Haggis, neeps and tatties
(Herz, Leber, Lunge, vom Schaf, haschiert, im eigenen Darm, an weißen Rübchen und Kartoffelstampf, mit Whisky oder Whiskysoße)
Oh, wer zu Fuß durch die Highlands streift, regennass, bis ins Mark erkältet. Oder, wer ausgedörrt von brutaler Sommersonne, über jene kahlen, baumlosen Grasmatten wandert, gezaust vom zehrenden Wind, von Mücken zerstochen und fußlahm, und dann ein gutes schottisches Wirtshaus betritt, der lernt, wenn er ganz ohne Scheu bleibt, Schottlands Rezept für Körperwärme und Kraft kennen! Dazu ist ein guter Whisky erlaubt, und einer danach.
Schottlands Dichter Robert Burns (25. Januar 1759 - 21. Juli 1796) , nebenbei einer der besten Schriftsteller des Vereinigten Königreiches seit Menschengedenken, schrieb ein Grußwort auf den/das Haggis: (Ich habe frei und ohne Reim übersetzt, kann es eben nicht besser. So was müsste einer wie „Pu“, oder Eine in seinem Geiste, formvollendeter hin bekommen.)
Address to a haggis
Fair fa' your honest, sonsie face,
Great chieftain o' the puddin'-race!
Aboon them a' ye tak yer place,
Painch, tripe, or thairm:
Weel are ye wordy o' a grace
As lang's my airm.
The groaning trencher there ye fill,
Your hurdies like a distant hill,
Your pin wad help to mend a mill
In time o need,
While thro your pores the dews distil
Like amber bead.
His knife see rustic Labour dicht,
An cut you up wi ready slicht,
Trenching your gushing entrails bricht,
Like onie ditch;
And then, Oh what a glorious sicht,
Warm-reekin, rich!
Then, horn for horn, they stretch an strive:
Deil tak the hindmaist, on they drive,
Till a' their weel-swall'd kytes belyve
Are bent like drums;
Then auld Guidman, maist like to rive,
'Bethankit' hums.
Is there that ower his French ragout,
Or olio that wad staw a sow,
Or fricassee wad mak her spew
Wi perfect scunner,
Looks down wi' sneering, scornfu view
On sic a dinner?
Poor devil! see him ower his trash,
As feckless as a wither'd rash,
His spindle shank a guid whip-lash,
His nieve a nit:
Thro bloody flood or field to dash,
Oh how unfit!
But mark the Rustic, haggis-fed,
The trembling earth resounds his tread,
Clap in his wallie nieve a blade,
He'll make it whissle;
An legs an arms, an heads will sned,
Like taps o thrissle.
Ye Pow'rs, wha mak mankind your care,
And dish them out their bill o fare,
Auld Scotland wants nae skinking ware
That jaups in luggies:
But, if Ye wish her gratefu prayer,
Gie her a Haggis!
Gruß an ein Haggis
Schön dich zu sehen, altes Fettgesicht,
mächtiger Clanchef der Pudding-Rasse!
Über allem Anderen thronst du,
Magen, Därm´, gar Knorpel und Bindegeweb´:
Klar, bist du ´nen Ehrentoast wert,
So lang wie mein Arm.
Das gähnend´ Grabenloch da unten, füllst du
Mit deinen Hüften, sanft wie ferne Hügel
Dein Bolzen hilft, die Mühle dreh´n
Wenn ´s zeitig nötig ist
Dieweil, durch deine Poren, Perlen schwitzen
Wie bernsteinfarbiger Rosenkranz.
Messer geschärft seh´n wir kräft´ge Männer
Gekonnt dich aufschneiden,
Freilegen, deine quellenden Innereien,
Wie einen Wassergraben
Und dann, oh, welch´ ein wundervoller Anblick
Warmdampfend, reich!
Löffel für Löffel, langen sie aus, mit Verlangen:
Dem Teufel bleibt der letzte Zipfel. Vorwärts geht’s,
Bis all´ die rundgewölbten Bäuche,
Gespannt sind wie die Trommelfelle;
Dann, ältester Weiser, der gleich zu platzen droht,
Singe ein „Dankeschön“.
Gibt ´s hier jemand, der über fränzösisch´ Ragout
Oder Ölgericht, das ranzig-gestockt, Zeit lässt für´s Klagen,
Oder Frikassee, das euch ausspucken lässt,
Voll hassender Verachtung,
Herunter sieht, spöttisch-bitter und verächtlich,
Auf solch´ ein Mahl ?
Armer Teufel! Seht ihn über seinem Mist
So mager wie ein trock´ner Stauch
Sein Spillerbein, ein Peitschenriemchen
Seine Faust ein Weiberknötchen:
Bei Sturmflut oder auf dem Dreschplatz
Oh, wie unpassend!
Doch sieh´ den Bauern, Haggis- genährt,
Der Erdboden zittert, wiederhallt seinem Schritt,
Gieb´ in seine feste Hand ´ne Klinge,
Er wird sie pfeifen lassen,
Und Beine und Arme, und Köpfe schneiden,
Wie Distelblütkapseln
Ihr Mächte die ihr die Menschheit zum Geschäft euch nehmt,
Und ihnen des Schicksals Rechnung auftischt,
Alt-Schottland wünscht keine Wassersuppe
Die in den Schüsseln schwappt.
Aber, wenn ihr ihm segensreiche Gebete wünschen wolltet,
Gebt ihm ein Haggismahl.
Einige Erklärungen zum Verständnis:
Distelblüten sind Schottlands Nationalsymbol. Der Dreschplatz ist auch das Schlachtfeld.
Das Ende des Gedichts geht auf den großen Hunger ein, der weniger den Adel, als das gemeine Volk traf.
Ein paar Rüben (neeps = turnips) und einige Kartoffeln (tatties = potatoes) dürften die Wassersuppe als schwimmende Beilage geziert haben. Den Haggis gab es nur zu (Schlacht-) Festen. Selbstverständlich sind die Anspielungen auf scharfe Klingen, „Kopf-ab“ und Mahlzeit nicht umsonst auch ein Spiel mit Worten um die Henkersmahlzeit.
Die „segensreichen Gebete“ wurden von den englischen Mächten, die die schottische Menschheit damals zu ihren Geschäften nahm, höchstens einmal zu diesem Anlass angestimmt. Das "gähnende Grabenloch" ist der immer leere Magen der Hochländer.
Heute feiern Schotten, nein, auch eine stattliche Anzahl anderer Erdenbürger, jährlich den Geburtstag des Dichters „Robbie“ Burns am 25. Januar. Selbstverständlich wird dazu ein Festmahl mit einem Haggis veranstaltet und Dichtung wie Trinkspruch, Derbheit wie Freude, erleben dazu ihren großen Auftritt.
Grüße
Christoph Leusch
Kommentare 3
orginell und aufschlusseich!
Danke!
ich bekomme eine Ahnung, dass die Erfindung der Droge Whiskey mehr mit dem Überlagern des Leergefühls im Magen,dem Ausblenden des Hungergefühls zu tun hat, als mit der Lust am Frustsaufen!, oder?
tschüss
JP
Absolut. Nach der Schlacht von Culloden,1746(?) da wurden die Highland-Clans endgültig geschlagen, setzte zunächst eine massive Verfolgung der Männer ein.
Gleichzeitig hatten Schafzüchter, die großen Landlords, ein wachsendes Interesse daran, die Highlandflächen zu entvölkern. Das wurde mit allen grausamen Mitteln, vom Wegtreiben, über das Höfe niederlegen, das Aushungern der Dörfer, bis zum wilden Gemetzel und allgemeiner Bedrückung über Abgaben und Willkür-Gesetze ins Werk gesetzt.
Sehr aufschlussreich ist, dass die brutalen ökonomischen Überlegungen nicht versteckt wurden und die Verfolgungen von Leuten erfolgte, die es als Ehre ansahen, den "schottischen Aufklärern" zugerechnet zu werden. - Die adlige Elite und das zahlenmäßig kleine Bürgertum fanden durchaus "vernünftige" Gründe für extreme Brutalität. Aus dieser Geschichte können wir heute noch lernen, wenn wir wollen, und uns auf harte Zeiten einstellen.
Grüße
C. Leusch
..."Aus dieser Geschichte können wir heute noch lernen, wenn wir wollen, und uns auf harte Zeiten einstellen"...
Da reichen auch keine 10 Whiskey's mehr...
Erzählt ja der "römische Klub" seid 1970, aber keiner will's gewusst haben...
www.clubofrome.de/
de.wikipedia.org/wiki/Bev%C3%B6lkerungsexplosion
www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article12615181/Kapazitaet-der-Erde-in-40-Jahren-erschoepft.html
Aber mal ein bisschen gegen Abtreibung und Verhütung brabbeln, vom "Kleinstaat" aus Rom...
Alter Schnee für euch ihr Knaben, aber irgendwie geht das Thema immer unter, in den "Fukushima-Vulkan-fliegt-um-die-Ohren-Tsunami-Doktorarbeiten-abgenommen-Guido-schwallt-nur-dumm-Merkel-die-Physikerin-findet-auf-einmal-AKW's-ganz-dumm-etc-etc-etc
Bevor Ihr meint, jetzt geht dem Tlacuache der Teppich durch:
Vom 20. Jahrhundert brauchen wir gar nicht zu reden, aber auch im 21. Jahrhundert werden genug Leute umgelegt, nicht weil sie "Links", "Rechts" oder sonstwie sind, es geht einfach um Grundbesitz, und dass im grossem Stil...
LG