Klang nach einem coolen Geschäftsmodell: Wer grad keine Zeit hat zu kochen, kann sich das Essen fix bestellen, zwischendurch, per App. Reproduktion mit einem Klick erledigt. Früher unbezahlte (weibliche) Hausarbeit wird nun auf den Markt geworfen: So entstehen sogar Jobs. Klar, für 7,50 Euro pro Stunde durch den Regen radeln, zig Stockwerke erklimmen, dabei vom Chef per App gestresst werden, das klingt uncool. Aber hey, c‘est la vie. Fahrer beschwerten sich hier und da, gaben Zeitungen Stoff für Reportagen, und das Geschäft brummte weiter. Türkise und pinke Radler überall.
Nun verschwinden erstere: Deliveroo zieht sich vom 16. August an aus Deutschland zurück, kündigte das Unternehmen an – am 12. August. Was innerhalb von vier Tagen auch verschwindet: das Einkommen der Fahrer. Kündigungsfrist gab es bei den 1.100 Freelancern keine, Anspruch auf eine Abfindung auch nicht. Aus PR-Gründen zahlt Deliveroo ihnen nun „Kulanzpakete“, basierend auf dem Tagessatz der durchschnittlichen wöchentlichen Einnahmen der letzten Wochen. Mindestens: 50 Euro.
Dass prekäre Arbeitsbedingungen super in ein Geschäftsmodell passen, das Angebot und Nachfrage just in time aufeinander abstimmen muss, ist nichts Neues. Volle Flexibilität für das Unternehmen, volle Unsicherheit für die Arbeiterinnen: das Comeback der Tagelöhner im Neoliberalismus. Wer profitiert? Die Kapitalisten!, möchte die Marxistin rufen, nur: Das stimmt nicht. Deliveroo und sein niederländischer Konkurrent Takeaway, Mutter des deutschen Lieferando, verzeichnen Jahr für Jahr Verluste. Was ist das für ein Geschäfsmodell?
Ein „sehr schlechtes“ – zitiert das Manager Magazin Takeaway-Gründer Jitse Groen selbst, „unmöglich profitabel zu betreiben“. Der „Gewinn“ von Takeaway in Deutschland lag 2018 bei minus 36,7 Millionen Euro. Besiegen konnte der Konzern Deliveroo dennoch, einfach, weil er wächst: von 2016 auf 2018 stieg der Takeaway-Umsatz von 37 auf 86 Millionen Euro. Das Unternehmen schluckte Lieferando, Foodora – und nun den britischen Lieferdienst Just eat. Friss oder stirb wird zu: Friss einfach! Irgendein Investor wird schon weiter Kapital zuschießen. Bis die Wette aufgeht, die Konkurrenz weg ist und die Preise steigen können. Oder: Bis die Blase platzt.
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