Kluge Vorschläge einer Homophoben

Ehe für alle Annegret Kramp-Karrenbauer fragt: Kommt nach der Homo-Ehe auch die Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Personen? Ja, hoffentlich!
Hat nur einen einzigen Mann geheiratet: Annegret Kramp-Karrenbauer
Hat nur einen einzigen Mann geheiratet: Annegret Kramp-Karrenbauer

Foto: Sascha Ditscher / Imago

Die Diskussion läuft mächtig schief. In Irland können Schwule und Lesben demnächst heiraten, in Deutschland ist die SPD dafür, die Union blockiert. Und nun? Meldet sich die CDU-Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, mit einem Interview zu Wort und äußert sich zum Ehe-Begriff: „Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?“

Sofort bricht ein Sturm der Entrüstung los. Eine Berliner Anwältin erstattet sogar Anzeige, wegen Beleidigung und Volksverhetzung. Aber Entschuldigung, was ist daran verkehrt, wenn eine konservative CDU-Politikerin mal zwei vernünftige Vorschläge macht?

Kein Grund zur Diskriminierung

Kramp-Karrenbauer behauptet in dem Interview, dass Kindern mit gleichgeschlechtlichen Eltern nicht so glücklich werden wie mit Vater und Mutter. Das ist homophob, das kann und muss man kritisieren. Aber die Öffnung der Ehe für weitere Personengruppen wäre höchst sinnvoll. Zum einen ist das die logische Konsequenz, wenn man es mit der „Ehe für alle“ wirklich ernst meint. Zum anderen gibt es keinen vernünftigen Grund, weshalb man Menschen, die gerne in einer Dreier-Beziehung leben, diskriminieren sollte.

Die Berliner Anwältin Sissy Kraus schreibt auf ihrer Facebook-Seite, die Ministerpräsidentin stelle den Wunsch nach völliger Gleichbehandlung von Homo- und Heterosexuellen in eine Reihe mit „Inzucht und Vielehe“. „Diese Äußerung ist nicht mehr nur homophob sondern menschenverachtend, und in Ihrem Gehalt gleichzusetzen mit den ähnlich verachtenden Äußerungen 1933-1945.“

Kraus liegt schon deswegen falsch, weil eine Heirat zwischen engen Verwandten nicht mit Inzucht gleichzusetzen ist, schließlich sind auch Ehen ohne Sex erlaubt. Ganz abgesehen von der Frage, ob das Inzuchtverbot sinnvoll ist. Menschen mit bestimmten Erbkrankheiten dürfen schließlich ebenfalls miteinander schlafen, auch wenn das Gesundheitsrisiko für das Kind ähnlich hoch ist wie bei Sex unter Geschwistern.

Die staatliche Ehe ist vor allem ein Steuersparmodell. Warum sollten Menschen mit gewissen sexuellen Vorlieben davon profitieren, andere nicht? Man kann die Öffnung für Homosexuelle kritisieren, weil die Eheprivilegien eigentlich ganz abgeschafft gehören (und sonst homosexuelle Paare gegenüber homosexuellen Singles besser gestellt werden). Wenn es jedoch immer so weiter geht, und immer mehr Personengruppen heiraten können, dann läuft das letztlich darauf hinaus, dass irgendwann alle Menschen in den Genuss der Eheprivilegien kommen. Dann kann man es auch gleich lassen. Die weitere Öffnung kann also ein sinnvoller Schritt sein auf dem Weg zur Abschaffung der Eheprivilegien.

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