Das Andere und wir.

Diskriminierung. Ein Rundumschlag.

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Xenophobie, die Angst vor dem Fremden, ist dem Menschen vorgegeben, als Schutz vor schwer einzuschätzenden Situationen, als Schutz davor einen unbekannten giftigen Pilz zu essen oder bei einem unbekannten Raubtier zu denken es sei niedlich und wolle nur spielen. Gepaart ist diese Angst vor Fremdem aber immer mit einer unbändigen Neugier. Sonst bräuchte er ja auch keine Schutzangst, wenn er stets da bliebe wo er ist. Der Mensch ist also hier, wie in vielen anderen Aspekten seiner Natur, widersprüchlich.

Nun lebt der Mensch mittlerweile in einer von der Natur weitestgehend abgekoppelten selbstgezimmerten Welt. Die gemächliche Entwicklung eines Sozialstaates hat das Darwinsche Überleben des Stärkeren - auf dem Papier - gestoppt. Viele unterschiedliche Kulturen, politische Ansichten, sexuelle Orientierungen, Religionen, Weltanschauungen leben Tür an Tür in einer relativ anonymen Gesellschaft. Die Angst vor dem Fremden hat sich gewandelt. Das "Fremde" lebt mit uns tagtäglich Tür an Tür, es ist nicht mehr geographisch abgegrenzt, es ist nicht mehr das Fremde, es ist das "Andere". Und in dem Anderen sehen wir oft und gerne das Gegenteil. Und damit den Feind. Im Extremfall das Böse. Wenn man seine eigenen Werte als universell richtig und gut versteht, empfindet man alles das davon abweicht als Blödsinn, schlicht falsch oder moralisch verwerflich.

Und wenn wir schon nichts dagegen tun können, können wir sie wenigstens hassen und diskriminieren. In verbaler Art. Und mit Gewalt. Die offensichtlichen Opfer hierzulande sind weiterhin Homosexuelle, Muslime, Sinti & Roma sowie HartzIV-Empfänger. Aber das ist doch nur die Spitze des Eisberges. Wir diskriminieren Dicke, Dürre, Pickelige, Ungepflegte, Gepiercte, Aufgedonnerte, Sozialpädagogen, Bauarbeiter, Banker, Machos, Weicheier, Kampflesben, Zicken, Menschen mit dicken Autos, Menschen mit Kleinwagen, Frauen mit zu kleinen Brüsten, Männer mit zu kleinen Penissen, Raucher, Nichtraucher, Hauptschüler, Gymnasiasten, Stundenten, Putzfrauen, Messis, Ordnungsfanatiker, Ökos, Klimawandelskeptiker, Raser, Schleicher, Schlagersänger, Opernabonnenten und und und ...

Wer dem Hass zugeneigt ist, wird eine Zielscheibe finden. Und klar spielt Angst immernoch eine große Rolle, man beobachte nur die irrwitzigen Demonstrationen in Frankreich gegen die Homoehe.

Unser großes Durcheinander und Nebeneinander und Miteinander und Untereinander ist aber eine Chance. Eine Chance einerseits für uns selbst uns zu positionieren inmitten des kulturellen Dschungels, andererseits das Gegenüber so zu akzeptieren wie es ist. Denn es wird keine Gleichschaltung der Hirne, der Weltanschauungen, der Ideale mehr geben. Es wird ein Nebeneinander, ja hoffentlich ein Miteinander geben, in dem jeder seine Position haben kann, aber niemand dafür verteufelt wird, solange nicht Gewalt und Tod Teil der Positionen ist. Wir können alle voneinander lernen. Ich wünsche uns viel Glück und Erfolg!

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Geschrieben von

Ernstchen

Wortbürger. Musikmann. Mitmensch.

Ernstchen

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