Die Ein-Punkt-Landung

AfD Deutet das Ergebnis der Anti-Euro-Partei auf eine neue Kraft rechts der CDU? Wohl eher nicht. Erst mal braucht sie Funktionäre
Ausgabe 39/2013

Der neuen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist eine Überraschung gelungen. Mit ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag war nicht zu rechnen gewesen. Umso erstaunlicher ist es, dass sie ihn so knapp verpasst hat. Letztlich hat vielleicht nur die höhere Wahlbeteiligung ihren Erfolg verhindert, wie sie den Misserfolg der FDP mitverschuldet haben mag. Aber woher kommen die 4,7 Prozent für die Anti-Euro-Partei?

Umfragen wollen ergeben haben, dass viele AfD-Wähler ihre Entscheidung erst in den letzten Tagen vor der Wahl getroffen haben. Mag sein, weil in der Öffentlichkeit in Ermangelung anderer Spannungsmomente am Ende des Wahlkampfs die AfD plötzlich auffällig stark thematisiert wurde. Dieses Wahlverhalten klingt nicht nach tiefsitzender Überzeugung oder sorgfältiger Prüfung der Motive. Wenn die Erklärung denn stimmt.

Aber vielleicht stimmt sie gar nicht. Man muss den AfD-Wählern die Ernsthaftigkeit ihrer Wahlentscheidung nicht absprechen. Aber die Herkunft dieser Wähler aus sehr unterschiedlichen politischen Lagern deutet darauf hin, dass hier vor allem von einem Punkte her – dem ungeliebten Euro – eine Entscheidung getroffen wurde. Da könnte für manchen die Wahl der AfD gleichbedeutend gewesen sein mit dem Griff nach der Notbremse in der Bahn. In den übrigen politischen Fragen bliebe der eine oder andere gern dort, wo er bisher war: bei der FDP, bei der CDU, bei den Linken.

Noch ist die alternative Partei um Bernd Lucke im Kreis der etablierten Parteien nicht angekommen. Könnte ihr das demnächst gelingen? Nun sind, wie Mark Twain sagte, Vorhersagen immer eine unsichere Sache, besonders solche in die Zukunft. Aber man kann jetzt schon bedenken, was die AfD noch auf die Beine stellen muss, um auf Dauer mit den anderen Parteien zu konkurrieren. Es ist dies eine leistungsfähige Funktionärstruppe.

Ohne Funktionäre kann eine Partei nicht funktionieren. Die erfolgreichsten Parteineugründungen nach dem Zweiten Weltkrieg konnten da auf erfahrene Ältere zurückgreifen. Bei der CDU waren das die Zentrumsleute aus den bewegten zwanziger Jahren. Zwar trat damals die rein katholische Partei noch eigenständig an. Aber viele aus ihren Reihen waren nach den Erfahrungen mit der Hitler-Diktatur von der Notwendigkeit einer überkonfessionellen christlichen Union überzeugt und gründeten daraufhin die CDU.

Den Grünen, zunächst ein bunter Haufen mit unterschiedlichsten ökologischen und gesellschaftspolitischen Ideen, stieß mit einsichtig gewordenen Leuten aus K-Gruppen, alternativen kommunistischen Parteigründungen der siebziger Jahre, dasselbe Glück zu. Jürgen Trittin war so einer, aber auch Winfried Kretschmann.

Sie wussten, was Disziplin ist und wie man sie herstellt. In den ersten Jahren wirkten die Parteitage der Grünen oft wie chaotische Versammlungen. Aber bei wichtigen Abstimmungen ergaben sich zuverlässig betonharte Mehrheiten für die gern unauffällig bleibenden Parteiführer. Es dauerte nicht lange, da war von den das Parteiensystem revolutionierenden Vorstellungen der Grünen nichts mehr übrig geblieben. Im vergangenen Bundestag war es der Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin, der am krassesten die einst bei den Gründern der Grünen verhasste Figur des Berufspolitikers verkörperte. Und Winfried Kretschmann ist heute Ministerpräsident in Baden-Württemberg.

Da haben die neuen Alternativen noch viel vor sich. Über die Frage, wo sie ihre künftigen Funktionäre hernehmen sollen, wird inzwischen nicht nur in CDU-Kreisen arbeitnehmerfreundlich gewitzelt: Bei den Liberalen seien ja jetzt viele auf Jobsuche. Man spricht von 300. Die könnten nun bei der AfD anheuern. So groß wäre die Umstellung nicht.

Würde so mit der AfD eine Partei rechts von der Union heranwachsen? Das kann man aus ihrem Programm heraus nicht eindeutig beantworten. Dass hier die Ablehnung des Euro massiv mit Sorgen um das Wohlergehen Deutschlands und der Deutschen verbunden wird, klingt zwar wie ein nationales Programm, ist aber noch nicht rechts. Das Führungspersonal – Lucke, Adam, Gauland – lässt nicht auf Rechtstendenzen schließen. Und wo sollten die Rechten bei der AfD herkommen? Die NPD bleibt die NPD, die FDP die FDP und die Linken wie die CDU-Abtrünnigen werden in der neuen Parteiformation gewiss nicht zu Rechten.

Also: vorläufig Entwarnung. Einstweilen ist Alarmismus schädlicher.

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