Nachrichten aus Laputa

Freitag 10/2009 Ein seltsames Volk von Wissenschaftlern bewohnt die fliegende Insel Laputa, erstmals auf Gullivers dritter Reise von Jonathan Swift entdeckt. Hier die neusten Nachrichten

Der unverhohlene Spott, mit dem Gullivers Reisebericht die wissenschaftsliebenden Bewohner Laputas belegt hat, ist kränkend und auch ungerecht angesichts ihrer intellektuellen und technologischen Errungenschaften — mit etwas Phantasie darf man ihnen sogar schon 1726 die Erfindung des I-Phones unterstellen. Wir vom Freitag jedenfalls schenken den Gelehrten und Literaten mit Freuden ein offenes Forum. UK

***

Lösungen

(energiegedicht,

auch circulus energeticus)

der ganze wasserstoff verrostet

alt und verbrannt!

der soll die welt jetzt retten?

aus seiner oxydierung müsste man ihn erst befrein!

und wie das geht?

mit energie!

die kriegen wir aus wasserstoff

Franz-Paul Hammling

***

Überfällige Erfindungen

Letztens im Museum schaute ich mir Keilschriften an. Hunderte von Strichen, eingeritzt oder sogar gemeißelt. Wir bewundern die Leistungen derartig geduldiger, vergangener Kulturen, sind selbst aber praktischer begabt. Als ich auf die Straße trat, erkannte ich meinen Irrtum.

Rundum simste man. Gerunzelte Stirn, kein Blick mehr für irgendwas, nur die unglaublich mechanische Bewegung eines Fingers. Daumenklick. Hektisches Löschen, und wieder von vorn.

Schluss jetzt mit diesem kritiklosen Einknicken der Daumenklickgeneration vor den unfertigen Geräte-Versuchshäschen, die die ältere Generation, meine, der Menschheit vorsetzt. Überfällig die Erfindung der automatischen Wortübertragung vom Hirn ins Handy. Nie mehr möchte ich ein Telefon, dessen Worterkennungsprogramm ein „meines“ erzeugt, wenn ich „meiner“ denke. Nie mehr möchte ich für ein „s“, das ich ohne Automatik eingebe – was ich oft tue, denn dauernd muss ich das Lexikon erweitern – viermal tippen müssen.

Es darf doch nicht wahr sein, dass Schreiben so kompliziert ist. Oder?

Ulrike Draesner

***

De profundis

In den Vorstandsetagen der Banken herrscht blankes Entsetzen. Das Gehalt schrumpft, und die Zulagen sind futsch. Die Wortführer der marktradikalen Ökonomisierung der deutschen Hochschulen müssen hingegen die Wirtschaftskrise nicht fürchten. Man ist Professor auf Lebenszeit, Pensionsanspruch inklusive. Lauthals verkündeten die verbeamteten Oberreformer von ihren Kathedern und in Talkshows die neue Lehre: statt Breitenbildung Exzellenzinitiative, statt Fächervielfalt Schwerpunktbildung, statt Studium für alle Studiengebühren, statt Demokratisierung Hierarchisierung. Ergebnis: Die deutsche Universität ist nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Ein paar Institute schwimmen in Geld, die meisten aber darben. Hier wird Geld verschleudert, dort über Jahre Gewachsenes kaputt gespart. In den Hörsälen ist die Stimmung fast so schlecht wie bei Opel. Aber die happy few erfreuen sich ihrer Boni: Man genießt die neue akademische Freiheit, jettet von Einladung zu Einladung, vergräbt sich in exklusiven Einrichtungen und verabschiedet sich für fünf Jahre aus der universitären Lehre. Auch hier profitieren einige wenige schamlos von der großen Umverteilung. Nur gemerkt haben es noch nicht allzu viele. Stefan Rebenich

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden