Lebensmittelkonsum – nicht immer appetitlich

Ernährung Jeglicher Konsum von Lebensmitteln geht mit negativen Folgen für die Umwelt einher. Tierische Produkte schneiden hier besonders schlecht ab.

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Teil 2 der Serie „Umweltgutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen 2012"

Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)[1] in seinem aktuellen Gutachten. So erfordere die Herstellung tierischer Lebensmittel wesentlich mehr Fläche pro Kalorie und sei durchschnittlich bedeutend umweltbelastender als pflanzliche Produkte. Angesichts der steigenden Weltbevölkerung und den erheblichen Umweltauswirkungen der Intensivlandwirtschaft würde eine globale Ausweitung unseres westlichen Konsums „die Tragfähigkeit der Erde überlasten“ . Daher empfiehlt der SRU die Lebensmittelverluste um mindestens die Hälfte zu verringern bis zum Jahr 2025. Zudem „muss“ der Verzehr tierischer Eiweiße reduziert werden. Dies wäre auch der Gesundheit dienlich. Saisonale Produkte aus extensiver, heimischer Herstellung seien zu bevorzugen, zum Beispiel aus der Biolandwirtschaft.

Etwa 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland diene der Herstellung tierischer Nahrungsmittel. Demgegenüber stehen laut Sachverständigenrat ungefähr 30 Prozent für pflanzliche Produkte. Der Unterschied ergebe sich vor allem daraus, dass 89 bis 97 Prozent der Energie im Futter bei der Fütterung verloren ginge. Bezogen auf die Proteine seien es 80 bis 96 Prozent.

Die biologische Vielfalt leide ebenfalls stark unter dem Lebensmittelkonsum. Seit Anbeginn der Landwirtschaft habe der Mensch 70 Prozent des Graslandes, 50 Prozent der Savannen, 45 Prozent der Wälder in der gemäßigten Zone und 27 Prozent der Tropenwälder in Äcker und Weideflächen umgewandelt. Auch wenn die Landwirtschaft ursprünglich zur Schaffung und Erhaltung neuer Lebensräume beigetragen hat, so sei sie durch ihre Intensivierung mittlerweile weltweit eine der Hauptursachen für Verluste der Artenvielfalt. Zudem werden der Wasserhaushalt in etlichen Regionen negativ verändert, Gewässer durch Pestizide sowie übermäßige Nährstoffzufuhren belastet und der Boden geschädigt oder gar zerstört. Auch hier hätte die Herstellung tierischer Produkte durchschnittlich bedeutend mehr Umweltfolgen. Die intensive Landwirtschaft beraube sich ihrer eigenen Grundlage: der biologischen Vielfalt. Sogar bei den Nutzpflanzen und -tieren mache sich das bemerkbar. Weltweit fuße die Ernährung auf jeweils circa zehn Kulturpflanzen und Tierarten. In den vergangenen 100 Jahren sei die landwirtschaftliche Vielfalt um 75 Prozent gesunken.

In Deutschland werden 16 bis 22 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zugeschrieben, nach dem Umweltgutachten des SRU. Gut 70 Prozent davon gehe auf das Konto der Herstellung tierischer Lebensmittel.

Bedenkt man alle beispielhaft aufgeführten Konsequenzen des Lebensmittelkonsums, erscheint das Folgende umso unverständlicher: Etwa 180 Kilogramm pro Person und Jahr werden in der Europäischen Union verschwendet, schreibt der SRU. Dabei seien noch nicht die landwirtschaftlichen Produktionsverluste einbezogen worden. Der Hauptanteil falle mit 42 Prozent auf die Haushalte. Das entspreche 565 Euro pro Jahr und Haushalt. Darauf folge das verarbeitende Gewerbe mit 39 und der Dienstleistungssektor der Lebensmittebranche mit 14 Prozent. In Deutschland sollen die Haushalte für 61 Prozent verantwortlich sein. 65 Prozent davon hätten sich teilweise oder gänzlich vermeiden lassen.

Lebensmittelverluste entstehen laut SRU beispielsweise durch missverstandene Haltbarkeitsdaten, schlechte Einkaufsplanung, falsche Lagerung, Überproduktion oder eine zu geringe Wertschätzung der Produkte. Um eine Reduktion jener Verluste zu erreichen, plädieren die Forscher für eine gesetzliche Änderung der Haltbarkeitsdaten auf Verpackungen. Ferner müsse das Ziel der Verringerung um mindestens 50 Prozent politisch verankert werden. Um dem hohen Konsum tierischer Lebensmittel in Deutschland entgegen zu wirken, raten die Wissenschaftler der Bundesregierung zur Abschaffung des verminderten Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte. Die Einführung einer Fettsteuer nach dänischem Modell solle überprüft werden, wenn sie in Dänemark zu Erfolgen führt.

Veranschaulichende Diagramme zum Flächenbedarf und den Treibhausgasemissionen finden Sie auf Wissenschaft und Schreie.


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[1] Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, kurz SRU, ist eine Expertengruppe, die die Bundesregierung in umweltwissenschaftlichen Fragen beraten soll. Alle vier Jahre erstellt die Gruppe ein Gutachten. Hinzu kommen Sondergutachten zu speziellen Themen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ernennt unter Zustimmung der Bundesregierung die Ratsmitglieder für jeweils vier Jahre. Berufen werden Professorinnen und Professoren unterschiedlicher Fachrichtungen. (SRU 2008)

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Geschrieben von

cyberling

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