Reformen im Irak

Politisches Erdbeben Scheinministerien werden aufgelöst und Kriegsverbrecher Maliki soll vor Gericht – Teheran lädt Maliki ein

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Geflohen? - Ehem. Iraks Prämierminister Maliki hält sich jetzt in Teheran auf (Foto: Baratha-news)

Der Irak ist eines der Länder, an denen am deutlichsten zu sehen ist, dass ein Eingreifen des Westens nicht immer positiv endet. Gut 12 Jahre nach der viel kritisierten Invasion des Irak durch die „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA zur Vernichtung vom früheren Machthaber Saddam Hussein und seiner angeblichen „Massenvernichtungswaffen“ ist das Land zerrissen von Terror, politischer Uneinigkeit und dem massiven Einfluß des iranischen Regimes im Land.

Nachdem der frühere Regierungschef Nuri al-Maliki durch den Bürgerkrieg und eine völlig desolate politische Struktur im Land den Posten räumen musste, räumt nun der neue Premier Haider al-Abadi auf und er bricht Tabus, die über ein Jahrzehnt mit Duldung des Westens (vor allem der EU und den USA) im Irak benutzt wurden, um den Schein einer Demokratie im Irak zu wahren, die diese schon lange nicht mehr war, denn der Irak befand sich schon lange vor dem Aufkeimen von ISIS auf dem Weg zu einer der brutalsten Diktaturen, welche langsam an die Verbrechen des iranische Regime heran reichte. Das Ergebnis dieser Diktatur waren die Volksaufstände der Kurden und der sunnitischen Stämme und später das Übergreifen der Terrorgruppe ISIS in den Irak mit unvorstellbaren Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten, denn auch die von Teheran unterstützten schiitischen Terrorgruppen wie die Badr Brigaden und andere verübten – von der Weltpresse unbeachtet – mindestens genauso schwere Menschenrechtsverletzungen wie ISIS im Irak.

Die Diktatur im Irak hatte jedoch einen zentralen Namen. Nuri al-Maliki. Ein hochrangiger Berater der US Regierung, der von Beginn an die Entwicklung von Maliki hautnah verfolgte, attestierte Maliki „ein paranoides Verhältnis zu den Sunniten, basierend auf seinen Erfahrungen unter der Baath Partei unter Saddam“, welches sein politisches Verhalten kennzeichnete. Maliki übernahm quasi alle wichtigen Posten des Landes und mordete als oberster Befehlshaber der irakischen Armee mit ihm direkt unterstellten Sondereinheiten sunnitische Politiker, Geistliche, Stammesführer und Hunderte politische Flüchtlinge aus dem Iran, die Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK), die zuvor über 25 Jahre friedlich im Irak lebten und welche durch Malikis Truppen mit Unterstützung aus Teheran drei große Massaker in Camp Ashraf (nahe Bagdad) und später vier Raketenanschläge (in Camp Liberty, nahe dem Flughafen von Bagdad) durch vom Iran unterstützte Milizen erdulden mussten. Der Fall der Volksmojahedin Iran im Irak ist nicht nur ein Sinnbild eines völlig verblendeten irakischen Regierungschefs und seinen Weg des Machterhalts über die brutalen Mullahs, sondern auch ein erbärmliches Armutszeugnis für die US, die EU und vor allem die Vereinten Nationen, die sie alle schützen wollten und dies auch mehrfach schriftlich und mündlich zugesichert hatten.

Schwere Menschenrechtsverletzungen an iranischen Dissidenten durch „Menschenrechtsministerium“

Mit an den Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren auch die sogenannten Ministerien „Frauenministerium“ und das „Menschenrechtsministerium“, wo Handlanger von Maliki saßen. Neben dem „Nationalen Sicherheitsberater“ verübten sie mit ihren Entscheidungen schwerste Menschenrechtsverletzungen und die Korruption hatte dort freien Lauf. Vor allem Teheran nutzte diese Scheinministerien, um seinen Einfluß im Irak auszubauen und rund 3500 iranischen Oppositionellen in Camp Ashraf über diese Ministerien zu diffamieren und zu schikanieren, damit Malikis Truppen unter dem blinden Auge des Westens und seiner Illusion der Demokratie im Irak dann ihre Massaker an den Dissidenten verüben konnten. Bis heute sind sieben als Geiseln genommene Mojahedin eines Massakers 2012 in Ashraf verschollen, Hunderte Mojahedin leiden an Verletzungen und sitzen immer noch im Irak und warten zu Tausenden auf ihre Verteilung in Drittländer.

Alleine für seine Taten an den iranischen Flüchtlingen gehört Nuri al-Maliki vor ein internationales Kriegsverbrechertribunal gestellt. Auch darauf zielen die Reformen des neuen Regierungschefs ab, denn all die Posten für Maliki dienten auch dazu, ihm Immunität vor der Verfolgung zu schenken.

Auch wenn es in der Verfolgung von Maliki im irakischen Parlament noch um die Menschenrechtsverbrechen in Mossul ging, so haben sicher auch seine Taten gegen die iranischen Volksmojahedin eine Rolle gespielt. Mossul gehörte zu einer der ersten Städte, die der ISIS quasi überrannte und wo das Versagen von Malikis Führungsstil deutlich wurde, doch es ist nur die Spitze des Eisberges eines Diktators, der in unvorstellbarem Ausmaß Foltern und Ermorden ließ und der terroristischen Milizen mit Duldung seiner Sicherheitskräfte Zugang verschaffte und iranische Söldner in wichtige Posten der Politik und Justiz hievte und damit das Land unweigerlich in den Bürgerkrieg riß.

Wo Abadis Reformen am Ende landen werden, wird sich zeigen. Teheran wird seinen eroberten Boden im Irak jedenfalls nicht freiwillig wieder hergeben. Nuri al Maliki wurde daher auch prompt vom obersten geistlichen Führer Ali Khamenei zu einer Veranstaltung in den Iran eingeladen. Der Irak sollte sehr genau schauen, ob ihnen ihr Diktator nicht bald durch die Lappen geht, vor allem auch, weil das iranische Regime nach den Atomverhandlungen nun wieder frei agieren kann, ungestört von der internationalen Gemeinschaft und internationalen Reiseverboten.

Das Einzige, was dem Irak jetzt noch helfen kann, ist das gnadenlose Aufräumen mit der Vergangenheit, der Willen zu einer nationalen Einheit der Stämme und politischen Gruppen beider Glaubensrichtungen und vor allem das Ausweisen und Verfolgen der Schergen aus Teheran. Nur dann wird ISIS aus dem Land bald verschwinden und nur dann werden Frauenrechte und Menschenrechte wieder in den Irak einziehen und die iranischen Dissidenten können in Ruhe in sichere Drittländer verteilt werden. Nur dann könnte der Irak in Richtung einer echten Demokratie gehen ohne aufgesetzte Demokratieversuche der Marke USA oder Republiken der Marke Iran.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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