Da staunte die Umweltaktivistin nicht schlecht: Als Cécile Lecomte die eintägige Haft wegen einer Anti-Atom-Blockade antreten wollte, durfte sie wieder nach Hause gehen. Eigentlich hätte sie nämlich ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro zahlen sollen. Nur weil sie sich geweigert hatte, musste sie ins Gefängnis. Vor Ort stellte sich heraus, dass jemand anders das Bußgeld bereits gezahlt hatte – ohne Lecomtes Wissen.
Es wird aber noch skurriler: Die Aktivistin berichtet, dass ihr auf wiederholte Nachfrage mitgeteilt wurde, die Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta selbst habe das Bußgeld gezahlt. Sie und ihre Mitstreiter vermuteten, dass den Mitarbeitern der Vorgang zu nervig war: „Die Angestellten der JVA sowie am zuständigen Gericht in Dortmund mussten sich mit zahlreichen Anträgen und solidarischen Anrufen beschäftigen.“ Es ist nicht das erste Mal: Lecomte, in der Umweltszene als „Eichhörnchen“ bekannt, geht Polizei und Justiz regelmäßig auf die Nerven.
Aber ist diese Art der Problemerledigung durch die JVA überhaupt rechtlich zulässig? Selbst den Unterstützern der Aktivistin kommen da Fragen: „Auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchem Budget wurde das Geld aus Niedersachsen nach Nordrhein-Westfalen überwiesen?“ Und: „Wie steht es um das Rechtsstaatsverständnis der JVA Vechta, wenn sie sich weigert, eine durch ein anderes Bundesland verhängte Erzwingungshaft zu vollstrecken, indem sie eine in Nordrhein-Westfalen verhängte Strafe selbst zahlt?“
Bühne für politische Aktionen
Die Sprecherin des Frauengefängnisses winkt ab. Das Geld sei „privat und keinesfalls aus Haushaltsmitteln“ gezahlt worden, und zwar von Oliver Weßels, dem Anstaltsleiter. „Die Rechtsstaatlichkeit ist zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.“
Warum hat Weßels das getan? „Die Arbeit unserer Bediensteten ist schwer genug, als dass man sie auf eine Bühne für politische Aktionen zerren sollte“, sagt er. Seine Befürchtung ist also offenbar, dass Lecomte den Knast-Aufenthalt genutzt hätte, um öffentlich für ihren Kampf gegen Atomkraft zu werben. Mit seiner Spende hat er jedoch der Umweltschützerin einen großen Gefallen getan: Durch den kuriosen Vorgang bekommt sie nun noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit.
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