Heute begehen wir ein Jubiläum: Vor zehn Jahren erschien die erste Ausgabe des Freitag, die hier am Hegelplatz gemacht wurde, im neuen Layout. Ich war nicht dabei, aber ich weiß, wo ich am 5. Februar 2009 war: auf der Journalistenschule in Hamburg, und es mag ausgedacht klingen, aber ein Kommilitone und ich verbrachten den Morgen damit, im Studienbüro zu verklickern, dass wir für unser nächstes Praktikum jetzt unbedingt zu dieser Zeitung mussten. (Alternativ drohten uns zwei Monate beim Bauer-Verlag, mit dem wir eine neue TV-Zeitschrift entwickeln sollten.) Zehn Jahre später leite ich dieses Kulturressort und er ist Korrespondent der Wirtschaftswoche in Washington. Also egal, was man im Leben so vorhat, ich kann das nur empfehlen, ein Praktikum hier.
Ich bin froh, dass unser Jubiläum kein Motto hat. Kürzlich bekam ich Post vom Bundespresseamt, es ging darum, dass es in Deutschland seit 20 Jahren Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gibt. Amtsinhaberin Monika Grütters wird das Jubiläum mit einer Reihe von Veranstaltungen feiern, stand dort, die unter dem Motto „ZUKUNST!“ stehen. Schöner hätten sich das die Macher hinter den Berliner Friseurläden Hair-Cooles und Haarwaii nicht ausdenken können.
Aber auch wenn die Kulturszene in der Hauptstadt gerade nicht auf ihren inneren Haarsalon hört, tut sie sich mit einem gradlinigen Blick in die Zukunft schwer. Im Herbst, Sie erinnern sich vielleicht, sollte in Mitte die Mauer wieder aufgebaut werden. Rund 400 Betonteile lagerten bereits in Brandenburg, als die Senatsverwaltung für Verkehr ihr Veto einlegte. Nach allem, was man von dem Pariser Ableger des Großprojektes DAU dieser Tage so hört, war das Verbot des Mauerbaus für Berlin kein ganz so großer Verlust, wie uns Tom Tykwer, Veronika Ferres und Michael Naumann (auch mal BKM) glauben machen wollten.
Jedenfalls klingt es etwas trotzig, wenn das Haus der Berliner Festspiele, das DAU veranstaltet hätte, jetzt ankündigt, im März den Palast der Republik wieder aufzubauen. 2014 hat der Künstler Ai Weiwei im Lichthof des Gropius-Baus 6.000 chinesische Schemel aufgestellt, trotzdem muss man keine Bauingenieurin sein, um über den Daumen peilen zu können, dass sich da platztechnisch auch im Haus der Berliner Festspiele ein Problem ergibt. Der Neubau, heißt es weiter im Text, erfolge denn auch rein symbolisch, mit dem Ziel, ein „window of opportunity“ zu eröffnen: „einen Raum für Zukunftsvorstellungen jenseits vergangener und gegenwärtiger Polarisierungen“. An Originalität mangelt es dieser Idee wenigstens nicht. Der Palast der Republik als Symbol für Konsens: Darauf muss man zehn Jahre nach dem Abriss erst mal kommen.
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