Feministische Europäische Petition

Pressemitteilung Feminist Asylum: für die wirksame Anerkennung der besonderen Asylgründe von Frauen, Mädchen und LSBTIQA+ Menschen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt – insbesondere häusliche Gewalt, sexuelle Ausbeutung, Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, Menschenhandel, diskriminierende Gesetzgebung, Verstossung und Entzug der Kinder – sind besondere Gründe für Frauen, Mädchen und LSBTIQA+ Menschen, aus ihrem Land zu fliehen und in Europa Asyl zu suchen.

Fliehen, sich auf den Weg machen, bedeutet praktisch systematisch, entlang der Migrationsroute der Gewalt und der Ausbeutung ausgesetzt zu sein: sexuelle Gewalt durch Menschenschmuggler oder in Flüchtlingslagern, sexuelle Ausbeutung oder Zwangsarbeit, Menschenhandel durch Schlepperbanden in Transitstaaten, aber auch in europäischen Ländern; Bedrohungen, Traumata und Gefahren, denen ihre Kinder ausgesetzt sind. Bei der Ankunft in Europa sind die Asylverfahren unzureichend und der Empfang ist unwürdig!

Die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels legt jedoch bereits seit 2008 die Verpflichtung zur Aufnahme von Opfern des Menschenhandels in Europa und die dafür erforderlichen Bedingungen fest. Im Jahr 2011 erweiterte die von allen europäischen Ländern unterzeichnete Istanbul-Konvention die in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 festgelegten Asylgründe auf geschlechtsspezifische Verfolgung und Gewalt gegen Frauen: In diesen Fällen ist internationaler Schutz ein Recht!

In der Praxis halten sich die europäischen Länder jedoch nur selten an ihre Verpflichtungen: Asylgründe, die mit geschlechtsspezifischer Gewalt zusammenhängen, werden nicht berücksichtigt, entweder weil die Bedingungen der Anhörung und Analyse nicht geeignet sind, diese spezifischen Formen der Gewalt hervorzuheben, oder weil diese Verpflichtungen zur Aufnahme von den Vertreter*innen der nationalen Behörden ignoriert werden.

Wir Aktivist*innen, die in Europa leben, wollen dass sich dies ändert. Wir kämpfen dagegen, dass Menschen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sind, weiterhin als unerwünschte Personen behandelt und nicht geschützt werden. Wir wollen, dass unsere Stimmen von den europäischen Staats- und Regierungschefs gehört werden, damit die besonderen Asylgründe von Frauen, Mädchen und LSBTIQA+ Menschen tatsächlich anerkannt werden. Heute, am 11. November 2021, rufen wir die Menschen in Europa auf, unsere Bürgerinitiative zu unterstützen, indem sie die europäische Petition unterzeichnen, die in mehreren Sprachen unter www.feministasylum.org zu finden ist.

Diese Petition richtet sich an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und alle nationalen Regierungen im Schengen-Raum. Sie fordert, dass konkrete Massnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass alle in Europa und im Schengen-Raum unterzeichneten internationalen Übereinkommen nicht tote Buchstaben bleiben.

Wir fordern:

- die Bereitstellung der notwendigen Mittel durch die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen, um angemessene Verfahren und Strukturen für die wirksame Anerkennung von Asylgründen speziell für Frauen, Mädchen und LSBTIQA+ Personen einzurichten;

- die wirksame Umsetzung der Istanbul-Konvention und der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels – gewährleistet durch die Einrichtung einer europäischen Überwachungsstruktur, damit die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt anerkannt und unterstützt werden und internationalen Schutz erhalten;

- die Erleichterung der legalen Wege für Frauen, Mädchen und LSBTIQA+ Menschen, um in Europa Asyl zu beantragen.

Diese Petition wird von der Koalition "Feminist Asylum" lanciert, der verschiedene Bewegungen, Kollektive, Vereine, Parteien und Gewerkschaften angehören, die sich für die Verteidigung der Rechte der Frauen einsetzen.

Die Kampagne zur Unterschriftensammlung wird sechs Monate lang fortgesetzt und ermöglicht es anderen Bürger*innen-Kollektiven, aber auch Einzelpersonen, sich Gehör zu verschaffen und ihre Unterstützung für ein Ende der Abschottungspolitik der europäischen Länder zu bekunden.

Die europäischen Länder verfügen über die Mittel, um einen Ort für Asyl zu schaffen, der diesen Namen auch verdient. Alle Personen, die in ihrem eigenen Land oder auf dem Weg ins Exil geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt erlitten haben, müssen Asyl erhalten und mit Aufnahme-und Betreuungsmöglichkeiten ausgestattet werden, die es ihnen ermöglichen, ihr Leben in Sicherheit neu aufzubauen.

Wir weigern uns, uns an der Politik der Ausgrenzung und des Todes mitschuldig zumachen, von der einige der am stärksten gefährdeten Menschen in unserer Welt betroffen sind. Wir werden diesen Kampf für die Achtung des Grundrechts von Frauen und LSBTIQA+ Menschen auf der ganzen Welt für ein Leben in Würde und Sicherheit nicht aufgeben.

Koalition "Feminist Asylum"- Feministische Europäische Petition

Erstunterzeichner*innen in Deutschland, 11.11.2021:

  • CENÎ – Kurdisches Frauenbüro für Frieden

  • Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

  • Flüchtlingsrat Brandenburg

  • Flüchtlingsrat Niedersachsen

  • Frauenhauskoordinierung

  • NETZ für Selbstverwaltung und Selbstorganisation

  • Queer refugees support Hamburg

  • Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein

  • Seebrücke

  • Women in Exile and Friends Brandenburg

und weitere …

Zum Text der Petition und zum Unterzeichnen: https://feministasylum.org/

Als Vorstandsmitglied des NETZ für Selbstverwaltung und Selbstorganisation e.V. gehöre ich mit zu den Erstunterzeichner*innen.

Kontakt: info@feministasylum.org
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

elisvoss

Freiberufliche Autorin, Journalistin, Vortragende und Beraterin zu Solidarischem Wirtschaften und Selbstorganisation in Wirtschaft und Gesellschaft.

elisvoss

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden