der Bürger selbst. Die explosive Mischung von immer besser informierten, gebildeten Bürgern, Graswurzeljournalismus und Neuen Medien macht es für Politiker immer schwieriger, an den Wünschen der Bürger vorbeizuregieren. Sobald sich größere Massen klar für oder gegen etwas aussprechen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch dieser Wunsch erfüllt, da Politiker natürlich dieses neue Phänomen erkennen und die Möglichkeit gerne nutzen, ihre Ziele mit denen der Menschen abzugleichen.
Deshalb werden wir in diesem Jahr hoffentlich auch erleben, wie die Politikverdrossenheit trotz der "Groko" abnimmt, da immer mehr Menschen die Möglichkeit entdecken, mithilfe des Internets politisch aktiv zu sein, ohne allein die Schwarmintelligenz der Piraten zu nutzen, die ja letztendlich auf Shitstorms und Schwarz-Weiß-Denken (als Resultat von Ja-Nein-Umfragen) hinausgelaufen wäre. Denn politische Beteiligung heißt nicht nur, direkt am Entscheidungsprozess beteiligt zu sein, was nicht umsetzbar ist, sondern sich an der kollektiven Meinungsfindung zu beteiligen – also öffentlich seine Meinung zu vertreten. Welches Medium eignet sich hierfür mehr als das Internet?
Das Wichtigste zum Schluss: Nein, es gibt keine weitere Finanzkrise, die Währungen gehen nicht zugrunde und weder die Maya noch das Spaghettimonster haben den Weltuntergang vorhergesagt.
Autor: Niklas Götz

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