Düsseldorf braucht keine Bezahlkarte

Flucht und Integration Die Debatte um die Einführung einer Bezahlkarte hält an und wird inzwischen bundesweit geführt. Wenn Kommunen über die Einführung der Bezahlkarte entscheiden dürfen, dann stellt sich für uns die Frage: Braucht Düsseldorf eine Bezahlkarte?

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Bietet die Bezahlkarte eine Entlastung für Kommunen?

Ein oft angeführtes Argument ist, dass die Umstellung der Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf bargeldlose Zahlung eine erhebliche Entlastung für Kommunen bedeuten würde. Doch zumindest für Düsseldorf scheint sich dieses Argument nicht zu bewahrheiten. Gemäß einer Antwort der Düsseldorfer Stadtverwaltung in der Integrationsratssitzung vom 13.03.2024 erhalten lediglich 39 Personen Barzahlungen nach Terminabsprachen. Die Gründe dafür variieren, von bereits überzogenen Konten bis hin zu noch nicht eröffneten Konten. Eine tatsächliche Entlastung ist hier nicht erkennbar. Laut einer Umfrage des WDR im letzten Jahr erwartet lediglich eine von zwölf Städten und Gemeinden eine uneingeschränkte Erleichterung. Auch die Stadtverwaltung Düsseldorf bestätigt, dass die Einführung einer Bezahlkarte für die Landeshauptstadt nur einen minimalen Effekt hätte.

Kann die Bezahlkarte Fluchtursachen verhindern?

Ein weiteres Argument, das häufig vorgebracht wird, besagt, dass die Einführung der Bezahlkarte dazu beitragen würde, Schlepperkriminalität zu bekämpfen. Dieser Behauptung liegt die Annahme zugrunde, dass Geflüchtete Schleppergebühren in Raten zahlen würden. Tatsächlich ist diese Vorstellung jedoch weit von der Realität entfernt, und es existieren keine gesicherten Erkenntnisse dazu. Die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten weltweit flieht vor Krieg und humanitären Katastrophen. Es gibt keine seriösen wissenschaftlichen Belege dafür, dass Geldleistungen nach dem AsylbLG in Höhe von wenigen Hundert Euro als Anreiz zur Migration dienen.

Ist die Bezahlkarte diskriminierend?

Praktisch gesehen ist die Einführung der Bezahlkarte in erheblichem Maße diskriminierend. Sollte sie eingeführt werden, müsste das verbriefte Recht auf die Priorität von Geldleistungen gemäß §3 Abs. 2 und 3 AsylbLG aufgehoben werden. Die betroffenen Menschen wären mit der Bezahlkarte daran gehindert, Überweisungen zu tätigen und somit alltägliche Geschäfte wie den Abschluss einer Versicherung, Online-Einkäufe oder die Bezahlung von Anwaltshonoraren zu erledigen. Zudem könnten Betroffene nur einen Bruchteil des Geldes in bar abheben, wobei in Hamburg sogar Gebühren in Höhe von 2 Euro pro Abhebung anfallen. Die Bezahlkarte könnte auch eine regionale Beschränkung vorsehen, was die Bewegungsfreiheit der Menschen einschränken würde. Sie könnte so eingestellt werden, dass sie nur in einem bestimmten Postleitzahlenbereich funktioniert. Personen, die ein Konsulat oder einen Facharzt in einem anderen Postleitzahlenbereich aufsuchen müssen, könnten Schwierigkeiten haben, sich bargeldlos zu versorgen.

Dies ist keinesfalls trivial. Die betroffenen Menschen würden ihre Selbstbestimmung verlieren und wären nicht in der Lage, unabhängig zu wirtschaften und über ihre Mittel frei zu verfügen. Dies tangiert nicht nur die soziale Gerechtigkeit, sondern verhindert auch die finanzielle Inklusion der Betroffenen. Vor allem aus einer Menschenrechtsperspektive bleibt die Einführung der Bezahlkarte äußerst zweifelhaft. Die Würde des Menschen darf auch aus migrationspolitischen Gründen nicht verletzt werden, wie das Bundesverfassungsgericht bereits 2012 in einem Urteil (1BvL 10/10 und 1 BvL 2/11) zu Recht feststellte. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar - auch die der Geflüchteten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Samy Charchira

Sozialpädagoge, Sachverständiger für muslimische Wohlfahrtspflege und Mitglied des Stadtrates der Landeshauptstadt Düsseldorf

Samy Charchira

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