Krieg&Waffenhandel. Diese Internationale lebt

Armenien vs Aserbaidschan Waffenproduktion und Waffenhandel, ein internationales Erfolgsgeschäft. Brüderlich arbeiten die Profis, grenz- und systemüberschreitend. Das Beispiel Aserbaidschan.

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Krieg, Kleinkrieg und Waffenhandel- Die Internationale lebt

Das ehrenwerte Geschäft

Die Internationale des Waffenhandels feiert. Auch zwischen Armenien und Aserbaidschan brach endlich wieder einmal Krieg aus. Die vielen kleineren Scharmützel und Hinterhalte, mit Scharfschützenattacken, Mörserangriffen und „Feuerüberfällen”, die Schikanen beim Handel, bei Durchfahrt-, Transport- und Überflugrechten, bei der Weiterleitung von Öl und Gas, mit denen populär, populistisch und autoritär beiderseits Politik gemacht wurde, gingen in einen offenen Konflikt über. Die Armeen vernutzen die vorher dafür aufgerüsteten Bestände, wie es sich für weltweit gehandelte Konsumgüter gehört. - Dieses Mal zogen die Armenier den Kürzeren, nachdem sie mit ihrem überlegen ausgekosteten Sieg, 1994, die ideelle Saat für den heutigen Rückschlag selbst in die Furche brachten.

Die große Bruderschaft aus erfolgreichen Geschäftsleuten, Händlern wie Produzenten, sowie ihren hochqualifizierten Belegschaften und Mitarbeiterstäben, die über ihre Arbeitnehmerorganisationen ebenfalls Druck ausüben, beteten und lobbyierten kräftig. Am Status quo darf sich nichts ändern!

Jene PolitikerInnen, die zu diesem Zweck als WunscherfüllerInnen regelmäßig wiedergewählt werden, dienen also ihren Völkern und erteilen daher Exportgenehmigungen. Sie sorgen auch für diverse andere nützliche Lizenzen, in diesen Zusammenhängen und fürs allgemeine Wegschauen auf den Transportwegen. - Die nächsten Aufrüstungsrunden sind sicher, denn es besteht Ersatzbedarf.

Kein größeres Waffengeschäft kommt ohne Ausbilder und Instrukteure aus. Die Militärs der jeweiligen Lieferländer stellen sie oft gratis, manchmal gegen einen gewissen Obolus, manchmal gegen Stationierungsrechte; oft auch bei Lehrgängen der „Nachhilfeschüler” auf eigenem Militärgelände oder bei Schulungen auf den Geländen der Waffenfabriken. Einmal mehr, einmal weniger geheim, manchmal auch im Tausch gegen Gas und Öl, oder im Tausch für Handelsbevorzugungen, manchmal ganz offen, im eifrigen Beistandsbekenntnis aus religiösen oder anderen ideologischen Motiven, vollzieht sich dieser globale Alltag.

Damit die Kämpfe einigermaßen effizient ablaufen, bewähren sich Söldner, in diesem Falle besonders Syrer, die schon vielfältige Kampferfahrung sammeln konnten und nach bezahlter Arbeit lechzten. Sie ergänzen die hektischen Rekrutierungen der Konfiktteilnehmer, unter den mehr oder weniger schlecht ausgebildeten Bürgern ihrer Länder.

Womit schießt und kämpft Aserbaidschan?

Zum Beispiel mit Heckler und Koch Sturm- und Maschinengewehren. Aber auch die israelische Uzi findet Verwendung. Dazu kommen noch modernere Versionen der verschiedenen Kalaschnikov- Gewehre, die von „glorreichen” Sowjetzeiten übrigblieben oder als modernisierte Versionen zugekauft wurden. Pistolen stammen vorwiegend aus der Türkei und Polen.

Bei den Sturmgewehren kommen, neben dem schon erwähnten G36 und der "Kalaschnikov", auch die Eigenproduktion Aztex AR-15, M4- und M16- Gewehre aus den USA, die Sig 552 aus der Schweiz, Iwi Tavor aus Israel, MPT- 76 aus der Türkei zum Einsatz.

Bei den Maschinengewehren schießt die aserbaidschanische Armee, unter anderem, mit israelischen Negev, belgischen Minimi, der M2- Browning aus den USA und einem Konvolut aus Maschinenwaffen der Sowjetära. Letztere sind modernisierte Waffen aus Russland oder Lizenzproduktionen der russischen Waffenschmieden.

Bei den Scharfschützengewehren, mit denen vor allem Geplänkel, Provokationen und sonstige kleine Übergriffe bevorzugt ausgestaltet werden, kommt ein weitgespanntes Arsenal der größten Friedensmächte dieser Erde zum Einsatz. Hauptsächlich die Grenztruppen des Landes, wurden damit ausgerüstet. Neben der Eigenproduktion, schießt man mit OM 50- Nemesis aus der Schweiz, der .338 Edge und Chey Tac, sowie Remington aus den USA, Rangemaster, Arctic und Accuracy aus Großbritannien, österreichischen Steyr, sowie der kroatischen MACS M4 und der rumänischen PSL.

Granatwerfer baut Aserbaidschan mit Milkor aus Südafrika und AGS aus Russland.

Die Anti- Tank, Anti- Panzerwaffen, zumeist Raketen, kommen aus Südkorea (Raybolt), Israel (Spike) und Russland, bzw. aus der ehem. Sowjetunion, dazu gibt es noch einige US- Stinger.

Panzer, T90, stammen aus Russland und die Hauptmacht besteht aus modernisieren T-72 „Aslan” der Türkei, die mit israelischen Ebit- Elektronik Systemen nachgerüstet wurden. - Welch ein Dreiecksverhältnis!

Schützenpanzer lieferte hauptsächlich Russland, ehemals die Sowjetunion und eine Neubestellung kam aus der Schweiz, die ihren Mowag/Piranha V an Aserbaidschan verkaufen konnte.

Bei leichtgepanzerten Truppentransport und Versorgungsfahrzeugen durften Kanada, die USA, Israel, die Türkei und Südafrika liefern. Mit Südafrika besteht ein Yoint- venture.

Die meisten taktischen ballistischen Raktetenwerfer neueren Datums stammen aus Israel, das das LORA System mit 50 Werfern und einer maximalen Reichweite von 400 km lieferte. Den Rest stellen sowjetische und russische Bestände, mit geringerer Reichweite.

Mehrfachraketenwerfer Lynx und Extra, stammen ebenfalls aus Israel, die meisten Waffen jedoch aus Russland und der ehemaligen Sowjetunion.

Mobile Artillerie kommt mit Atmos 2000 aus Israel. Die meisten Waffen stammen aus Russland und seinem Staatsvorgänger. Daher kommt auch die schwere Artillerie der Aserbaidschaner.

Größere Mörser kommen, neben Russland, aus Israel und Frankreich.

Eine funktionierende Internationale

Zusammengefasst, zeigen sich politische und händlerische Zusammenarbeiten, über Länder-, Ideologie- oder Religionsgrenzen hinweg. Neben dem Drogenhandel und dem Menschenhandel, dürfte der Waffenhandel so grenzenlos frei sein, wie wir humane Internationalisten es uns gar nicht vorstellen können. Nur noch Geldgeschäfte laufen globaler und schneller ab.

Staaten die sich betont freiheitlich, offen, demokratisch und menschenrechtsorientiert geben, in jeder zweiten Rede vor der UN andere beschuldigen es nicht zu sein, treten ebenso in Erscheinung, wie jene, die autoritär und ziemlich offen bekunden, Machtpolitik in eigenem Interesse zu betreiben. Selbstverständlich lieben alle offiziell den Frieden und die Völkerverständigung. Selbstverständlich hassen sie alle Gewaltanwendung.

Armenien kann das auch

Die armenischen Streitkräfte verfügen, bei allen Waffengattungen, vornehmlich über russisches und ehemaliges SU- Material. Nur bei der Waffengattung die sich am Besten eignet in Grenzkonflikten kleine aufstachelnde Gewalttaten zu begehen, schießt man dort international, wie der Gegner. Scharfschützengewehre kommen aus dem Vereinigten Königreich, aus Frankreich, Serbien und Finland, neben russischen Modellen. Bei Infanterie- Panzerabwehrwaffen, finden sich auch einige von Deutschland und Frankreich gelieferte Milan- Raketen, die die Armenier mit Nachtsichtgeräten aus eigener Produktion koppelten.

Christoph Leusch

Aus aktuellem Anlass:

Bezüglich der notwendigen Änderung an meiner Behauptung zu Heckler&Koch Produktionslizenzen, danke ich dr dF- Redaktion. Ich verweise auf meine zusätzlichen Hinweise in einem aktuellen Kommentar am Ende des Blog-Threads, den ich gerade (10.12.2020) einstellte. Darin stelle ich die wahrscheinlichsten Wege dar, wie Aserbaidschan an Heckler&Koch Maschinenwaffen kam.

Christoph Leusch

Richtigstellung: Heckler und Koch stellt fest, dass „HK [.] nie eine Lizenz für die Fertigung von HK-Waffen an Aserbaidschan erteilt“ hat, wie im Beitrag ursprünglich behauptet wurde. Die Passage wurde dementsprechend geändert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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