Demonstration ad absurdum

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Nein, ich wollte mich zur Causa Guttenberg nicht mehr äußern. Es ist alles gesagt und geschrieben worden. Pro und Contra, Contra und Pro, getürkte Umfragen, Treuebekundungen auf Facebook und schließlich der von Theo selbst Hollywood-reif inszenierte Abgang im Bendlerblock, wo einst der edle Oberst Graf von Stauffenberg im Widerstand gekämpft hatte. Vor meinem inneren Augesehe ich noch heute unseren geschiedenen Verteidigungsministerim gleißenden Lichtnach derRücktrittsrede die feudale Treppe in die Unsterblichkeit herauf schreiten. Auch dass scheinbar der Großteil der Bevölkerung schon irgendwie einmal geschummelt hat und eine gepimpte Doktorarbeit bei der familiären Doppelbelastung wohlwollend akzeptiert , möchte ich nicht kommentieren.

Dass heute jedoch vielerorts Demonstrationen für den Freiherrn angekündigt waren, hat dennoch neugierig gemacht. Köln hat den Karneval und Hamburg eine Demonstration, die ihres gleichen sucht. Wie sehen die Gestalten aus, die dem ehemaligen Verteidigungsministernoch immer untertänigst royal loyal das Händchen halten? Pünktlich um 12:55 Uhr stehe ich auf dem Hamburger Gänsemarkt und harre der der Dinge, die da kommen sollten. Außer einem Info-Stand der „Ärzte ohne Grenzen“ –mit oder ohne Doktortitel- cruisen nur die herkömmlichen Hamburger Wochenend-Shopper über den Platz.

Davon ausgehend,es habe sich mit der Demo pro Gutti von alleine erledigt, wollte ich gerade wieder gehen, als das „Hells Bells“ von ACDC erschallt, zu dem TG einst so schneidig und medienwirksam mit geklatscht hat. Beigenauem Hinschauen handelt es sich jedoch nicht gerade um Guttenberg-Befürworter, die den Platz mit einer mobilen Beatbox betreten. Es werden eifrig Papierschnipsel mit aufgedruckten Dr.-Titeln verteilt: zum selbst aussuchen und völlig umsonst. Ich bin jetzt Dr. jur und Dr. phil. Die Gegendemo bringt einige kreative Tranparente hervor:“ Ja zur Monarchie!“, „Für die Heiligsprechung von KTG!“, „BILD Dir Deine Fälschung“.

Die mittlerweile tröpfchenweise eingetroffenen „echten“ Gutti-Demonstranten sind verwirrt. Transparente mit Solidaritätsbekundungen werden eher versteckt als kampfessicher in den blauen Hamburger Himmel gestreckt, wo sich die zahlreich anwesenden Mediensowieso eher für die Inszenierung der Gegenseite zu interessieren scheinen. Die Verwirrung ist komplett. Dass soll Deutschlands größte Guttenberg-Solidaritäts-Bekundung sein? Endlich trifft auch die Junge UnionGesthacht ein, Organisator der Soli-Gutti-Demo, die jetzt krampfhaft mittels Megaphon versucht, ihre verstörten und aufgebrachten Schäfchen um sich zu scharen. Jetzt können die Transparente „Junge komm bald wieder“ und „Höchststrafe für Rufmöder!“ auch wieder ausgerollt werden. Das JU-Megaphon quäkt: „Wir sind hier, wir sind laut, die haben unseren Guttenberg geklaut.“ Das mit dem „laut“ist Ansichtssache, Sprechchöre hören sich anders an. Die bösen Gegendemonstranten haben binnen Minuten das Soli-Gutti-Areal unterwandert und fordern die Monarchie. Nicht unerwähnt sollte ein Vertreter des Vereins „Bayern in Hamburg e. V.“ sein, der eher aus Lokalpatriotismus eine feurige Rede für den Freiherrn hält.

Irgendwann weiß keiner mehr, was echt und was Plagiat ist. Eine rundum gelungene Veranstaltung . Hamburg Alaaf!!

http://www.hafentext.de/images/stories/Demo/monarchie.jpg

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