Stockholm, Schweden — Nun stehen die 10 letzten Finalisten des Eurovision Song Contest fest. Zu denen gehört die Ukraine, die von der Sängerin Jamala mit ihrem umstrittenen selbst geschriebenen Lied "1944" vertreten wird.
"1944" soll an die Vertreibung der Krimtartaren durch das Sowjetregime erinnern. Der Text des Refrain wird selbst in krimtartarisch gesungen. Jamala selbst betont, dass das Lied ihrer Urgroßmutter gewidmet ist. Doch offenkundig ist ihr Lied eine Parabel auf die Krimkrise, das gestörte Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland und die Unterdrückung der Minderheiten durch russische Separatisten in der Krisenregion.
In einem Tweet von RT Deutsch wird die Frage aufgeworfen, ob der Eurovision Song Contest "großukrainische Tendenzen" propagiere.Schon unmittelbar nach dem ukrainischen Vorentscheid protestierten Mitglieder des russischen Parlaments. Sie pochten zuvor auf eine Disqualifikation des ukrainischen Beitrag, weil er zu politisch sei. Die EBU habe den Songtext überprüft und festgestellt, dass der Song den Regularien entspricht.
Die YouTube-Kommentare unter dem Video auf dem offiziellen Eurovision zeigen, wie "1944" berührt und polarisiert: "Hat jemand auch von euch Gänsehaut bekommen?", "Ich habe fast geweint", "Ich mag es nicht. Mir ist der Song zu manipulativ." Jamala gehört im Finale bei den Buchmachern zu den Topfavoriten.
Das Finale wird von der ARD und eurovision.de am Samstag, den 14.5. um 21 Uhr live übertragen. Erstmals wird der ESC online über eurovision.tv in internationaler Gebärdensprache übertragen.
Deutschland darf per Anruf, SMS oder App abstimmen.
Kommentare 11
Naja. Ich kriege auch eine Gänsehaut, aber nicht vor Rührung.
Ist nicht mein Geschmack, aber mit Sekt und Chips bin ich dabei. Schon allein aus nostalgischen Gründen, weil wir früher mit unseren Kindern die Sendung gern geschaut haben. Mein Tipp: Zweikampf zwischen Jamala aus Ukr. und Sergej Lazarev aus Ru.
http://www.promipool.de/artikel/esc-2016-das-sind-die-favoriten-auf-den-sieg-146794/
@Stine: der Zweikampf ist nicht ausgeschlossen, aber es wird wohl die eine oder andere Überraschung uin den Top 5 geben.
Seit 2012 zieht er das nun durch. Will er uns das etwa als Kultur verkaufen?
Ist doch schön, wenn es in diesen lausigen Zeiten irgend was mit Beständigkeit gibt. Dafür gilt dem Autoren Anerkennung.
Und lustig ist doch auch die Vorstellung einer Russisch-Ukrainischen Auseinandersetzung, die mit der denkbar schlechtesten Musik des Universums geführt wird. Wenn dann die Tränen der Rührung aufgewischt oder, für mich plausibler, die Relikte allzugroßen Ekels beseitigt sind, dürften Folgeschäden ausgeschlossen bleiben.
Hofft man jedenfalls.
Ich habe mich immer mal, und das wirklich aus Überzeugung, gegen jede Zensur ausgesprochen. Aber, da sich hier im Forum ja irgend wie jeder Mal irgend ein Gebot, eine Regelung oder ein Verbot wünschen darf - könnte ich das nicht auch machen?
Wenn alle Frauen durch Werbung mit spärlich bekleideten Fotomodellen beleidigt werden, mag sein, dass das so ist, werden dann nicht auch alle Menschen mit Ohren durch diesen Sängerwettstreit zu tiefst gekränkt?
Nur mal so als Frage.....
Solange sich freiwillig welche finden, die es machen (und dafür Knete bekommen) und es einige gibt, die sich das anschauen oder anhören, was will man da machen? Es wundert mich nur, warum er für diese Form von kommerzialisierter "Volksmusik" (andere Formulierungen verkneife ich mir) ausgerechnet auf dieser Plattform Werbung macht, denn anders kann ich das nicht sehen (die Inhalte lese ich nicht, mit einer Ausmahme).
Von Kind an (es gab damals andere Formen) habe ich eine Aversion gegen diese Art von versuchter Volksverblödung. Aber dagegen wird sich mindestens eine Stimme finden, die das völlig anders sieht.
Ja, für Geld.
Aber was habe ich nicht schon alles für Geld gemacht. Ich sage mal, außer Auftragsmord, Erpressung oder Menschenhandel.
Wobei nicht klar ist, ob mir letzteres wirklich geglaubt werden darf. Schließlich bin ich heterosexueller, weißer, westlicher Mann....
Das führe ich eher nicht weiter aus.
Warum er hier für diese Veranstaltung wirbt, weiß ich natürlich auch nicht. Schätze, das sich unsre Beurteilung kaum unterscheidet.
Ich denke aber, es ist in Ordnung dass er das macht und auch, dass er hier macht. Jedenfalls so lange ich an gleicher Stelle ungestört ätzen darf....
Werden dann nicht auch alle Menschen mit Ohren durch diesen Sängerwettstreit zu tiefst gekränkt?
Tja, die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und die Zeiten einer Art "kanonischen Kultur" und des "guten Geschmacks" sind vorbei und durch das Urteil des Marktes ersetzt.
Wobei allerdings auch dessen "unsichtbare Hand" ein vernichtendes Urteil über den Grand Prix "Song Contest" spricht, denn am Markt erfolgreiche Musiker beteiligen sich schon seit Jahrzehnten nicht mehr daran. Und ohne den massiven Vermarktungsaufwand würde sich wohl kaum jemand die Musik des ESC zumuten.
Womit wir wieder beim ursprünglichen Artikel wären und ein Paradebeispiel dafür haben, wie versucht wird, für Produkte Nachfrage zu schaffen, an denen eigentlich keiner Interesse hat. Der Versuch der politischen Skandalisierung (die auch noch im Sinne der in Westeurops veröffentlichten Meinung erfolgt und deshalb, äh, "den Regularien entspricht" ) ist aus Sicht der ESC-Macher auch ein netter Werbeeffekt.
Wenn man auf einer großen Tour selbst am Steuer sitzt, wird einem die Zeit gar nicht lang ... ;-)
Bin weit davon entfernt, Fan-Kreise zu stören und entsprechendem Freitag-Engagement in die Parade zu fahren. (Exakt – jetzt kommt das aber ;-)
Irgendwie klingt das alles gleich. Platz eins (Ukraine) und letzter Platz (Germany) sind weder vom Stück noch von der oberflächlich drübergekippten Ethnopop-Sauce noch vom vortragenden Act her für Außenstehende voneinander unterscheidbar. Insofern ausgleichende Gerechtigkeit – wenn auch im Schlechten. In Russland hat die Musik, die den ESC mittlerweile bestimmt, einen eigenen Namen – Popsa. Simpel gemachter Diskotheken-Pop mit viel Bass und Synthesizer – Hauptsache, es brettert. Was bei der ganzen Veranstaltung mittlerweile flächendeckend untergebuttert ist, sind die Entertainer der alten Schule – also Leute, die dem Metier Schlager zumindest einen persönlichen Touch verleihen.
Aus der Politik halte ich mich raus. Inwieweit die Political-Correctness-Fraktion (also das Anreichern von Schlagern mit korrekt erwünschten Aus- und Ansagen) den ESC bestimmt, ist bekanntlich schwerer zu analysieren als der Kaffeesatz in der Redaktionsstube des Berichts aus Berlin. Ebenso die Länder-Animositäten – also der Stand im Stellvertreterkrieg, der via ESC ausgefochten wird. Dass die beiden alten Blöcke (Nordwesteuropa mit Germany, Österreich, Luxemburg, Belgien, Holland und der chansonlastige romanische Block) auf dem Rückzug sind und die Osteuropäer den Krieg gewonnen haben, ist ja nun keine Neuigkeit.
So – jetzt hör’ ich auf zu mosern. Aber, Achtung: Auch zwecks Einheimsen von Analysen anderer lese ich hier mit.
Immerhin, dasmit der Skandalisierung hat doch ganz gut funktioniert? Übrigens, wie ich vorhin an anderer Stelle las, gegen das Votum des Publikums. Nun kenne ich mich mit den Regularien dieser bizarren Veranstaltung nicht aus und werde auch keine Ernergie aufwenden, mich mit ihnen vertraut zu machen. Aber so wie ich es verstanden habe, haben die Gremien das Publikumsvotum überstimmt?
Aber, ich schrieb es schon mal, wäre es doch sehr wünschenswert, wenn nationale Auseiandersetzungen nur noch dadurch ausgetragen würden, dass man sich gegenseitig mit der denkbar miesesten Musik des Universums bekämpft.
Klar, Sie haben schon recht: die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden Aber es kann nur Einen geben, einer wird aufgeben und unterliegen. Nur, es werden keine Leichenberge zurückbleiben. Schon beim Fußball wäre ich mir da nicht mehr so sicher.
Übrigens bin ich mir ziemlich sicher, dass dieser letzte Platz, den die BRD einfuhr, sehr wohl was mit der neuen Stellung, die Deutschland in Europa einnimmt, zu tun hat. Großfressig, dominant, alles dem eigenen Diktat unterwerfend, anderen die eigene Richtung aufzwingend, selber aber die geltenden Regularien im Alleingang permanent missachtend. Griechenland sei hier als Beispiel genannt.
Oder war der Beitrag deutschen Liedgutes wirklich so viel schlechter als der andere Trash, der geboten wurde? Glaube ich jetzt mal nicht. Hier konnte man uns mal zeigen, wie wenig man das mag, ohne die deutschen Bestien gleich wieder am Hals zu haben.