Im Restaurant "Los camisones", Pazifikküste

Borussia - Bayern Deutsche Fußball- und Polit-Giganten im CL-Finale aus panamaischer Perspektive

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Autsch, das tut weh! Muss das sein?

Es ist 12.30 pm. Um exakt 13.45 pm beginnt das CL-Endspiel Borussia gegen Bayern. Ich schmeiße mich in die Badehose, um noch eine Runde am Strand zu laufen und kurz in den Wellen des Pazifik zu toben, bevor ich mich, schwitzend und ein wenig außer Atem vor der Glotze einrichte und mir das Fußballereignis reinziehe. Normalerweise hat die Kombination Fußball und Glotze bei mir wenig Chancen. Heute aber doch: Vor allem, mir scheint der Kampf der Giganten dem Duell Angela gegen Peer zu gleichen, d.h. Angela in der Bayern-Rolle, Peer in der Borussia-Rolle. Ein Insider-Blogger aus Berlin meldete: Angela hätte sich inkognito mit Ackermann, Hoeness, Beckenbauer und einigen anderen Steuerflüchtigen und Kapitalvertretern ein verschwiegenes Hinterzimmer im piekfeinen Hotel Adlon am Brandenburger Tor reservieren lassen, um dem Bayern-Sieg beizuwohnen und auch schon einmal den Sieg bei der Bundestagswahl vorzutesten. Ein anderer Blogger aus dem Ruhrpott versicherte „eidesstattlich“, Peer sei zusammen mit Sommer und anderen DGB-Größen aus einer Thyssen-Krupp-Villa, wo gerade bei Champagnergenuss zart gebratenes Rehfleisch in Kräutersoße, mit einem Schuss Weißwein verfeinert, aufgetischt werden sollte, gewaltsam herausgezerrt worden, um mit arbeitslosen Kumpeln und HarzIVlern in einer vermieften Dortmunder Kneipe dem Sieg Borussias beizuwohnen und eine Runde Bier zu spendieren. Auch hätte Gas-Gerhard aus Moskau putinsche Currywurst mit Brötchen einfliegen lassen. Schließlich müsse sich Peer wenigstens einige Male vor der Wahl in die ansonsten gemiedenen Gefilde der deutschen Niedrigverdiener und Tafelgäste hineinmogeln. Und das mit anständigem Presseaufgebot, damit auch die hinterste deutsche Ecke etwas von der Sorge der SPD-Politiker ums Volkswohl mitbekäme.

Meine sorgfältige Planung wird jäh durcheinandergebracht. Spanische und französische Bekannte kommen hereingeschneit, um mich zum Essen in das Restaurant „Los camisones“ (riesige, lange Hemden, bzw. Nachthemden) einzuladen. Mein erster Gedanke: Nachthemden für Angela und Peer sind ja schon mal nicht schlecht. Damit könnten sie sich sogleich aus der Politik verdünnisieren. Aber ein packendes Fussball-Duell zwischen der Kumpel-Mannschaft und der CSU-Strauss-Hoeness-Beckenbauer- und Promi-Zocker-Parvenü-Mannschaft dürfte ich doch nicht verpassen.

Besuch hin und her, ich kann mich der Einladung nicht verweigern. Folglich fahren wir noch zwanzig Kilometer von Costa Esmeralda in Richtung Costa Rica an der Pazifikküste entlang, bis wir zu „Los camisones“ kommen. Wenn Angela und Peer doch erst in Nachthemden die Kurve gekratzt hätten, dann hätte ich auf tausend Spiele Borussia gegen Bayern gepfiffen. Aber so kann das Schicksal manchmal brutal zuschlagen: Kein Fußball, dafür aber schaufelweise Angela und Peer im Kopf.

Zusätzliches Pech will es, dass unter dem offenen Restaurantdach nur noch Tische hinter dem großen Fernsehbildschirm frei sind. Ich fühle mich regelrecht ausgetrickst. Aber bei gutem Maracuja-Saft und einem Dorade-Filet kann man es leidlich aushalten. Auf dem Bildschirm wird ein Geburtstagsständchen für Kinder aus der „Nationalen Oligarchie“ gespielt. Vor dem Restaurant parken die neuesten BMW-, Audi-, Mercedes-Karossen um die Wette mit japanischen und US-Marken. Selbstverständlich alle mit Vierradantrieb. Die Knete aus der Ausbeutung des Volkes, der Geldwäsche und allgegenwärtigen Korruption muss schließlich den Untertanen gezeigt werden und in der Sonne blinken. Dazu passend präsentiert sich auch der umliegende parkähnlich angelegte Garten in tropischer Verführung.

Dann aber wird es mit einem Mal merkwürdig still unter den Gästen. Vom Fernseher her ertönt Gejohle. Ich ahne etwas und entschuldige mich, ich müsste einmal verschwinden. Wohin? Na, kein Geheimnis. Die Toilette liegt so, dass ich zwangsweise am TV-Schirm vorbeimuss. Und siehe da. Mein Instinkt hat mich nicht betrogen. Es wird der Beginn der zweiten Halbzeit zwischen Borussia und Bayern angezeigt.

Mein Gang zwischen den Tischen ist verhalten. Ich muss fingieren, jede Sekunde ausnutzen, um mich auf den laufenden Stand des Fußballspiels zu setzen. Es steht noch Null zu Null. Ich atme tief ein. Gottseidank liegt die Bayern-CSU-Hoeness-Wursttruppe noch nicht mit etlichen Toren vorn. Noch hat Borussia, die eindeutig meine Sympathien besitzen, eine Chance auf den Sieg. Zurück am Tisch wollen meine Bekannten aus Höflichkeit zwar auch über den innerdeutschen Kampf informiert werden, sind aber nur leidlich interessiert.

Inzwischen habe ich jedoch ein Mittel gefunden, mit dem ich mich jederzeit auf den letzten Stand des Spieles hieven kann, ohne auch nur einen Blick auf den TV-Schirm werfen zu müssen. Die übrigen Gäste des Restaurants vor der Glotze beginnen, ihr Essen nur mit Verzögerung und allerlei irrenden Bewegungen in den Mund zu schieben. Dabei bleibt ihr Mund zumeist geöffnet, unabsichtlich fallen Essensbrocken auf den Teller zurück, die Augen sind weit geöffnet. Was fehlt, ist nur noch der von den Gästen ausgehende Geräuschpegel. Der kommt jedoch um so lauter aus dem Fernseher herüber. Wenn ich mir die Gesichter betrachte, habe ich das Fußball-Geschehen im Wembleystadion im perfekten Spiegelbild. Mein Fußballnachmittag ist gerettet und auch die Konversation mit den Bekannten verläuft in aller Harmonie. Hatte ich sie in der Haustür noch verwünscht, so sind sie mir jetzt richtig willkommen, wie es sich gehört.

Die drei Tore in den letzten dreißig Minuten habe ich allerdings nicht genossen, wie gewünscht. Robben hat das vermasselt. Musste er das zweite Bayerntor machen? Ich hatte schon auf Unentschieden, Verlängerung und Elfmeterschießen mit positivem Ausgang für Borussia gehofft. Andererseits ist die Angela-Peer-Auseinandersetzung mit Ergebnis zugunsten der Ersteren und Bayern nur folgerichtig. Die 150-Jahrfeier der SPD sollte nicht mit einem Bundeskanzler Peer gekrönt werden. Das würde tatsächlich bedeuten, den Bock zum Gärtner zu machen. Dann schon lieber „Mutti-weiter-so-rein-in-die-Krise“, zusammen mit den nach Posten gierendenden Grünen als Juniorpartner, bis die nationale und Euro-Katastrophe den Untertan-Bürger aus seiner Lethargie aufscheucht und ihm Beine macht. Vielleicht können wir dann Angela mitsamt ihrem TOTSPARDIKTAT und Peer mit seiner heuchlerischen "Armen-Sympathie" doch noch die Nachthemden überstülpen und sie in die „verdiente“ Pension jagen, um daranzugehen, Deutschland sukzessive von einer Bundestags-Parteien-Diktatur in einen Bürgerstaat zu wandeln.

Für Borussia wünsche ich mir ein noch erfolgreicheres Fußballjahr 2013/14, als es das vergangene schon war. Wenn nur Klopp endlich seinen Bart abrasieren würde, oder will er Brad Pitts Ziegenbockbart noch übertrumpfen? Sollte etwa der Bart der weiblichen Fan-Gemeinde geschuldet sein? Nun denn, jedem das Seine und der dFC noch einen schönen Sonntag!

LG, CE

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Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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