Weil Sachargumente fehlen, privat werden

Entblödung In deutschen Pressemedien stecken zu viele rundgedrehte Holzköpfe, genderneutral. Fällt denen nichts mehr ein, betätigen sie sich als Paparazzi der Worte. Ein Beispiel.

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Die F.A.Z. pflegt derzeit eine ganz besonders altbackene und dumpfe Form des deutschen Intellektuellenhasses. Man wird an alte Schriftleiterzeiten erinnert. An deren Nahtlosigkeit und Gebrauchsfähigkeit, sie ist Geschichte und ist auch noch 2015 wirksam, geht kein Weg vorbei, wie man an der folgenden vorgestellten Auftragsarbeit erkennen kann. - Frank Schirrmacher hat es gut, er muss das nicht mehr in seiner Zeitung lesen.

Corinna Budras reagiert sich ab. Unter dem Titel: >>Reich, schön, links Klassengesellschaft auf griechisch<<, mit dem Teaser: >>Die griechische Regierung ist voll von weltgewandten Professoren, die Europa den Neoliberalismus austreiben wollen. Ein Blick auf die Oberschicht des Landes.<<, versucht sie sich daran, die Viten der durchweg gebildeten, relativ jungen Syriza- Führung und ihres Umfeldes, in eine absolute Böswilligkeit einzubauen: Sie predigten Wasser und tränken Wein.

Harry Chapin, Cats in the cradle

Anrüchig ist für sie schon, wenn man das Glück hatte, mit dem Silverspoon auf die Welt gekommen zu sein und sich nicht nur ungegliederter Hauptsätze in der Sprache und Schrift bedient.

>>Der griechische Bürgerkrieg, die Militärdiktatur zwischen 1967 und 1974 und das Chaos danach liefern eine ganze Reihe von Erklärungsansätzen. Sie haben die Bevölkerung politisiert, polarisiert und linke Strömungen in breite Bevölkerungsschichten getragen, die hier allenfalls Splittergruppenstatus erreichen.<<, schreibt Frau Budras.

Es fehlt nur noch der erhobene Digitus, nebst gekreuzten mittleren Fingern der linken Hand, unterhalb der Tischkante, sowie ein Kreuz auf dem virtuellen Desktop, geweiht zur heiligen Stadt Köln:

Oh Herr, lieber Gott, lass´ Du, im Verein mit deinen erdverbundenen und heimattreuen Dienern, Oettinger, Schäuble, Merkel und Gauck , verbunden mit den ewig jugendlichen, kräftigen Mitgliedern der CDU/CSU/SPD- GroKo und einigen gelben Dunkelmännern vom liberalen Establishment, die politisch seit Schülertagen zusammen verheerend wirksam sind, uns dieses Schicksal der Politisierung unserer Jugend abwenden. - Es sei denn, sie treten frühestmöglich bei der JU ein oder beantragen schon mit 13 ein SPD-Parteibuch, sind gar stolz drauf, statt sich zu schämen, in diesem Alter keine anderen, weltbewegenden Gedanken gehegt zu haben, um schon so trockenfixiert zu sein, wie das Stuttgarter Hutzelmännlein.

Den Intellektuellen- Teufel gilt es beizeiten als sinister zu kennzeichnen, auf das wir ihn erkennen und nicht dem hübschen Bilde verfallen. Amen.

Schade, dass dieser Nummernartikel von einer Frau kommt. - Nein, falsch! Er beweist den Fortschritt der Emanzipation beim virtuellen Presse-Dax- Leader zu Frankfurt am Main.

>>Einen Unterschied zum deutschen Politikertyp macht zweifelsohne das Geld: Davon hat Varoufakis viel, aber das hindert ihn nicht daran, linke Standpunkte, inspiriert von John Maynard Keynes und Karl Marx, zu predigen, gerne in Sitzungen mit der Eurogruppe, vielleicht aber noch lieber auf der Dachterrasse seines Athener Penthouses, das Varoufakis mit seiner Angetrauten bewohnt. In Griechenland entdecken viele darin gar keinen Gegensatz.<<

Klar, das versteht auch der Leser, der hinter dem Zeitungskopf der F.A.Z. immer nur kluge Köpfe vermutet, sich selbst aber für ein schwaches Hirn hält: Wer Geld hat, der kann doch nicht Marx lesen und dann auch noch dessen Gedanken, irgendwie, folgen. Der muss doch neoliberal sein, wenigstens neokonservativ, und zum Beispiel August von Hayek, Milton Friedman und Ayn Rand huldigen, Staatsstreiche, wie zum Beispiel in Chile und in Griechenland, aus wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen, für die Welt und Europa gut finden, wie die CDU/CSU einst und heute.

Nur nebenbei: Yanis Varoufakis oder der ebenfalls vorgeführte Euklid Tsakalotos, dürften mehr Texte dieser Autoren verdaut haben, als die Schreiberin dieses Artikels je vorgenommen hat.

Am Ende kommt noch der versteckte Vorwurf, diese Leute und ihre Eltern schickten den Nachwuchs auf teuere ausländische Universitäten. Schlimmer geht es nimmer.

Schlusspunkt des polemischen Feuerwerks: Lesende Dummköpfe sollen sich von Corinna Budras sagen lassen, dass Platon der Vater des spieltheoretisch fundierten, finanzmathematischen und statistikorientiertes Studiums und der Hochschullehre des Yanis Varoufakis´ sei. - Das geht nur, wenn man wirklich keine Ahnung hat, dafür aber Frau Budras, sowie überhaupt die ganze F.A.Z., für GöttInnenwerk hielte.

Christoph Leusch

Link zum Bezugsartikel:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/reich-schoen-links-klassengesellschaft-auf-griechisch-13698067.html

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