Landraub?

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Wenn Investoren Land auf Kosten Dritter erwerben, spricht man von Land Grabbing. Nun beleuchtet ein Zusammenschluss internationaler Forschungsinstitute und Organisationen dieses Phänomen in einer Studie, darunter zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie das Interdisziplinäre Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) der Universität Bern. Darin bestätigen die Autoren der Arbeit viele der Vorwürfe gegen das Land Grabbing. Vorteile für die lokale Bevölkerung gäbe es nur selten. Die Kapitalanleger stammen überwiegend aus China, den USA, Malaysia und Großbritannien.

Häufig würden Flächen verkauft, die bereits von Kleinbauern genutzt werden. Dies führe folglich zu Konflikten. Auch zu Vertreibungen der Bevölkerung soll es kommen. Dennoch werden nur 27 Prozent des erstandenen Landes wirklich genutzt, schreiben die Autoren. Die Höhe der Entschädigungszahlungen sei sehr gering. Manchmal erhielten die Bauern sechs Eurocent pro Jahr und Hektar von Pächtern. Besonders beliebt bei den Investoren sei Afrika. Dort wurden etwa 56 Millionen Hektar veräußert. Vor allem arme Staaten wie der Sudan oder Äthiopien seien betroffen. Zum Vergleich: In Asien waren es ungefähr 18 Millionen und in Lateinamerika sieben Millionen Hektar. 66 Prozent der Fälle beträfen Länder, in denen die Menschen ohnehin häufig Hunger leiden müssten.

Auf den Äckern gedeihen in erster Linie essbare Kulturpflanzen. Sie machen 34 Prozent der Flächen aus. Daneben werden beispielsweise Kautschukplantagen oder Pflanzen für die Kraftstoffgewinnung angebaut. Die Erträge jedoch verbleiben nur selten in den Anbauländern. Meistens würden sie in die Heimatländer der Investoren exportiert. Seit dem vorläufigen Höhepunkt der Landerwerbe seien die Zahlen rückläufig. Ein Ende des Phänomens sehen die Forscher allerdings nicht. Da Wasser und Energie immer kostbarer wird, würde es auch attraktiv bleiben, die Landwirtschaft in andere Länder zu verlagern. Schon heute existieren nach Ansicht der Wissenschaftler Hinweise auf eine Verschärfung der Wasserknappheit in den Zielländern infolge des Landerwerbs.

Für ihre Arbeit analysierten die Autoren seit dem Jahr 2000 über 1200 Landverkäufe weltweit. Zusammen genommen, sind es circa 83 Millionen Hektar – eine Fläche, die mehr als dem Doppelten von Deutschland entspricht. Oder anders ausgedrückt: 1,7 Prozent der globalen landwirtschaftlichen Fläche. Zusätzlich wurden die Ergebnisse in einer Datenbank namens Land Matrix veröffentlicht. Erfasst wurden Verkäufe, Verpachtungen und Konzessionen für Ländereien mit einer Fläche von 200 Hektar oder mehr. Gleichwohl geben die Forscher zu bedenken, dass ein großer Mangel an Transparenz bei den Geschäften herrsche. Dies erschwere eine Einschätzung des tatsächlichen Ausmaßes des Land Grabbing.

Deutsche Investoren haben laut der Land Matrix fast 500000 Hektar Land gekauft. Darunter die JatroSolutions GmbH mit 3000 Hektar in Madagaskar für die zur Gewinnung von Biodiesel verwendete Jatropha-Pflanze. Hauptanteilseigner des Unternehmens ist die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW). Außerdem habe DWS GALOF in Tansania 5000 Hektar für den Anbau von Gerste und Weizen erworben. Zudem erstand die Fondsgesellschaft 27000 Hektar in Sambia für einen unbekannten Zweck. Die DWS gehört zur Deutschen Bank.

Grafiken (z.B. zur Anzahl der weltweiten Geschäfte nach Ziel-Regionen) und weitere Infos zu diesem Thema finden Sie bei Wissenschaft und Schreie.

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Geschrieben von

cyberling

Wissenschaft kompakt. Themen: Energie, Ernährung, Klima,Medizin, Psychologie, Tiere,Umwelt & Wirtschaft.Zuvor veröffentlicht auf Wissenschaft&Schreie.

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