Über Ausbeutung und Würde in der Arbeit

Arbeit In Berlin gibt es im November 2023 einen Dokumentarfilmreihe und Gespräche mit den Filmemacherinnen zum Thema "Arbeit": über entwürdigende Lohnarbeitsverhältnisse, Gegenwehr und Alternativen.

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Das Zusammenspiel von menschlicher Arbeit und Natur schafft die Grundlagen des Lebens. Jeder Mensch nutzt täglich die Ergebnisse der Arbeit von anderen, und viele fügen diesem Gemeinsamen selbst etwas hinzu. Dabei sind im Zuge der kapitalistisch dominierten Entwicklung die natürlichen Lebensgrundlagen immer mehr zerstört worden. Im Globalen Süden können Viele schon heute nicht mehr überleben, die Folgen sind jedoch zunehmend auch im Globalen Norden spürbar.

Ebenso systematisch zerstört werden arbeitende Menschen. V.a. die schwere körperliche, gesundheitsschädigende Arbeit wird immer weniger wertgeschätzt, bleibt oft unsichtbar – vor allem die Arbeit von Frauen und Migrant*innen. Wer nicht „nur“ Arbeit verrichtet, sondern dem Management kreativ zuarbeitet, soll dies unter vollem persönlichen Einsatz mit Engagement tun. So werden die Arbeitenden immer mehr den entfremdenden Arbeitsprozessen eingegliedert. In ausbeuterischen und entwürdigenden Lohnarbeitsverhältnissen werden ihre Körper vernutzt, ihre Seelen gedemütigt und die wunderbare menschliche Fähigkeit zu kreativer Tätigkeit wird missbraucht.

Das NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e.V. (NETZ BB) und docfilm42 e.V. möchten mit einer Reihe von Dokumentarfilmen zum Thema „Arbeit“ die Wertschätzung der Arbeitenden und ihre Würde in den Fokus rücken. Das NETZ BB ist ein kleiner Verein (alternativer Unternehmensverband), der eine umfassende Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft anstrebt und sich konkret mit alternativen Wirtschaftsformen und Solidarischer Ökonomie befasst. Der Verein docfilm42 wurde von Filmschaffenden gegründet, betreibt eine Plattform und Verweisportal für unabhängig produzierte Dokumentarfilme und setzt auf Vielfalt und Nonkonformität, um gesellschaflicher Diversität zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen.

Die Filme zeigen unterschiedliche Möglichkeiten der Gegenwehr gegen entwürdigende Arbeitsbedingungen durch die Arbeitenden selbst und durch solidarische Unterstützung – auch über nationalstaatliche Grenzen hinweg – an konkreten Beispielen. Damit möchte die Veranstaltungsreihe ermutigen und verschiedene Formen von Gegenwehr diskutieren. Dazu gehört auch, die Selbstermächtigung durch Selbstorganisation der Arbeit als eine Möglichkeit aufzuzeigen.

Darüber hinaus soll mit den Filmemacherinnen und Zuschauer*innen über grundlegende Fragen von Arbeit diskutiert werden. Zum Beispiel über den Sinn der Tätigkeiten und der mit der Arbeit hergestellten Produkte und die damit zusammenhängende Arbeitszufriedenheit, und über die ökologische Tragfähigkeit und die Frage der Legitimität von Produkten und Produktionsweisen, auch angesichts der Klimakatastrophe. Welche alternativen Perspektiven gibt es zu Ausbeutung und Entfremdung, was bedeutet beispielsweise Solidarisches Wirtschaften im und trotz des Kapitalismus? Was wären transformatorische Potenziale, um damit den Kapitalismus zu untergraben?

Die Impulse aus den Filmgesprächen sollen für weitere Auseinandersetzungen mit dem Thema „Arbeit“ nutzbar gemacht werden. Und nicht zuletzt soll auch die Arbeit engagierter Filmemacherinnen unterstützt werden, indem ihre Filme bekannter gemacht werden.

Die Filme und die Termine im November 2023

Die Veranstaltungen finden im Kino der Regenbogenfabrik in Berlin-Kreuzberg statt. Die Regenbogenfabrik ist ein kollektiv organisiertes Kinder-, Kultur- und Nachbarschaftszentrum, das aus einer Hausbesetzung 1981 entstand. Es versteht sich bis heute als Teil der Häuser- und Mieter:innenbewegung.

Anschließend an die Vorführung gibt es Filmgespräche mit den Filmemacher*innen.

Wie in der Regenbogenfabrik üblich ist der Eintritt frei, es wird jedoch um Spenden gebeten. Diese sind erforderlich, um die Raumkosten zu decken und auch die Arbeit der Beteiligten mit einem Honorar zu würdigen.

Die hinterlegten Links führen direkt zur Filmbeschreibung:

Mi. 01.11.2023, 20h

Regeln am Band bei hoher Geschwindigkeit

Ein Film über Leiharbeit und Arbeitsmigration am Beispiel osteuropäischer Arbeiter*innen in einem Schweineschlachtbetrieb, unterstützende Aktivist*innen und reflektierende Gymnasiast*innen.

92 min. / Deutsch, Rumänisch, Polnisch, Russisch (OmU / deutsche UTs) / Deutschland 2020 / Regie: Yulia Lokshina / Filmgespräch mit Yulia Lokshina, Moderation Susanne Dzeik (docfilm42)

(Mo 13.11.2023, 20h) Verschoben auf Mi. 06.12.2023, s.u.

Frauen bildet Banden – eine Spurensuche zur Geschichte der Roten Zora

Mo. 20.11.2023, 20h

Der laute Frühling – Gemeinsam aus der Klimakrise

Trotz UN-Klimakonferenzen und Aktionen von Klimaaktivist*innen nehmen die CO2-Emissionen weiter zu – wie können wir den Klimawandel aufhalten?

62 min. / Deutsch / Deutschland 2022 / Regie: Johanna Schellhagen / Filmgespräch mit Johanna Schellhagen, Moderation Elisabeth Voß (NETZ BB)

Di. 28.11.2023, 20h

work hard – play hard

Der Film beschäftigt sich mit den neuen Formen der Arbeitsorganisation und Methoden des Personalmanagements zur Optimierung der Leistung von Mitarbeiter*innen.

90 min. / Deutsch / Deutschland 2011 / Regie: Carmen Losmann / Filmgespräch mit Carmen Losmann, Moderation Eberhard Spreng (docfilm42)

Mi. 06.12.2023, 20h

Frauen bildet Banden – eine Spurensuche zur Geschichte der Roten Zora

Ein Film über die feministische Militanz der Roten Zora in den 1970er und 80er Jahren in der BRD, u.a. zur Unterstützung ausgebeuteter Arbeiterinnen in der Textilindustrie.

78 min. / Deutsch / Deutschland 2019 / Regie: LasOtras – FrauenLesben-FilmCollectif Berlin / Filmgespräch mit Christine Lamberty, Moderation Elisabeth Voß (NETZ BB)

Am 13.09.2023 wurde zum Auftakt der Reihe bereits der Film

Taste of Hope

im Rahmen des LETsDOK-Dokumentarfilmfestivals in der Regenbogenfabrik gezeigt.

1336 Tage war die Teebeutel-Fabrik in der Nähe von Marseille in Südfrankreich besetzt, weil der Mutterkonzern Unilever das florierende Unternehmen schließen wollte, und wird nun von den Arbeiter*innen selbst verwaltet.

71 Min. / frz. mit deutschen UT / 2019 / Regie: Laura Coppens / Das Filmgespräch mit Laura Coppens führte Eberhard Spreng (docfilm42)

Eine Filmbesprechung von Elisabeth Voß erschien in der Graswurzelrevolution 442 Oktober 2019 und im Schattenblick.

Ort: Kino der Regenbogenfabrik Lausitzer Straße 21a, 10999 Berlin.

Die Veranstaltungsreihe wird gefördert von der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt.

Hinweis zur Transparenz: Die Autorin dieses Beitrags ist als Vorstandsmitglied des NETZ BB selbst aktiv an der Veranstaltungsreihe beteiligt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

elisvoss

Freiberufliche Autorin, Journalistin, Vortragende und Beraterin zu Solidarischem Wirtschaften und Selbstorganisation in Wirtschaft und Gesellschaft.

elisvoss

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