Gemein oder nützlich?

Attac Die Globalisierungskritiker von Attac sind nicht mehr gemeinnützig. Diese Entscheidung des Finanzamts zeigt: Ja, die Steuervorteile müssen weg - aber für alle Vereine
Ausgabe 43/2014
Selbst Schützenvereine werden als gemeinnützig anerkannt
Selbst Schützenvereine werden als gemeinnützig anerkannt

Foto: Christof Stache / AFP / Getty

Die Empörung ist groß: Die globalisierungskritische Organisation Attac ist nicht mehr gemeinnützig, so hat es das Frankfurter Finanzamt entschieden. Damit können Unterstützer ihre Spende nicht mehr von der Steuer absetzen. Vermutlich bekommt Attac nun weniger Geld. Doch die Entscheidung ist im Prinzip richtig: Ja, die Steuervorteile müssen weg – allerdings für alle Vereine. Wir brauchen ein anderes System, um gemeinnützige Organisationen zu unterstützen. Auch um eine Willkür des Finanzamts zu verhindern.

Attac betreibt laut Satzung Bildungsarbeit und fördert das demokratische Staatswesen. Die Behörde sieht hingegen „allgemeinpolitische“ Ziele, die nicht förderungswürdig seien. Bei anderen sind die Ämter großzügiger: Die ADAC-Stiftung Gelber Engel, die Stiftung des Bertelsmann-Konzerns, selbst Schützenvereine – sie alle werden als gemeinnützig anerkannt. Auch Parteispenden können von der Steuer abgesetzt werden. Aber wenn sich Bürger bei Attac politisch engagieren, soll das nicht förderungswürdig sein? Absurd.

Die Lieblingsvereine der Reichen

Die Globalisierungskritiker haben Einspruch eingelegt, wollen notfalls klagen. Doch eigentlich müsste es um die Abschaffung der Steuervorteile gehen, denn sie sind ungerecht. Es handelt sich um eine indirekte Subvention. Die Unterstützer spenden mehr Geld an Organisationen, wenn sie wissen, dass sie einen Teil vom Finanzamt zurückbekommen. Der Staat kann so steuern, wohin mehr und wohin weniger gespendet wird – zumal die Gemeinnützigkeit eine Art Spendensiegel ist, das vielen Bürgern Orientierung bietet. Der Staat bevorzugt auf jeden Fall die Lieblingsvereine der Reichen: Wer sein Geld höher versteuern muss, profitiert stärker von der Steuerbefreiung und kann bei der Spende mehr draufpacken.

Würde der Staat das Geld direkt an Gruppen verteilen, ließe sich das fairer gestalten – zum Beispiel, indem es für alle förderungswürdigen Vereine einen staatlichen Zuschuss gibt, der sich an der Höhe der gesamten Spendeneinnahmen, der Mitgliederzahl und den Aktivitäten des Vereins orientiert. Er ließe sich aber auch demokratischer gestalten. Im Moment entscheiden Bürokraten über die finanzielle Zukunft von Attac. Richtig wäre ein Gremium mit gewählten Vertretern, in dem auch politische Minderheiten eigenständig einen Teil des Geldes verwalten dürfen. So könnte verhindert werden, dass mainstreamkritischen Vereinen der Geldhahn zugedreht wird.

Illusion der Unabhängigkeit

Warum passiert das alles nicht? Die Vereine wollen ihre Unabhängigkeit wahren, dabei ist die doch nur eine Illusion. Selbst Greenpeace – eine NGO, die sich damit brüstet, keine Spenden von Staaten anzunehmen – kämpfte vor zehn Jahren um die Gemeinnützigkeit, also um staatlich gewährte Vorteile.

Mit einem anderen Fördersystem würde endlich offensichtlich, dass viele Organisationen doch nicht so unabhängig sind, wie sie sich gerne darstellen. Man muss sie deswegen nicht als Agenten der Regierung sehen, aber etwas Transparenz kann sicher nicht schaden.

Wenn die staatliche Unterstützung von NGOs künftig transparenter wird, dann hätte die Attac-Entscheidung des Finanzamts viel gebracht. Leider ist anzunehmen, dass es den Bürokraten in diesem Fall nur darum geht, politisches Engagement von Bürgern zu verhindern.

Dieser Text wurde für die Online-Version ergänzt

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