Foto: 10. September: In Spandau macht ein Flüchtling ein Selfie mit der Kanzlerin. Credits: REUTERS
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Einwurf aus der Ferne
Von „Mutti“ zum „Flüchtlingsengel“? Es kann eigentlich nichts mehr passieren. Frau Merkel ist bereits jetzt erneut Kanzlerin ab 2017. Niemand wird ihr im Entferntesten die Regentschaft streitig machen können. Im Handstreich hat sie das Image der mitleidlosen „Griechenland-Luftabschneiderin“ abgestreift und sich zur weltweit gefeierten Symbolfigur für Menschlichkeit gemausert. Das macht ihr so schnell keiner nach. Da waren die „Blühenden Landschaften“ eines „Uns-Kohl“ nichts dagegen.
Aber wir sollten näher hinsehen und hoffentlich hellhörig werden. Was Frau Merkel dort aus dem Stand auf die Matte stellt, entspricht exakt dem Kern des deutschen Wesens, wenn wir dieses Wesen denn als durchschnittliche Gemütslage der Deutschen definieren:
1: Einerseits selbstgerechte Überhöhung und gnadenlose Abstrafung des „Fremden“ (Griechen), der nicht so funktioniert, wie sich das nach deutschem Verständnis gehört.
2: Andererseits plötzlich aufkommende Empathie mit Flüchtlingen in Not. Doch wie lange noch?
Hier sei mir eine ungehörige Frage erlaubt: Warum hat sich eine solche Empathie der Deutschen nicht im Dritten Reich Bahn gebrochen angesichts des millionenfachen Abtransportes von Juden und anderen Ausgegrenzten in die Konzentrationslager?
3: Und drittens: Ein fortdauerndes, planloses Herumwursteln im jeweiligen Augenblick nach dem Motto: Was brauchen wir Vision? Orientierung heißt Weiterso. Kapitalismus ist schön und macht zumindest die Ober- und Mittelklasse satt. Das genügt. Basta!
Ich nenne das, ebenfalls ungehörig, das „Merkel Syndrom“: Angst und Stillstand.
Doch geht es mir nicht so sehr um Merkel, obwohl sie doch die Richtlinien der Politik bestimmen sollte, womit sie offensichtlich heillos überfordert ist. Nein, es geht mir beim Blick auf Deutschland und Europa angesichts der Flüchtlingsproblematik, oder besser gesagt, der Wanderungsproblematik, vielmehr um den jeweiligen Beitrag von Politik, Wirtschaft bzw. Kapital und Zivilgesellschaft zur Lösung dieser wichtigsten Problematik des 21. Jahrhunderts. Alle drei Sektoren der Gesamtgesellschaft trifft gleichermaßen die Verantwortung dafür.
Statt an Symptomen herumzudoktern, was die besondere Spezialität der deutschen und europäischen Politik ist, gehen wir einmal ungeschminkt und frech, im Sinne der Wahrheitssuche und der Nichtbefolgung der Mainstreammeinung (von der wir mittlerweile die Nase gestrichen voll haben), auf die Ursachen der derzeitigen Wanderungsproblematik ein und setzen uns ungeniert, wenn auch nicht in der gebotenen Ausführlichkeit, auseinander mit möglichen Handlungsweisen der Politik, Wirtschaft/Kapital und Zivilgesellschaft.
Zu Beginn ist es unumgänglich, sich grundsätzlich in Erinnerung zu rufen, dass:
Flucht, aus welchen Notsituationen heraus auch immer, stellt ein universales Grundrecht für den Flüchtenden dar und bedeutet für den Nicht-Flüchtling Verantwortung zur Hilfeleistung, sofern er dazu imstande ist. Die völlig verfehlte Diskussion um unterschiedliche Flüchtlingskategorien und deren jeweilige Behandlung ist beschämend und sollte gar nicht erst aufkommen. Aber leider scheint auch das eine Spezialität deutscher Politiker zu sein, und das vor allem in Hinblick auf das Andienern bei potentiellen Wählergruppen in der politischen Mitte und am rechten Rand.
Zwei wichtigste Ursachen für weltweite Wanderungen und Flucht
1.: Wichtigste Ursache für kriegsbedingte Flucht und Vertreibung ist die seit dem Zusammenbruch des Sowjetsystems verstärkt betriebene Weltmachtpolitik der USA. Wenn wir aufrichtig sind, müssen wir die USA öffentlich an den Pranger stellen und das Atlantische Bündnis, so wie es derzeit funktioniert, infrage stellen. Das impliziert für Deutschland und Europa die sofortige Aufgabe der US-Vasallenrolle und die Einbeziehung Russlands in ein „Gesamteuropäisches Haus“. Dabei spielt überhaupt keine Rolle, wer die jeweilige Führung in Russland innehat. Ein um Russland und die Ukraine erweitertes, friedliches Europa wird den USA ein Bündnis vorschlagen, in der gleichberechtigt, zusammen mit China und dem Rest der Welt, die Friedensproblematik im Rahmen der UN behandelt wird. Die USA müssen in Zukunft an einseitig beschlossenen Kriegen gehindert werden. Auch Koalitionen von Willigen sollte es nicht mehr geben. Das Zeitalter des Imperiums USA muss nach hundert Jahren beendet werden. Deutschland und Europa können und müssen an diesem Ziel arbeiten, wenn uns das Überleben unserer Enkelkinder auf dem Globus lieb ist. Es geht nicht um Hass gegenüber den USA, es geht allein um ein Zurückstutzen ihrer Supermachtrolle, die bereits zu viel Unheil in der Weltgeschichte angerichtet hat, so wie wir das auch von unserem eigenen Land in der Vergangenheit kennen. Europa und die Welt wird den Menschen der USA brüderlich die Hand reichen, wenn diese ihrem militärischen und technologischen Komplex die kriegstreibenden Flügel ein für alle Mal stutzen.
2.: Damit komme ich zur zweiten Ursache, und die geht Hand in Hand mit der Weltmachtpolitik der USA. Es ist der mörderische globale Kapitalismus, der tötet, der verarmt, der verelendet, der entfremdet, der Rohstoffe unerbittlich ausbeutet und für den Reichtum der Metropolen nutzt, der Menschen aus der Heimat vertreibt, der Menschen zur variablen Arbeitskraft degradiert, um Kapitalverwertung weltweit zu optimieren.
Deutschlands und Europas Anteil an den zwei Hauptursachen der Wanderungs- und Flüchtlingsproblematik
Wie bereits erwähnt, hat Deutschland und Europa in falsch verstandener Atlantischer Bündnistreue bisher die US-Imperiumspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg als gefügiger Vasall mitgespielt. Bis auf einen lichten Moment von Schröder/Fischer, die das von den US herbeigeführte Desaster im Nahen Osten richtig vorausgesehen haben (Merkel damals und bis heute eisern in der „Koalition der Willigen“), folgten Deutschland und Europa im Allgemeinen blind der zerstörerischen und menschenverachtenden US-Politik, an deren Folgen unser Kontinent zugrunde gehen wird, wenn nicht endlich Vernunft im Alten Kontinent einkehrt.
Aber nicht nur waren das politische Deutschland und Europa gelehrige US-Schüler auf dessen kriegerischen Wegen. Das Kapital Europas hat sich ebenfalls an der Ausbeutung der Rohstoffe der Peripherie bis zum heutigen Tage mit Erfolg schadlos gehalten. Und das geht so weiter, tagein, tagaus. Hat jemand einmal Frau Merkel oder deutsche Minister ohne Wirtschaftsbosse im Tross reisen sehen? Hat jemand einmal einen ernsthaften Versuch von Entwicklungspolitik und Wirtschaft gesehen, um Menschen in der Peripherie so zu unterstützen, dass sie ihre Rohstoffe in eigener Verantwortung und mit eigenem Know how verwertbar machen können? Dass sie Technologie-Zentren errichten, um unabhängig von den Metropolen zu werden? Das Wirken des deutschen und europäischen Kapitals in der Peripherie war und ist schlicht Raub, und die Entwicklungspolitik geht dem Kapital dabei geflissentlich zur Hand. Ausnahmen wie Humanitäre Hilfe hat es gegeben und gibt es. Leider wird sie viel zu geizig gegeben und wäre auch weniger nötig, wenn US-Imperiumspolitik und schändliche Kapitalverwertungspolitik auf entschiedenen Widerstand träfen.
Welche Handlungsweisen sind Politik, Wirtschaft/Kapital und Zivilgesellschaft anzuraten, um Wanderung und Flucht zu reduzieren?
1.: Politik
(i) Deutsche und Europäische Politik müssen das Atlantische Bündnis auf den Prüfstand stellen. Motto: Vom Vasallenstatus zum gleichberechtigten Partner. Gelingt das nicht, sollte das Bündnis offen infrage gestellt werden. Parallel dazu:
(ii) Errichten eines „Gesamteuropäischen Hauses“ mit Einschluss von Russland und Ukraine.
(iii) Restrukturierung des Weltsicherheitsrates der UN mit Mehrheitsentscheidung bei Beibehaltung des Monopols über Internationales Recht.
2.: Wirtschaft/Kapital
Eingangsfrage: Bei aller freundlichen Aufnahme der Flüchtlinge vonseiten der Politik und der Zivilgesellschaft: Wo ist die helfende Hand des Kapitals geblieben? Kennt diese Hand nur Nehmen, nur Ausbeutung? Nur Industrie-Messen mit Merkel und Gabriel im Licht der Kameras? Kein Zurverfügungstellen von finanzieller und sachlicher Hilfeleistung? Zählt nur der Blick auf die Kurse, sonst nichts?
Deutsche und europäische Politik sollten das Handeln der Wirtschaft im außereuropäischen Ausland nur dann fördern, wenn ethische Arbeits-Standards eingehalten werden, wenn Umweltverträglichkeit eingehalten wird und wenn im Zusammenwirken mit Politik eine endogene Entwicklung in den jeweiligen Ländern gefördert wird (empowerment von Menschen und Regionen).
Was endlich gebraucht wird, ist der Einstieg vom Ausstieg des Kapitalismus als vorherrschender Form wirtschaftlichen Handelns. Die Förderung von „Solidar-Wirtschaft“ in Europa sowie in der Peripherie, finanziert durch von der Zivilgesellschaft überwachte öffentliche Fonds ist das Gebot der Stunde. Nicht nur Arbeitslosigkeit und Niedriglohn in Europa müssen durch geeignete auf lokale Ressourcen setzende Regionalpolitik verschwinden, auch die europäische Entwicklungspolitik muss durch „Solidar-Wirtschafts-Fonds“ in der Peripherie ergänzt werden.
3.: Zivilgesellschaft
Die aktuellen Wanderungen machen mehr als deutlich, dass die Stunde der Zivilgesellschaft geschlagen hat. Politik ist schlicht überfordert, die Flüchtlingsproblematik adäquat anzugehen. Die Wirtschaft hat nur Eigeninteresse im Auge: Verstärkte Ausbeutung der Arbeitskraft bei Vergrößerung der Reservearmee. Die Menschenrechte auf selbstbestimmte, nicht entfremdete Arbeit, auf menschenwürdige Lebensbedingungen, auf unentgeltliche Erziehung und Ausbildung sowie Gesundheit können nur dann überall auf der Welt durchgesetzt werden, wenn die Zivilgesellschaft endlich der Souverän im eigenen Haus wird. Das bedeutet, rigoros die Kontrolle über die öffentlichen Angelegenheiten zu übernehmen. Es geht nicht darum zu warten, bis öffentliche Hand und Wirtschaft die selbstlos helfenden Hände der Zivilgesellschaft bei der aktuellen Flüchtlingskrise unterstützen. Es geht jetzt um die eigenverantwortliche Organisation von Flüchtlingskomitees und die Verpflichtung der lokalen Behörden, diese Komitees finanziell zu unterstützen. Wenn Merkel, Minister, lokale Beamte überhaupt noch nützlich sein wollen, dann haben sie die Verpflichtung, der Zivilgesellschaft in ihren Bemühungen mit Rat und Geld zur Seite zu stehen. Die Zivilgesellschaft muss aufhören zu bitten, sie muss von den Vertretern, die sie gewählt hat, fordern! Integration und Menschlichkeit gelingen nur durch die Zivilgesellschaft selbst, gelingen nur über Millionen von Familien, die die Verantwortung für die Zukunft selbst in die Hand nehmen.
Aber vor allem muss jetzt die Zivilgesellschaft die Politik in Deutschland und Europa dazu zwingen, die Ursachen von Wanderung und Flucht umgehend in dem beschriebenen Sinne anzugehen. Jeder verlorene Tag, an dem das nicht geschieht, ist eine Niederlage für die Zukunft!
Werden wir endlich zornig! Es geht um unsere Kinder und Enkelkinder!
Noch einen schönen Sonntag, CE
Kommentare 34
.....und/aber:"WEHE dem, DER....!!!"
....und (dann) noch "schön" ein paar Friedens-Nobel-Preise "dazu"!!!
Ausgezeichneter Artikel! Ich teile im Wesentlichen Ihre kritische Analyse ( ohne besserwisserische Ergänzungen) und Ihren basisorientierten Lösungsansatz - und das politische Establishment dient der Zivilgesellschaft!
Lieber C(h)E, danke für diesen im Kern positiven politischen Beitrag!
...."Werden wir endlich zornig!"...
Wie '68? Du warst dabei, mein lieber CE
Was soll das heissen?
Stammheim reloaded?
Gruss
Lieber Martin,
die Friedens-Nobel-Preise können wir vergessen.
Was ich befürchte: Es wird nicht lange dauern, dann wird sich das Chaos in der Politik und die Unfähigkeit zu konkreten Lösungen zu kommen dahingehend auswirken, dass wieder einmal ein dumpfer Nationalismus aus den Löchern kriecht. Dann heisst es: Wehe.....
LG, CE
Lieber Martin,
die Friedens-Nobel-Preise können wir vergessen.
Was ich befürchte: Es wird nicht lange dauern, dann wird sich das Chaos in der Politik und die Unfähigkeit zu konkreten Lösungen zu kommen dahingehend auswirken, dass wieder einmal ein dumpfer Nationalismus aus den Löchern kriecht. Dann heisst es: Wehe.....
LG, CE
Lieber DONCOZ,
ich habe zum ersten Mal in den achtziger Jahren Vorschläge für eine völlige Wende in der Entwicklungspolitik plädiert. Alles, was jetzt auf uns zurollt, war vorhersehbar. Und was jetzt an Wanderungen Fahrt aufmacht, ist nur der Anfang. Die Sünden der Vergangenheit werden Europa um die Ohren fliegen, dass der Alte Kontinent gehörig ins Wackeln kommt. Aber immer wieder kann ich nur sagen: Wenn die Zivilgesellschaft nicht endlich aufwacht (im positiven, Menschenrechte achtenden Sinne, nicht im Sinne eines fürchterlichen Nationalismus), dann, ja dann dürfen wir uns über die Folgen nicht beklagen.
LG, CE
Lieber TL,
ja ich war dabei, aber nicht in menschenverachtender Weise, ganz im Gegenteil, im Sinne eines Humanismus, der einzig zur Freiheit führt.
Zornig sein heisst nicht Bomben schmeissen, heisst nicht Terror verbreiten, heisst schlicht mit Herzblut, Verstand und Verantwortung Schritt für Schritt das Bürgerrecht auf Volkssouveränität und Schaffung einer friedlichen Zukunft durchsetzen, und das im weltbürgerlichen, brüderlichen Sinne.
LG, CE
Lieber Costa,
dies mit den Friedens-Nobel-Preisen war ja wohl zynisch-sarkastisch gemeint/zu verstehen!...insbesondere wenn ich da an bestimmte "Kandidaten" der letztzen Jahre denke!...was nur den allseitigen Niedergang (gar im Voraus) bestätigte!...und:"WEHE dem, DER....!!!"....heisst es schon längst!....trauen sich halt nur Wenige!..."Fesseln" spürt man nur, wenn man sich bewegt, bewegen will....gar muss!....und nur die "Masse" kann sie sprengen!...stellt sich nur die Frage bezüglich der "Kanalisierung" danach?!....und die dürfte (wohl nur) durch eine (endlich offene) Diktatur "er-folgen"!!!
...stellt sich mir "nur" (jetzt/schon lange) die Frage: "Ist dies im/mit dem (chaotisch/anarchischen) "Vorfeld" beabsichtigt?!"...von der letzt-endlichen Sinn-Frage ganz zu schweigen!
OH (mein) GOTT....was sehne ich die Er-Lösung herbei....
...in "diesem" Sinne....hoffnungsvolle Grüße und Wünsche
Lieber Martin,
die Lösung kann nur durch uns selbst kommen.
Dir noch eine schöne Woche, CE
Lieber Costa,
dies ist mir mehr als klar!....auf andere, selbst "Gott", zu "bauen" ....zu hoffen...die Schuld gar abzuschieben!.....führt nicht WIRKLICH RICHTIG weiter!....die "Vor-Arbeit" muss jeder selbst leisten! .....Glück/Pech/Zufall gibt es nicht!....das Leben als Herausforderung/Prüfung anzusehen.....welche es anzunehmen/zu bestehen gilt!....wobei der "Rahmen" schon eine bedeutsame Rolle spielt!....und der ist völlig "aus den Fugen"!....die "Basis" ebenso!
...."all-so" eine ganz besondere Herausforderung!
....in "diesem" Sinne.....
Gemach, das geht Alles seinen sozialistischen Gang...
Wie sollte das Zeitalter eines Imperiums "beendet" werden? Wenn ihm das von außen versucht wird aufzuzwingen, gibt es unweigerlich einen Weltkrieg. Also lieber die gute Verbindung aufrechterhalten und durch geduldige Diplomatie einen langsamen Abstieg in die Rolle eines gleichberechtigten Partners ermöglichen. Dauert länger, ja...ist aber deutlich ungefährlicher.
Ein gesamteuropäisches Haus gibt es schon, die OSZE. Eine Reform des SR wünsche ich mir mittelfristig auch, aber wie mal jemand sagte: Eine Atommacht mit ICBMs lässt sich bei Dingen, die ihr wichtig sind, eben nicht überstimmen - außerdem würden Mehrheitsentscheidungen bei Fragen von Krieg und Frieden das Völkerrecht quasi entsorgen.
Und der alte, böse Kapitalismus, der wird noch früh genug das Zeitliche segnen, wenn er die wichtigsten Anforderungen der Zeit einfach nicht mehr erfüllt - allzu weit sind wir davon nicht entfernt. Wer weiß denn überhaupt, was "Kapitalismus abschaffen" konkret bedeutet? Gerade gestern hatte ich einen Artikel dazu geschrieben, auch wenn das sicher nicht die vorherrschende Sichtweise auf das Thema ist.
Lieber Smukster,
Dank für die Einwände!
Die Alternative ist ja nicht die sozialistische, sondern der humanistische Gang.
Ein Imperium kann auf verschiedene Weise zu seinem Ende kommen. Der US-Imperialismus ist m. E. nur deshalb noch so einflussreich und vor allem auch durch die US-Zivilgesellschaft nicht hinterfragt, weil er sich auf "Old Europe" als treuen Vasallen verlassen kann. Bricht diese Stütze weg, und die US werden weitgehend auf der internationalen Bühne isoliert, bis auf den Schosshund Israel, dann kann auch der letzte Trumpf: Miltär- und Technologie-Komplex, nicht mehr stechen. In diesem Zusammenhang ist das Scheitern von TTIP ganz wichtig. Meine Behauptung: Eine isolierte US wird sich keine einseitigen Konflikte in der Welt mehr leisten können, das müssen die Europäer endlich begreifen. Klar ist, das europäische Diplomatie dieses Ziel vorsichtig, aber für ihre Zivilgesellschaften und für die US-Zivilgesellschaft deutlich ersichtlich, verfolgen muss.
Das gesamteuropäische Haus existiert de facto eben nicht. Es würde konkret werden, wenn es einen deutsch-russischen Freundschaftsvertrag gäbe, der danach auch in einen EU-russischen Vertrag einmünden würde. Danach würde automatisch das Problem Ukraine mitgelöst. Und im Weltsicherheitsrat könnten EU, Russland und China Mehrheiten schaffen, die die US zum Mitmachen einlädt. Syrien würde gelöst werden und weitere potentielle Krisenherde müssten mit dem Eingreifen des UN-Sicherheitsrates rechnen.
Die internationale US-Isolation würde von der US-Zivilgesellschaft nicht auf Dauer hingenommen werden. In den Staaten würde ein langsames Umdenken der Zivilgesellschaft, dass man eben nicht mehr der Grösste wäre, dazu führen, dass die seit 100 Jahren praktizierte Grossmachtpolitik auf ihre wahre Bedeutung zurückgeschraubt würde.
Schliesslich: Das Scheitern der Geldpolitik des Kapitalismus hat seine reale Konsequenz in zunehmenden kriegerischen Konflikten und Wanderungen auf dem Globus.
LG, CE
Alles richtig - und all das geschieht doch gegenwärtig auch. Der Ukrainekonflikt ist beendet, in Syrien und Libyen ist der Weg zu einer Lösung vorgezeichnet & wird bereits beschritten, die UN werden wieder wichtiger...und btw., das mit den "zunehmenden Konflikten" stimmt gar nicht - es kommt uns nur so vor, weil die großen Kriege der letzten Jahre uns relativ nahe sind.
Neben der Geldpolitik gibt es auch in anderen Bereichen der Wirtschaft weitreichende Umbrüche, etwa bei Energie & in absehbarer Zukunft auch beim Verkehr, s. VW-Skandal.
Es wäre allerdings absolut fatal, wenn der derzeitige Übergang allzu plötzlich vonstatten ginge - die Reaktion der relativen Absteiger darauf möchte ich mir nicht vorstellen.
Es wäre allerdings absolut fatal, wenn der derzeitige Übergang allzu plötzlich vonstatten ginge
D'accord!
Plötzliche Übergänge sind keine wirklichen Revolutionen. Das menschliche Verhalten ändert sich nur in Generationen. Ein plötzlicher Umschwung ist lediglich ein Machtwechsel aber keine Revolution im Sinne von Herrschaftsabbau. Aber damit Revolution konkret wird, ist ein beharrliches, auf ethischen Grundlagen bauendes Bohren unerlässlich. Leider hat da meine 68er-Generation total versagt und ist im Konsumismus versackt.
@costa esmeralda: VielenDank für die Analyse.
Wenngleich ich meine Einwände haben:
Die Ukraine wird für lange Zeit in ihrem Russland-Hass gefangen bleiben (die Saat wurde gleich nach dem Zerfall der UdSSR gelegt und ist erfolgreich aufgegangen) und wird sich mit aller Macht weigern, "ein gemeinsames Haus mit Russland zu beziehen".
Und zur Zivilgesellschaft hab ich auch so meine Bauschmerzen, wenn ich mir die heutigen Arbeitnehmer und den größten Teil der Jugend ansehe.
Die Arbeitnehmer streiken, wenn sie es tun, nicht GEGEN den KAPITALISMUS, sondern für ihren eigenen Geldbeutel.
Die Jugend (mit wenigen Ausnahmen) geht auf die Straße für "fun and action" (wie kürzlich auf dem Tempelhofer Feld zur Freiluft-Sause).
Sie sehen, mein Pessimismus siegt über den Optimismus.
Übrigens fand ich Ihren Bezug auf die Haltung der Deutschen gegenüber der Verschleppung der jüdischen Mitbürger sehr wichtig! Aber ich glaub nicht, dass die D daraus etwas gelernt hatten.
Man spricht hierzulande immer über den "verordneten Antifaschismus in der DDR".
Dann war und ist das Holocaust-Gesäusel hier noch viel mehr "verordnet".
Will damit sagen, die tumbe Masse hat sich nicht geändert.
Liebe Grüße in die Ferne!
Ja und nein. Ein plötzlicher Übergang findet meist dann statt, wenn das alte System bereits seit längerem dysfunktional war und es unter der Oberfläche schon mehr als gärte, z.B. aufgrund des "beharrlichen Bohrens" (1918) oder der Arroganz der Eliten (1789). Insofern kann dieser Übergang, selbst wenn er nicht "von der Masse" ausgeht, imo durchaus Teil einer "Revolution" im Sinne einer tiefgreifenden Veränderung des Herrschaftsmodells sein. Zumal ich nicht an "Revolutionen" im klassischen Sinne in unserer Zeit glaube...oder wie sähe eine solche in Ihren Augen heute aus? Wo ist die Bastille, deren Erstürmung den unterdrückten Massen das Signal geben könnte?
Ich denke eher, die "Revolution" ist heute Sache der Mentalität - und da verschiebt sich derzeit Einiges. Dann braucht es nur noch eine Reihe von entsprechenden politischen Weichenstellungen, von denen viele zunächst relativ klein wirken dürften (#ZIRPforever), aber weitreichende Folgen entwickeln (werden)...
Lieber Anatole,
Deine Einwände sind sehr wichtig, vor allem, da Du aus eigener Erfahrung sprichst und sozusagen Dein Ohr an die Basis hälst, wo ich bspw. nur theoretisieren kann (Verhältnis Ukraine-Russland). Aber ich frage Dich:
Hätte, ja das verdammte Hätte, Deutschland nach der Auflösung des Sowjet-Systems den Mut gehabt, Russland und gleichzeitig auch der Ukraine die Hand zu Freundschaftsverträgen zu reichen, wäre der Ukraine-Konflikt doch wohl nicht entstanden? Ich meine, die Krim wäre auch heute noch von Russland anerkannter Teil der Ukraine und die demokratische und auch die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder wäre viel weiter, das auch zum Vorteil von Deutschland. Beide Länder (Russland und Ukraine) wären mit der EU assoziiert und würden in Kürze selbst Mitglieder der EU sein. Deutschland hat diese historische Chance verpasst, war nur an Kapitalinvestitionen interessiert, nicht aber an zwischenmenschlicher Entwicklung unter Völkern, die sich in der Geschichte unendliches Leid angetan haben, von Deutschland verursacht. Wie heute das Verhältnis Ukraine-Russland wieder repariert werden könnte, da hast Du sicher viel mehr Ahnung als ich. Aber dieses Verhältnis muss langfristig wieder eines von gegenseitigem Respekt gezeichnetes werden. Die Menschen müssen dahinkommen, wenn Frieden gesichert werden soll. Und ich glaube, das geht auch nur über eine befriedigende Lösung zwischen den beiden Teilen West- und Ost-Ukraine.
Was Deinen Pessimismus über die deutsche Zivilgesellschaft (Arbeiterschaft, Jugend) anbelangt, so teile ich ihn auch. Vor allem trifft mich das persönlich, denn meine Generation der 68er in Westdeutschland hat vollkommen versagt. Wir haben die Freiheit gesucht und den schmierigen Geldbeutel gefunden. Vor allem begann nach einer kurzen Phase von Studium und Traum die gnadenlose Jagd nach Knete und Macht: Siehe Schröder, Fischer und Konsorten. Dass CDU, CSU und FDP von Beginn an nur auf Geld erpicht waren, war jedermann von Beginn an klar. Dass aber der fortschrittliche Teil der damaligen Jugend so schnell vom Kapital korrumpiert wurde (bestes Beispiel Grüne), war nicht vorauszusehen. Aber das scheint die "condición humana" zu sein. Gibst Du dem menschlichen Kaninchen eine Karotte, wird es diese nicht ablehnen und ist bereit, seine Seele dafür zu verkaufen. Trotzdem sage ich immer wieder: Wenn wir auch Wenige sind, die gegen den Strom schwimmen, so ist es doch wichtig, diesen aufrechten Gang gegen alle Widerstände fortzusetzen. Das erfordert die Ethik von uns.
Dir liebe Grüsse aus Panamá, CE
*****
Lieber CE,
nun hoffe ich, dass sehr viele Menschen Deinen großartigen Artikel lesen. Alle Ansichten kann ich zwar nicht teilen, habe eine etwas andere Meinung zur Ukrainekrise. Vielleicht bin ich auch kein Putinversteher. :-)
Liebe Grüße nach Panamá
Corina
Lieber Smukster,
Du hast ja recht mit der Bewegung unter der Oberfläche, die sich eines Tages mit Gewalt entlädt. Wir haben diese Stimmung gegen den Kapitalismus bisher in der Zivilgesellschaft nicht, noch nicht. Der Niedriglohnsektor ist noch 20% von der 50% Marke entfernt, bei dem sich der "Aufstand" gegen Mittel- und Oberklasse erfolgreich entzünden könnte. Aber ein solches ökonomisches Desaster kann auch nicht in den nächsten 10 Jahren ausgeschlossen werden. Der Kapitalismus arbeitet selbst fleissig daran. Volkswagen ist das beste Beispiel, wie perfide ein solches System ist. Und die Techniker, die daran arbeiten, die Kunden zu bescheissen ohne mit der Wimper zu zucken: Es ist unglaublich, was sie alles für Geld anstellen.
Aber wie gesagt, im Weltmassstab sind die Wanderungsbewegungen ein Zeichen für den Niedergang und können in Europa ganz schnell wieder das braune Gespenst an die Wand malen.
LG, CE
Liebe Corina,
Putin ist überhaupt nicht das Problem. Vergiss ihn einfach. Er kann genausogut ersetzt werden, und wird das auch eines Tages. Es ist Russland, die russischen Menschen, die ein Recht darauf haben, dass wir ihnen die Hand reichen nach Tötung von 25 Millionen Russen. Und sie gehören kulturell zu Europa, auch wenn es asiatische Minderheiten gibt. Ebenso ist das mit der Ukraine der Fall. Dieses Europäische Haus muss her, wenn wir Frieden nicht nur in Europa sondern auch in der Welt haben wollen. Dann wird sich zeigen, ob die USA allein dastehen wollen wie ein begossener Pudel. Die US-Zivilgesellschaft wird sich dann jedenfalls fragen, ob sie sich länger von einem militärischen/technologischen Komplex bevormunden wollen, der ihr einredet, sie seien die Grössten. Pustekuchen, die Welt sieht inzwischen ganz anders aus.
LG, CE
Alles eine Frage der Mentalität. Was heißt schon "Stimmung gegen den Kapitalismus"? Natürlich nennen es die meisten Menschen nicht so, aber das ist egal: Entscheidend ist, dass es inzwischen ein weitverbreitetes Unwahlsein darüber gibt, wie Geld und Macht verteilt und verzahnt sind. Und dass bereits fleißig an Alternativen gebastelt wird, die oft nur geringe Schützenhilfe von Seiten der Politik brauchen, um sich durchzusetzen. Klar kann die Kritik am System auch nach rechts kippen, aber das scheint mir derzeit nicht unbedingt eine realistische Gefahr - weil rechts nichts konkret Positives zu bieten hat.
Lieber CE,
leider stellt Putin für mich schon ein Problem dar, wenn er z.B. eigene Landsleute wegsperren lässt, die für ihn unbequem sind, weil sie eine andere Meinung haben. Kritisches Denken ist unerwünscht. Wenn Du überlegst wie oft Du in Deinen Beiträgen die Kanzlerin kritisierst, dann hätte man Dich während Deiner Deutschland-Besuche schon längst einkassiert und weggesperrt. Es ist wichtig, dass es Meinungsfreiheit gibt.
Was im Zweiten Weltkrieg geschah, können wir nicht mehr rückgängig machen. Es ist wichtig, dass wir mit guter geschichtlicher Aufklärung verhindern, dass Menschen heranwachsen, die zu Holocaustleugnern werden.
Im Bezug auf Russland sollte man aber nicht verschweigen, dass es ja auch diese Stalinsche Säuberungen gab und Historiker nur schätzen können wie viele Tote es wegen Stalins Herrschaft gab. Man schätzt zwischen 3 bis weit über 20 Millionen Opfer.
Jedes einzelne Opfer, ob damals oder heute, das durch Kriege und Terror ums Leben kam bzw. kommt, müsste nicht sein, wenn in so manchem Kopf die Vernetzung im Gehirn auch ohne Mordsgedanken plus Umsetzungsstrategien erfolgen würde.
Herzenswärme kann man mit keinem Geld der Welt kaufen, das wissen wir beide.
Mutierte Gene können für die Brutalität eines Menschen verantwortlich sein, haben schwedische Forscher herausgefunden. Ich weiß nicht, ob du diese Studie kennst. Die Forscher haben anhand einer Erbgut-Analyse von rund 900 inhaftierten Kriminellen herausfinden wollen, warum manche Menschen gewalttätig werden, ob die Neigung zur Brutalität bereits in der DNA verankert ist oder ob äußere Einflüsse, Erfahrungen durch die Gesellschaft dazu führen. Man hat zwei Gene (MAOA-Gen, CDH13-Gen) gefunden, aber das Zusammenspiel mit anderen Faktoren macht anscheinend aus einem Menschen eine brutale Person.
Drüxel
Herzliche Grüße
Corina
@costa esmeralda: Lieber CE, ja wenn das Wörtchen WENN nicht wär...
Zur Ukraine: nach dem Krieg sind sehr viele Nationalisten nach Kanada, in die USA und in die BRD später gegangen (so auch Bandera). Von dort aus führten sie ihre Arbeit in der Ukraine weiter.
Nach der Auflösung (ohne Referendum) der UdSSR hat der erste Präsident Krawtschuk sofort begonnen, antirussische Stimmungen zu schüren. Übrigens war die Ukraine zu diesem Augenblick wirtschaftlich wesentlich stärker als Russland!
Besonders wurde die antirussische Stimmung unter Justschenko verstärkt .(Dessen Vater hatte übrigens in einem deutschen KZ als Aufseher gearbeitet, was er später verheimlichen konnte. Seine Söhne "verplauschten" sich, als sie erzählten, Vater hätte im Krieg "aus dem KZ" Pakete mit echtem Bohnenkaffee und Lebensmittel an die Verwandten geschickt!). Die Menschen meiner Generation waren für diesen Antirussismus weniger anfällig, besonders anfällig sind die nachfolgenden Generationen, die mittlerweile auch eine miese Schulbildung erhalten, sofern die Eltern nicht betucht sind und ihre Kinder ins Ausland zur Schul -und Weiterbildung schicken...
Es gab einen prächtigen Journalisten und Schriftsteller (historische Themen)- Oles Busina. Ein ukrainischer Patriot im positiven Sinne dieses Wortes. Er wurde im Frühjahr in Kiew am hellerlichten Tage erschossen. Die Mörder vom Rechten Sektor sind bekannt und wurden auf Kaution freigelassen und als Helden gefeiert...Die Bücher Businas und seine Artikel werden in den deutschen Medien selbstverständlich verschwiegen!
Der Hass der heutigen Ukrainer hat vor allem den Grund, das die Wirtschaft der Ukraine immer mehr absank, während in RUS nach dem Abgang des Alkis Jelzin jemand kam, der die Oligarchen zwar nicht "enteignete" (Kapitalismus halt!), aber sie nicht die Machtspielchen spielen lies. Genau das aber ist die ukrainische Realität seit der "Unabhängigkeit".
Die Medien dort sind alle in den Händen der Oligarchen, angefangen bei Poroschenko...
Russische Medien sind verboten. Viele Menschen haben keine "Schüssel" und sind auf das ukr.TV angewiesen. Und was und wie dort berichtet wird ist wirklich nur noch mit den unsägliche 3.Reich zu vergleichen! Das berichten mir regelmässig Freude aus Dnepropetrowsk, Rowno und auch aus meiner Heimatstadt.
Zwischen der Ukraine und RUS wird es keinerlei Annäherung (weder staatlicherseits noch zwischen den Bürgern) geben, solange in der Ukraine nationalistisch-faschistische Kräfte wirken und es Präsidenten und Politiker vom Schlage Poroschenko, Jazenjuk, Turtschinow, Ljaschko , Tjaginbuk und Jarosch gibt.
Die "normalen" Bürger dort sind sehr müde (ökonomisch und politisch) und werden keinen neuen "Maidan" machen. Sie haben resigniert.
Zur Krim: die Menschen DORT haben ihren Weg gewählt! Übrigens wurden die Krimtartaren von der ukr. Seite immer mies behandelt und es gab all die Jahre dort viele schwelende Probleme. Die Mehrzahl der Krimbewohner fühlten sich immer Russisch, rein von der Geschichte her. Und man vergesse bitte nicht: der Ukrainer Chrustschow, der ja durchaus öfters mit recht unlogischen Handlungen auffiel, "schenkte" die Krim einfach mal so seiner heimatlichen ukrainischen Sowjerepublik. Was ja damals für die Bevölkerung im Verband der UdSSR eigentlich keine Rolle spielte.
Zu Putin: natürlich wir er eines Tages "gehen", genau wie Merkel...
Aber bislang war er der einzige Präsident in RUS, der sein Land nicht dem Westen/USA feilbot zum Ausverkauf, sondern diesen durch Gorbi und Jelzin begonnenen stoppte.
Danke Dir für Deinen kurzen Rückblick auf Deine Jugend. Meine Frau ist ja in der DDR aufgewachsen, war von Hause aus sehr politisiert und "ohne Verordnung" antifaschistisch erzogen. Daher fiel ihr auch der Anschluss an die BRD mehr als schwer, eben weil sie die BRD und ihre Geschichte sehr gut kannte und kennt.
Das mit dem Widerstand müssen wir sein lassen, aus einem einfachen Grund: ich bekomme immer nur ein Dreijahresvisum und werde bei kleinster Gesetzesübertretung (vielleicht Inhaftnahme bei Demo..) in die Ukraine ausgewiesen (dank Merkel und ihrer Angst vor "fiktiven" Ehen).
Ach ja, fall ich nun in den Ruf eines "Putinverstehers" komme: ich verstehe ihn in puncto Aussenpolitik vollkommen, in anderen Fragen hab ich meine Probleme mit ihm. Aber das ist ein anderen Blatt.
Liebe Grüße in sonnige Panamá (hier scheint aber auch die Sonne!) von zwei politischen Pessimisten-Antikapitalisten, sprich von meiner "Ossi" und mir - Anatole
Lieber Anatole,
Dank für Deine Infos, die mir alle nicht geläufig waren. Das kommt davon, wenn man wie ich schon 40 Jahre in der Weltgeschichte tätig ist, und das Heimatland immer nur einmal im Jahr besucht: Kinder und Enkelkinder.
Dir und Deiner Frau alles Gute und passt auf Euch auf. Wie Du selbst siehst, die politischen und auch die wirtschaftlichen Seilschaften lassen nicht mit sich spassen. Korruption und Bestechung ist auch in Deutschland eine beliebte Beschäftigung, nicht nur in anderen Teilen der Welt. Und wenn Du nicht in einer Seilschaft fest verankert bist, rutscht Du immer auf Glatteis herum.
LG, CE
Liebe Corina,
Dank für Deine Gedanken. Mit den Genen werde ich mich einmal beschäftigen. Nur eine Frage: Das VW-Bescheiss-Desaster hat etwas mit den Genen der deutschen Dax-Chefs zu tun?
Drückerchen für die gesamte Wagner-Mannschaft! CE
@costa esmeralda_: Vielen Dank für Deine guten Wünsche! Und Du sei froh, dass Du so weit weg bist! Wenn wir könnten, wie wir wollen - würden wir irgendwo in einer Paustowski-Landschaft oder in Sibirien leben...Aber leider gehen nicht alle Wünsche in Erfüllung, also machen wir hier das Beste draus.
Liebe Grüße in die Ferne zu Dir von uns.
Lieber Anatole,
ich kannte Paustowski bisher nicht. Er wurde erst in Deutschland richtig bekannt, als ich schon nach Afrika abgereist war. Habe einmal gegoogelt und bin ganz begeistert. Du hast sicherlich gesehen, dass ich erst mit 68 Jahren angefangen habe zu schreiben, (mir lag die Notsituation der Menschen in der Peripherie am Herzen, und wie Ausgegrenzte Widerstand leisten können, um würdige Lebensbedingungen zu erhalten) die letzte Novelle "Laurence oder der Wilde Sommer der Anarchie" ist auch hier in der dFC. Gerade beginne ich mit einer neuen Geschichte über die Anden, die ich in meine Anden-Saga einbauen werde. Da muss ich doch einmal bei Paustowski vorbeisehen. Ich bin nämlich auch ungeheuer in Landschaften vernarrt: Sie und die Menschen in der jeweiligen Landschaft, wie sie angepasst ihr Leben organisieren, oder heute, sich herrschaftlich über die Landschaft erheben und sie zerstören.
Liebe Grüsse an Euch zurück, CE
@costa esmeralda: Ich grüße Dich, Kollege! Ich schreibe ebenfalls. In Moskau wurde zu Beginn der Perestroika in einer Literaturzeitschrift ein Ausschnitt aus meinem BAM-Roman veröffentlicht. Dann war dank Gorbi und der Umwälzungen dieses Thema nicht mehr relevant (das ist aber kein "sozialistischer" Roman... ). Hier bot ich ihn dem Verlag Volk und Welt nach Absprache an, in Orginalfassung. Keine Reakion. Nun ja, ich gieße in diesem Roman nicht kübelweise Jauche über die UdSSR aus. Es ist einfach ein Abenteuerroman über das Leben unter extremalen Bedingungen, wie es damals der Bau der BAM war, wo ich 10 Jahre in den unterschiedlichsten Berufen gearbeitet habe. Im Moment schreibe ich nicht, sind mit meiner Frau mit Ernten und Verarbeiten beschäftigt. Sitze ansonsten an einem Manuskript über die Ukrainer der 90iger, was aber hier auch nicht auf Interesse stoßen wird, da keiner der Präsidenten nach der "Unabhängigkeit" gut dabei wegkommt...
In Deinen Gedanken über Natur-Mensch stimmen wir überein.
Wobei Latein-Amerika mir recht fern-fremd ist. Meine Frau hatte und hat da mehr Beziehungen zu. Hatte zu DDR-Zeiten die Patenschaft über ein junge chilenische Emigrantenfamilie...
Aber Konstantin Paustowski ist wirklich ein Gewinn, egal, über welches Thema er schreibt. Und er gilt als "Zar der russischen Sprache".
Zu Deinem Wirken: hast Du schon einen Verlag gefunden?
Liebe Grüße aus dem herbstlichen Berlin von uns zu Dir nach P.
@corina wagner: Schade, dass Sie so eine einseitige Sicht auf RUS haben.
Meinen Sie mit den Andersdenkenden unreife Typen wie Pussy Riot oder Wirtschaftsverbrecher wie Chodorkowski?
Wenn Sie der russischen Sprache mächtig wären, könnten Sie sich über youtube Wladimir Solowjow und seine Polit-Talk ansehen und würden dann mitbekommen, dass dort regelmässig "Andersdenkende" (nicht nur Russen!) auftreten. Und sie werden nicht nach der Sendung verhaftet!!!
Lieber Anatole,
hat dieser google-Fund etwas mit Deinem Roman zu tun?
Dva Ivana ili strast' k tjažbam : Roman Author: Vasilij Trofimovič Narežnyj Publisher: Moskva : Goslitizdat, 1956.
Nein, bisher habe ich meine ersten vier Bücher bei Amazon als E-Books eingestellt. Der Erstroman (2011) "Abschied von Bissau" wurde von zwei Verlagen für interessant befunden, aber ein Verlag wollte Eigenbeteiligung, ein anderer war sauer, weil ich ihn elektronisch bei Amazon eingestellt hatte. Danach habe ich die Suche nach Print-Editionen aufgegeben.
"Laurence oder der Wilde Sommer der Anarchie" wird vielleicht im November von einem kleinen Verlag erst einmal in einer Auflage von 100 gedruckt, sozusagen als Versuchsballon. Meine Schreibweise ist nicht Jedermanns Geschmack. Ich verarbeite soziale, geographische und historische Dinge, was wohl viele Leser überfordert. Aber das entspricht meiner Sicht der Welt und warum nicht die eigenen Lebenserfahrungen einbringen? Sicher werden meine Kinder und Enkelkinder einmal davon profitieren können.
Die Novelle "Laurence ...." verarbeitet die Erfahrungen meiner 68-er-Generation bzgl. der Suche nach humanistischer Anarchie, Herrschaftslosigkeit, Freiheit, Liebe; alles Themen, die damals in der Nachkriegsgeneration der grosse Traum waren. Aber wie Du weisst, ist davon nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben. Nur noch die Jagd nach Knete (s. Schröder/Fischer als Prototypen).
Schade, dass ich keinen Zugang zu Deinen Büchern habe. Sicher würden sie mir Hinweise für die Einheit eines "Gesamteuropäischen Hauses" von Portugal bis Wladiwostok geben.
Liebe Grüsse,
CE
Lieber Anatole,
leider ist das Wissen über das, was das Putin-Russland anbetrifft, bei uns sehr begrenzt. Es herrscht das Gefühl vor, dass offene Auseinandersetzungen, wie sie bei uns noch (siehe mich) möglich sind, eben in Russland nicht möglich sind. Dazu kommt, dass wohl Russland in seiner gesamten Geschichte bis heute sehr autoritär geprägt war, vielleicht auch anders der Staat auseinandergebrochen wäre.
Lg, CE
@costa esmeralda: Lieber CE, nein, Dein Google-Fund hat nichts mit meinem Roman zu tun.
Meine Thema würde Dir auch keinen Hinweis zum "Gesamteuropäischen Haus von P bis W" geben. Ich glaube übrigens nicht an diese Idee des gemeinsamen Hauses.
Ich schreibe ebenfalls nichts "aus den Fingern gesogenes", sondern selbst Erlebtes in der UdSSR und in der "unabhängigen" Ukraine...
LG - Anatole
@costa esmeralda:
Lieber CE, warum ist das Wissen über RUS begrenzt. Es gibt doch das Internet... Schau doch einfach mal in den "Sputnik", der ja in Deutsch erscheint.
Auseinandersetzungen zu politischen, philosophischen, gesellschaftlichen Themen laufen sehr wohl im russischen TV, zu denen übrigens auch regelmässig Leute aus dem durchaus nicht russlandfreundlichen Ausland kommen. Und die Gespräche sind sehr kontrovers! Und häufige Gäste dieser Sendungen sind auch die Mitstreiter Nemzows Guzman und Nadjeschin von der Parnas-Partei, die sich übrigens offziell Rechte Partei nennt - und NICHT verboten ist.
Das in RUS ein anderen Verständnis von Demokratie herrscht als in der BRD oder in den USA ist , denke ich, historisch und aktuell nachvollziehbar.
Und nenne mir doch ein Land, in dem echte Demokratie herrscht? Ich kenne KEINES.
Und ich finde es überheblich, wenn der Westen ständig denkt, er hätte die Weisheit der Demokratie mit Löffeln gefressen...
Meine Frau hat als DDR-Bürgerin wesentlich mehr über die BRD und die USA gewusst, als der normale Bürger dieser Länder über die DDR. Sie kannte die politischen Gegebenheiten und die Gegenwartsliteratur dieser Länder schon in ihrer Jugend.
Wer wollte, konnte sich damals und kann sich heute informieren. Heute noch viel unkomplizierter...
Aber die westliche Welt sonnt sich in ihrem Antirussismus!
LG in die Ferne zu Dir, CE von uns Russenverstehern
Lieber Anatole,
Das in RUS ein anderen Verständnis von Demokratie herrscht als in der BRD oder in den USA ist , denke ich, historisch und aktuell nachvollziehbar.
Und nenne mir doch ein Land, in dem echte Demokratie herrscht? Ich kenne KEINES.
Ist alles richtig. Ich gebe auch zu, dass ich mich zu wenig in Infos über Russland eingeklinkt habe. Was da heute an Diskussionen im Internet abläuft, ist sicher sehr spannend. Dass sich die westliche Welt in Antirussismus sonnt, stimmt auch. Alles sehr traurig. Aber gerade deshalb hätte ich den Gorbi-Vorschlag damals vom Gesamteuropäischen Haus erst einmal aufgegriffen, um zwischen Deutschland, Russland und Ukraine Freundschaftsverträge zu schliessen, wie wir das mit Frankreich gemacht haben. Ein jährlicher massenhafter Austausch von Zivilgesellschaften der drei Länder, vor allem der Jugendlichen, hätte sicher in 25 Jahren schon einiges bewirkt.
LG, CE