Generation der Zwanzigjährigen

20 Jahre Freitag Nicht nur der Freitag hat Geburtstag. Bloggerin Cassandra zieht ein Resümee

Jüngst stolperte ich über das 20-jährige Bestehen des TV-Senders Arte, von dem ich damals, genauso wie von der deutschen Wiedervereinigung, nichts mitbekam. Und zwar deshalb, weil ich erst an dem auf die Einheit folgenden Freitag zur Welt kam. Freitag. Ende der Woche, der Letzte macht das Licht aus.

Deutschland war eins, die Besuche meiner Eltern in den Osten der Republik wurden spärlicher, als sie es vor der Wiedervereinigung gewesen waren. Weil man jetzt durfte? Weil die Kinder da waren? Weil...? Wer weiß. Beziehungen, die, so hatte man sich es vorgenommen, erst richtig beginnen sollten, liefen aus. Meine Eltern bedauern diesen Umstand wahrscheinlich. Ob die Politik auch so manches bedauert? Scheinbar gab es zumindest einige nicht ganz unbedeutende Kleinigkeiten, die nicht ideal verliefen. Wozu sonst eine Ost-West-Zeitung?

Zusammenwachsen

Wenn man heute im Westen aufwächst, um dann in den Osten zu ziehen, der nicht Berlin ist, wird man schräg angeschaut. Das Ziel einer Zeitung, „das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten kritisch und konstruktiv zu begleiten“, wie es bei Wikipedia über die Gründung des Freitag vor 20 Jahren heißt, kann also nicht ganz verkehrt gewesen sein. Nur, sagt mir ein erfahrener Freitag-Leser, sei ich dafür zu spät. Heute trägt die Zeitung nicht mehr Ost-West in der Unterzeile, sondern „das Meinungsmedium“.

Die Einheit, ich, der Freitag: Wir sind gerade erst in dieser Reihenfolge 20 Jahre alt geworden. Ich sehe trotz aller Widrigkeiten keinen von uns auf der Parkbank enden. Vielleicht, weil ich den Freitag erst seit eineinhalb Jahren kenne. Nichts ist tödlicher als Abgeklärtheit, die Gewissheit, dass es sowieso nur noch bergab gehen kann. In gewissen Fällen sollte man jugendliche Naivität, die auch immer die Hoffnung des Möglichen impliziert, das ausgebliebene „Aber!“ ,als Geisteshaltung auffassen. Denn erst dann sieht man nicht nur, was zum Untergang führt, sondern auch, wo Potentiale liegen.

Auf Augenhöhe

In der Printbranche geht das Gespenst der schwindenden Auflage um. Die Schuld gibt man dem Leser, der im Netz liest und Unfug schreibt, statt zu kaufen. Wo manches Blatt möglicherweise bald eingeht, wünsche ich dem Freitag, dass er, wie vor 20 Jahren, da anfängt, wo andere bereits ins Wochenende gehen. Dass er nicht nur so weit umdenkt, wie er es für Trend und Finanzen zu müssen scheint. Dass er ohne ambivalentes Zögern sein Konzept weiterentwickelt, das aufgrund der Möglichkeit eines gleichwertigen Austauschs zwischen Bloggern, Lesern und Redakteuren die idealen Voraussetzungen für einen linken Diskurs bietet. Denn je eher man auf Augenhöhe aufgenommen wird, desto eher investiert man auch gern mehr – geistig wie finanziell.

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