Kein Buch? Eine Platte? Hurra!

Glosse Schwedenkrimis, Merkel-Exegesen – wer soll denn all die Bücher lesen, die Journalisten schreiben? Da loben wir uns Eric Pfeil, der mit 43 Jahren ein Pop-Album rausbringt
Ausgabe 41/2013

Zu den Großprojekten dieses Feuilletons zählt eine Serie über Journalisten, die keine Bücher schreiben. Das Projekt liegt auf Eis. Uns gingen einfach zu schnell die Namen aus. Alle schreiben Bücher. Nur der Musikjournalist Eric Pfeil, der hat jetzt eine Platte gemacht. Danke!

Pfeils Singer-Songwriter-Album trägt den bohemehaften Titel Ich hab mir noch nie viel aus dem Tag gemacht. Und wahrscheinlich konnte er es nur deshalb herausbringen, weil er sein obligatorisches Journalisten-Buch bereits im Jahr 2010 bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht hatte. Es hieß Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee. Die Pop-Tagebücher und man konnte darin eine Menge über Pop-musik erfahren und über die Frage, wie man sich als Kritiker mit Ende 30 die Begeisterungsfähigkeit für diesen Gegenstand erhält. Außerdem enthielt es schöne Sätze wie diesen: „Immer da, wo Element of Crime sind, bin ich selten.“

Eric Pfeil ist es auch zu verdanken, dass es im deutschen Fernsehen einmal eine interessante Musiksendung gab: Sie hieß Fast Forward, lief aufViva Zwei und wurde von Charlotte Roche moderiert. Sender und Sendung sind Geschichte, Charlotte Roche hat danach mit großem Erfolg zwei Bücher geschrieben und Pfeil wurde Kolumnist und Kritiker des Rolling Stone und der FAZ.

Eric Pfeils Album kam erst im zweiten Anlauf in der Redaktion an. Der erste Umschlag enthielt zwar den korrekten Infozettel – aber eine CD des Volksmusikers und Mundharmonikaspielers Hans Söllner. Zum Glück wurden nicht auch noch die Hüllen vertauscht, sonst hätten wir uns womöglich das Hirn ausgerenkt beim Versuch zu verstehen, weshalb der Rheinländer Pfeil in bayerischer Mundart singt, wenn er angeblich Element of Crime mit Adriano Celentano kreuzt; das schreibt näm- lich der Tomte-Sänger Thees Uhlmann, den man für den Infozettel als Autor gewinnen konnte; Pfeils Buch hat er offensichtlich nicht gelesen. Wie Uhlmann auf Celentano und Element of Crime kommt, erschließt sich beim Hören der echten Pfeil-Platte schnell: Er singt vom Süden, von Laissez-Faire und Liebe, aber die Geschichte sind todtraurig oder enden schwer erschöpft, da kann der Refrain noch so freundlich tun.

Natürlich ist Eric Pfeil nicht der Erste, der für Zeitungen schreibt und Musik macht. Denken wir an Thomas Meinecke, der seine Kolumnen aus dem Magazin Groove gerade als Buch veröffentlicht (ist übrigens sein zwölftes). Meinecke ist seit 1980 Mitglied der Gruppe F.S.K. Oder denken wir an Dietmar Dath, der im vergangenen Jahr unter dem Namen The Schwarzenbach ein Album mit Experimental-Pop aufgenommen hat. Und sogar von Maxim Biller gibt es 18 Lieder – die man allerdings niemandem schenken sollte, mit dem man befreundet bleiben will.

Aber Thomas Meinecke ist schon immer DJ, Autor und Musiker, The Schwarzenbach ist keine Band, sondern eine Ausdehnung des Dathschen Kosmos in ein weiteres Medium, und Billers Album brilliert wenn überhaupt nur textlich. Eric Pfeil aber ist wirklich ein famoses Band-Album gelungen. Spätestens in drei Jahren kommt hoffentlich das zweite.

P.S.: Wenn Sie lieber mehr über den Element-of-Crime-Sänger Sven Regener erfahren hätten, dann lesen Sie bitte hier weiter.

P.P.S.: Wenn Sie lieber mehr über Thomas Meinecke erfahren hätten, dann lesen Sie die kommenden Ausgaben des Freitag.

P.P.P.S.: Wenn Sie lieber mehr über Hans Söllner erfahren hätten, dann schicken Sie eine Mail an info@freitag.de. Wir verlosen eine CD.

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