Südafrikas Weinbau bedroht - Bergbau oder Spekulation?

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Südafrikas Weinwelt ist in Aufruhr! Wie jetzt bekannt wurde, hat die staatliche Bergbaugesellschaft African Exploration, Mining and Financing Corp. (AEMFC) bereits vor einiger Zeit eine Konzession zur Exploration und späteren Ausbeutung von insgesamt 4.700 ha Land (eineinhalb Mal die Rebfläche des Rheingaus) in den Weinbaugebieten Stellenbosch und Durbanville Hills in unmittelbarer Nähe der Metropole Kapstadt beantragt - eine Konzession, die ihr von der südafrikanischen Regierung auch bereits provisorisch erteilt wurde.

Sollte bis zum Ablauf der äußerst knapp bemessenen Einspruchsfrist am 9. März nichts Entscheidendes passieren, würden wahrscheinlich einige der besten Weinbergsflächen des Landes enteignet, vernichtet und in Mondlandschaften verwandelt. Damit verschwänden gleichzeitig einige der prestigeträchtigsten Weine des Landes, die nicht zuletzt auch wertvolle Devisenbringer - die Weinindustrie ist eine der wichtigsten Exportbranchen des Landes - waren und sind. Konkret bedroht wäre beispielsweise der Spitzen-Rotwein Cobblers Hill des Weinguts von Gary & Kathy Jordan, deren gesamte Weinbergsfläche in dem ausgewiesenen und von Enteignung bedrohten Gebiet liegen, und die deshalb auch nicht zufällig an der Spitze der Protestbewegung stehen.

Neben den Weinbergen ist auch eines der wichtigsten Naturschutzgebiete der Kapregion, die Bottelary Conservancy, von den Plänen betroffen. Neben weiteren renommierten Weingütern ist diese auch Heimat einiger Hotel- und Resortkomplexe, die in Südafrikas Tourismuswirtschaft eine bedeutende Rolle spielen.

Obskure Bergbaupläne

Die Hintergründe des von der südafrikanischen Regierung geförderten Bergbauplans sind dabei mehr als obskur. Als Vorstandschef der AEMFC fungiert ein gewisser Sizwe Madondo, ein Mann, über den auch bei aufmerksamer Recherche praktisch keine biographischen Daten aufzufinden sind, und der bei Insidern als Vertrauter des südafrikanischen Präsidenten Zuma gehandelt wird.

Noch obskurer ist allerdings das Bergbauvorhaben selbst, denn das betroffene Gebiet gilt unter Experten nicht unbedingt als reich an Bodenschätzen - jedenfalls nicht reicher als Dutzende, wenn nicht Hunderte anderer, und deutlich unproblematischerer, Landschaften Südafrikas. Wer die Gegend kennt, kann allerdings nicht umhin, einen ganz anderen Verdacht zu hegen: Nämlich den, dass es bei diesem Manöver gar nicht um Bergbau, sondern um Grundstücks- und Immobilienspekulation geht.

Es reicht, sich einmal die genaue Lage des ausgewiesenen Gebiets anzuschauen: Nur 20 oder 30 Kilometer östlich von Kapstadt gelegen, grenzt es bereits heute unmittelbar wie eine Art grüner Gürtel an die ausufernde und weit gefächerte Vorortlandschaft des urbanen Molochs an. Bis dato war die unkontrollierte Urbanisierung der Cape Flats und der angrenzenden Hügellandschaften vor allem dort auf Widerstand gestoßen, wo sie die Stadtgrenzen zu überschreiten plante und dabei auf die kommunalen Rechte der Nachbargemeinden - u. a. das weltberühmte Weinbau- und Universitätsstädtchen Stellenbosch - traf. Da diese kein gesteigertes Interesse hatten, ihr landschaftliches, touristisches und damit natürlich auch wirtschaftliches Potenzial zu verspielen, setzten sie der ausufernden Urbanisierung quasi natürliche Grenzen.

Diese natürlichen Grenzen allerdings könnten jetzt durch die Bergbaukonzession - im nationalen Interesse (Arbeitsplätze!), versteht sich - ausgehebelt werden. In nur vier Schritten und wenigen Jahren wäre das für Immobilien- und Grundstückspekulanten so attraktive Gebiet "investitionsreif" zu schießen: 1) Man erteilt eine Bergbaukonzession und enteignet das Gebiet, 2) Man beginnt mit der Exploration, stellt aber 3) "leider" fest, dass Bergbau doch nicht rentabel zu betreiben ist und mus dann "gezwungenermaßen" 4) das Gebiet zum Schleuderpreis an Spekulanten weiterverkaufen.

Wer sich dem Protest gegen dieses absurde Projekt anschließen will, sollte die Facebook-Seite "STOP Mining our winelands!" besuchen, die allein in den letzten Tagen Hunderte neuer Fans in aller Welt gewinnen konnte!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Eckhard Supp

Journalist, Buchautor und Herausgeber von ENO WorldWine (www.enobooks.de)

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