Iran: Elite-Studenten in Hinrichtungsgefahr

Hilferuf aus dem Iran – Verhaftungswellen im Iran inmitten der Coronakrise unter dem Vorwand der „Verschwörung von Feinden“ – dringender Aufruf zur Freilassung von inhaftierten Elite-Studenten

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Das iranische Regime nutzt die Krise um den Coronavirus, um Massenverhaftungen von Oppositionellen unter dem Vorwand der „Verschwörung von Feinden“ zu verfolgen. Das aktuelle Beispiel der Verhaftungswelle, die in den letzten Wochen durch den Iran rollt, betrifft mindestens 20 Personen, darunter einige Studenten der technischen Universität von Sharif, in der hochbegabte Iraner ausgebildet werden.

Einer der inhaftierten Personen ist Ali Youseni. Er gewann 2018 bei der internationalen Olympiade für Astronomie und Astrophysik die Goldmedaille und war auch in nationalen Wettbewerben 2016 und 2017 sehr erfolgreich.

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Am 10. April waren plötzlich er und sein Kollege Amir Hossein (gewann 2017 bei der Olympiade in Astrophysik eine Silbermedaille) verschwunden und niemand wusste, wo sie sich befinden. Ali kam am selben Abend mit Spuren von Folterungen wieder nach Hause, doch einige Stunden später wurden er und seine Eltern verhaftet und unter der Folter verhört. Seit mittlerweile 26 Tagen befindet sich Ali Youseni nun in Haft.

Die Justiz des iranischen Regime gab erst jetzt ihre Inhaftierung offiziell bekannt, nachdem es in der Universität mehrere Tage lang Proteste gegen ihre Festnahme gab. Die Justiz wirft ihnen vor, Verbindungen zu der iranischen Hauptopposition der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK) zu haben, außerdem soll bei der Durchsuchung des Wohnsitzes von Ali und Amir angeblich Sprengstoff gefunden worden sein, hieß es in einer staatlichen Stellungnahme, was von Familienangehörigen vehement abgelehnt und als Falschmeldung bezeichnet wird.

Zeitgnah mit den beiden Elitestudenten wurden mindestens weitere 18 Personen, zumeist StudentInnen, verhaftet. Ihnen droht nun die Todesstrafe.

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Nach dem Volksaufstand im November 2019 sowie im Rahmen des steigenden Unmuts des iranischen Volkes über die fehlerhafte Politik des iranischen Regimes bei der Bewältigung der Coronakrise steigt die Angst des Regimes vor neuen Aufständen und Protestwellen im Land. So gab es Anfang April bereits mehrere Aufstände in iranischen Gefängnissen, nachdem dort Insassen gegen fehlende Schutzmaßnahmen und steigende Infektionszahlen sowie schlechte Haftbedingungen protestiert hatten. Das Regime reagierte auf die Angst der Insassen vor einer Infektion mit dem Coronavirus mit Gewalt und ließ dabei mehrere Gefangene erschiessen und hinrichten, darunter auch einen Häftling, der zum Zeitpunkt der Verhaftung unter 18 Jahren alt war, was unter internationalem Recht strikt untersagt ist.

Weiterhin rollt eine Verhaftungswelle im Iran wegen „der Verbreitung von Gerüchten zum Coronavirus im Internet“. Dutzende Bürger wurden verhaftet – unter anderem acht Personen in Shadegan - und ihnen mit mehrjährigen Haftstrafen gedroht. Zudem fanden in einem iranischen Gefängnis Massenhinrichtungen statt und der Plan zur Umsetzung öffentlicher Hinrichtungen wurde von den Behörden des Regimes beschleunigt.

Maryam Rajavi, die gewählte Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI), forderte den Generalsekretär der Vereinten Nationen, die Hochkommissarin für Menschenrechte und den Menschenrechtsrat sowie die internationalen Menschenrechtsorganisationen auf, dringend tätig zu werden, um die Freilassung der Verhafteten zu erreichen, sowie internationale Delegationen zum Besuch der Gefängnisse und zum Gespräch mit den Häftlingen zu entsenden.

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„Das religiöse Regime muss die Namen aller Verhafteten veröffentlichen; es muss ihre Rechte respektieren, so wie sie von den internationalen Abmachungen, denen es sich angeschlossen hat, formuliert werden. Folter und Mißhandlung politischer Gefangener sind wohlbekannte Verfahrensweisen dieses Regimes. Seit dem Aufstand von Dezember 2017 wurde eine bedeutende Anzahl von Häftlingen unter der Folter ermordet. Das Regime verschweigt und vertuscht das Schicksal dieser Häftlinge. Wenn es zu einer Aussage gezwungen wird, erklärt es, sie hätten Selbstmord begangen“, sagte Frau Rajavi in einer Stellungnahme.

Der iranische Widerstand fordert zudem die Europäischen Union und ihre Mitgliedsstaaten auf, die Verhaftung der Studenten zu verurteilen und ihre Freilassung zu fordern. Alle verhafteten Studenten stehen unter der dringenden Gefahr von Folterungen, Mißhandlungen und erzwungenen Geständnissen sowie ihrer Hinrichtung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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