"Die Fortschritte der Menschheit sind immer von einzelnen genialen Persönlichkeiten ausgegangen", so die Begründer des Karlspreises der Stadt Aachen – eine kleine Gruppe konservativer Politiker, Professoren und Unternehmer – 1949.
Heute vergeben sie den Internationalen Karlspreis an Emmanuel Macron. Seine Leistungen: Pompöse narzisstische Auftritte im Hochglanzformat, schöngeistige Reden, Bomben auf Syrien und im Rahmen der Internationalen Allianz gegen den IS und Dämonisierung von Staaten und Personen.
Man befinde sich derzeit in einem kritischen Augenblick, in dem die Welt zusammenstehen müsse, um internationale Organisationen wie die NATO und UNO zu schützen, erklärte er uns vor Kurzem im US-Kongress. Als hätten NATO, die Coalition Of The Willing und die Internationale Allianz gegen den Islamischen Staat mit ihrer Politik des permanenten Regelverstoßes die UNO-Autorität nicht schon längst zerstört.
Auch Emmanuel Macron bemüht eine pathologische Deutungsmentalität und wird hierfür heute mit den Salbungen des hoch effizienten Belohnungssystems des Neoliberalismus versehen – pseudoelitär und völlig abgehoben unter amnestischer Auslassung Macrons politischen Alltagsgeschäfts, mit dem dieser Frankreichs Bürgerinnen und Bürger die Arbeitnehmerrechte beschneidet, ganz im Sinne eben dieses menschenverachtenden Neoliberalismus.
Déjà-vu á la Barack Obama
2009: Das norwegische Nobel-Komitee hat Barack Obama den Friedensnobelpreis verliehen.
»Es kommt nur sehr selten vor, dass eine einzelne Person es in dem Maße wie Obama schafft, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zu ziehen und den Menschen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben«, so ein Auszug aus der Begründung dieser Nobelinstitution.
Auch hier wieder der Bezug auf die „geniale“ Leistung einer Einzelperson.
Vorschusslorbeeren, die er nicht verdient hatte.
Seit mehr als fünfzehn Jahren führen die Vereinigten Staaten ihren juristisch und ethisch verwerflichen Drohnen-Krieg, auch von Ramstein aus. Wie wir wissen, wurde die "Kill List" vom US-Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Barack Obama höchstpersönlich wöchentlich, an jedem Dienstag, unterzeichnet und abgesegnet. Donald Trump ist noch versessener darauf. – Morden unter Ausschluss parlamentarischer und/oder juristischer Legitimation.
Drohnentötung quasi als Steigerungsform des verkommenen und weltweit verachteten Guantanamo-Prinzips.
Drohnen - Obamas Waffe der Wahl: Er verwandte sie zudem auch für gezielte Tötungen in Ländern, mit denen sich die USA nicht im Krieg befinden, wie Pakistan oder Somalia. Andere Ziele von US-Operationen in Afrika sind etwa Boko Haram in Nigeria, Ansar al-Dine in Mali oder die Lord's Resistance Army von Joseph Kony in Uganda.
Im August 2011 legte das Bureau Of Investigative Journalism (BIJ) einen Bericht über die Angriffe in Pakistan vor, für den etwa 2000 Medienberichte ausgewertet wurden. Demnach wurden seit 2004 mindestens 291 Einsätze durchgeführt bei denen zwischen 2292 und 2863 Menschen starben, darunter unbeteiligte Bürger und Kinder.
Und noch ein Beispiel für die Abgehobenheit der Parallelwelten von Stiftungen und Universitäten:
Joachim Gauck, Theologe und Altbundespräsident der Bundesrepublik Deutschland agitierte die deutsche Öffentlichkeit für Krieg (als Ultima Ratio verbrämt) selbst noch zu einer Zeit, als der Westen die Welt bereits seit 16 Jahren mit überwiegend völkerrechtswidrigen Angriffskriegen überzog und gar daran dachte, damit aufzuhören.
Zudem Zeitpunkt hatte der Westen bereits eine lange Liste von Tätern vorzuweisen, die längst dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag hätten überstellt werden müssen: z. B. George W. Bush, Tony Blair, José Manuel Barroso, Gerhard Schröder und Josef Fischer, um nur einige zu nennen.
Und dieser Mann erhält demnächst den diesjährigen Reinhard Mohn Preis der Bertelsmann Stiftung. Mit dem Preis werde Gauck als Brückenbauer in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft gewürdigt, teilte die Stiftung in Gütersloh mit. Gauck wird den mit 200.000 EURO dotierten Preis am 7. Juni 2018 in Gütersloh entgegennehmen.
Zuvor bereits, am 11. Dezember 2017, hat die Evangelisch-Theologische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) dem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck den Titel eines theologischen Ehrendoktors verliehen.
»In seiner Laudatio hob der Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Arnulf von Scheliha, das Lebenswerk Joachim Gaucks als Theologe, Bürgerrechtler und Staatsmann hervor: Er verkörpere auf perfekte Weise die Beziehungen zwischen Politik und Religion, die er im Amt als Bundespräsident immer wieder selbst thematisiert habe. "Die Analyse des Lebenswerkes von Joachim Gauck zeigt die vitale Prägekraft von Spiritualität und religiös inspirierter Moral", betonte Arnulf von Scheliha.«
Die Welt der Honoratioren – eine Welt pathologischer, amnestischer Interpretation der Ereignisse.
Kommentare 27
bei aufzählung öffentlicher ehrungen nicht vergessen:
gerhard schröder durfte herrn putin als erster gratulieren!
eine ernst-zunehmende ehrung erhält, wer von herrn erdogan
eine "osmanische ohrpfeife" bekommt.--->ohrfeige(wikip.)
Leider, Flegel, stimmt wenig, was Sie zu der guten und freien Europa-Rede Macrons und der guten, allerdings klar von guten Geistern aufgeschriebenen und dann abgelesenen Rede Merkels und deren Inhalten zu sagen wissen.
Sie kontrontieren alles mit der Vergangenheit und beachten nicht die vier Punkte Macrons, für Europa. Sie ignorieren seine Vorreden, seine kurze Amtszeit, den Stillstand durch die deutsche Regierungsbildung und die notorische Langsamkeit und Unwilligkeit der diversen GroKo- Regierungen.
"Nach Golde drängt,/ Am Golde hängt/ Doch alles. Ach wir Armen!"- Ist das nicht typisch national und typisch deutsch, in den letzten Jahren? Es wurde von Macron und auch vom Aachener Oberbürgermeister, jeweils freundlich, aber bestimmt, bezogen auf Handelsüberschüsse in der EU und Hilfe für jene, die Transfers noch nötig haben, in der Gemeinschaft, über eine EU- und EURO- Finanzpolitik, sehrwohl angesprochen. - Und der Präsident streute sich selbst, stellvertretend für seine Nation, auch Asche aufs Haupt, wegen der mangelnden Reformfähigkeit seines Landes.
Es ist ein Leichtes, von einer "sogenannten Staatselite" zu schreiben.
Müssten und wollten Sie politische Verantwortung übernehmen, bildeten sie ebenfalls eine Elite. Dazu gilt es Wahlen zu gewinnen, Gleichgesinnte zu finden, dann ausreichend lange zu regieren oder aber, irgend eine Form der gewaltsamen Machtergreifung, was antieuropäisch, antidemokratisch und verfassungsfeindlich wäre, zu bevorzugen. Am Ende jeder Revolution und Evolution, gibt es neue oder gar wieder die alten Eliten.
Selbst in der mehr direktdemokratischen Schweiz, gibt es Eliten, die alltäglich mehr zu sagen und politisch vorzuentscheiden gedenken, als alle jene, die sich niemals elitär fühlen und es auch nicht sind.
Eines ist jedoch gewiss, lieber Herr Flegel. Kein politisches System ohne Eliten.
Schönen Tagesrest noch
Christoph Leusch
"... wegen der mangelnden Reformfähigkeit seines Landes ..."
Sie reißen ja Witze. Sie sind ein richtiger Schelm.
Danke, ja den Herrn Schröder habe ich ganz vergessen, so unauffällig, wie der sich bewegt. Spielt im Moment mehr den Herrn der Ringe. – Für diese Herrschaften ist das Volk nur Staffage, Dekoration für ihre Selbstinszenierung.
Lieber Columbus, und ich dachte, Sie würden jetzt die Heldentaten des Herrn Macron herunterbeten, die ich übersehen hätte, aber Sie beschränken ihr Laudatio auch nur auf Reden des Jungen Mannes, der nichts wirklich tut, außer reden, reden und nochmals reden und die Gunst der Stunde für seine Selbstdarstellung zu nutzen.
„Zu der guten und freien Europa-Rede Macrons“ und der Replik der Devotionalie Merkel habe ich mich mit keinem Wort geäußert. – Sie sind es nicht wert, da es sich nur um variierende Wiederholungen immer derselben Phrasen handelt, die ein 75-Jähriger bis zum Erbrechen überhat. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!"
Wissen Sie, der Herr Schröder hat wenigstens etwas vorzuweisen, bei Macron handelt es sich um einen grünen Newcomer, der sich seine Lorbeeren erst noch verdienen muss, bevor er mir Respekt einflößt. Bisher hat er die Ebene des Redens nur dann verlassen, wenn er vorhatte, Bomben zu werfen und ansonsten Gewerkschaften ans Bein zu pinkeln.
Vorläufig ist er noch auf Menschen angewiesen, die ihm in einer Haltung des vorauseilenden Gehorsams unkritisch den roten Teppich ausfahren – ähnlich wie zu Hitlers Zeiten: Nachher will es keiner gewesen sein.
Aber er hat ja Groupies wie Sie – das reicht vörläufig aus.
Der Namensgeber, Karl der Große, christianisierte die Sachsen mit dem Schwert und zog mit seinen Kriegen Blutspuren durch Mitteleuropa. Die Preisträger sehen sich durchaus in der Tradition dieses Kriegers. Sie könnten ja sonst den Preis ablehnen - im Namen des Friedens.
>>Unwilligkeit der diversen GroKo- Regierungen.<<
Sehen wir das doch mal aus der Perspektive der Exportkonkurrenz: Wenn es dem Monsieur Macron gelingt, in Frankreich das Konkurrenzprodukt zur Agenda 2010 zu installieren, dann könnte Frankreich ja etwas vom deutschen Exportüberschuss herunterknabbern. Damit gewinnt er in Berlin natürlich keine Freunde.
>>Sie könnten ja sonst den Preis ablehnen - im Namen des Friedens.<<
Aber nein, das geht nicht: Man kann eine schöne Rede halten, und das Fernsehen ist dabei...
Und berühmte Europäer wie Tony Blair und Wolfgang Schäuble haben ihn ja auch angenommen, wie stünde man denn da, wenn man ablehnen würde?
Diese W(B)ürde nennt man neuerdings Elitenverwahrlosung.
"Selbst in der mehr direktdemokratischen Schweiz, gibt es Eliten, die alltäglich mehr zu sagen und politisch vorzuentscheiden gedenken, als alle jene, die sich niemals elitär fühlen und es auch nicht sind."
Der Satz beinhaltet Sprengstoff, das dürfte Ihnen klar gewesen sein. Ich vermute jedoch, dass Sie nicht im Geiste Nietzsches denken und sich aufgrund elitärer Vorstellungen die Eliten definieren.
Eliten im positiven Sinne (nach meinem Verständnis) sind jene, die ihre besonderen Fähigkeiten nutzen und diese in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Macron nun hat sich zwar durch einige Europaimpulse hervorgetan, die möglicherweise durch die Mühlen deutscher Regierungsbildung "beschädigt" wurden und auch seine Rede in Aachen beinhaltet diese positiven Europagedanken, was nicht zu kritisieren ist.
Wohl aber ist doch die bisherige Aktivität Macrons zu gewichten, was er unter Reformen versteht, wie er diese ohne das Parlament exekutiv entscheidet (er nennt das wohl "nach dem er alles reiflich erwogen hat") und darunter das Instrumentarium Deutschlands zum Vorbild nimmt, ausgerechnet dieses Land, das entscheidend zum Wettbewerbsnachteil Frankreichs beigetragen hat. Denn die Franzosen arbeiten nicht lange genug, gehen zu früh in die Rente, wollen einfach nicht flexibler arbeiten und der gleichen mehr. Und auf welchen Schultern lastet das Ganze in Deutschland: auf denen der prekarisierten Arbeitnehmer. Steuererleichterungen für das Kapital, Abschaffung der Vermögenssteuer und Marginalisierung der Erbschaftssteuer gehen ebenfalls zu Lasten der Arbeitnehmer. Und schöne Worte hört man von ihm, wenn er anprangert, dass Konzerne ihre Steuern in Europa nicht bezahlen, ein Modell, welches durchaus ein europäisches Wettbewerbsmodell genannt werden kann: als legale Variante der Steuerhinterziehung.
Wohl hat er in seiner Rede Deutschland kritisiert, natürlich nicht beim Namen genannt, alle einigermaßen bei klarem Verstand Anwesende wussten aber, dass er Deutschland meinte, das es nicht das Ziel sein kein, ausgeglichene Haushalte zu haben und Exportüberschüsse, die auf Kosten anderer Länder erzielt werden. Hier hat das ZDF Merkel leider nicht gezeigt, denn die dürfte nicht geklatscht haben. (Hätte er geklatscht, wenn die Situation sich umgekehrt darstellen würde?)
Die Rede Macrons beinhaltet also durchaus inspirierende Teile, aber man sollte nicht vergessen, das er ökonomisch denkend aufgestellt ist (er erwähnt Afrika, das nach Europa schaut und unerwähnt lässt, welche unerquickliche Rolle Frankreich weiterhin dort spielt) und dass das auch manchmal zu hören ist, wenn er z.B. sagt, "das Europa nicht schwach sein dürfe und seine Souveränität geopolitisch (militärisch!?), kommerziell (an 2ter Stelle), klimatisch, energiepolitisch usw. behaupten müsse.
Um sich einen Eindruck zu vermitteln, die Rede hier.
„… seine Rede in Aachen beinhaltet diese positiven Europagedanken, was nicht zu kritisieren ist.“
Laber Rhabarber ist das, angesichts dessen, wie er in seiner kurzen Amtszeit mit der internationalen Ordnung, sprich UNO, umgeht. Wie er handelt, ist der Maßstab, seine Regelverstöße sind es, nicht sein Gequassel. Seine Verleumdung Russlands im Rahmen der Salisbury Tales, seine völkerrechtsverletzenden Bomben auf Syrien, ebenso die im Rahmen der Internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat, entlarven den Mann als einen selbstbezogenen Schönling.
Der Mann vergiftet internationale Beziehungen und präsentiert sich doch wie der Messias, auch dank eines devoten Fanclubs. Die Bürgerinnen und Bürger – der eigentliche Maßstab legitimer Politik – haben nichts von ihm.
Leider ist das nur eine Kolportage ihrerseits. Macron will nicht zur Hartz- Gesetzgebung. Das zeigt sich gerade im Konflikt mit den SNCF- Streikenden. Bei der extrem verschuldeten Staatsbahn herrschen Verhältnisse, was die Arbeitsjahre und die Frühberentung angeht, was die Produktivität angeht, die sich nur mit den Privilegien der Mitarbeiter der römischen Stadtwerke und Verkehrsbetriebe vergleichen lassen. Es sind tatsächlich langjährig erkämpfte Privilegien, die hartnäckig verteidigt werden, aber aus einer Zeit stammen, als ein händischer Bahnarbeiter oder anderes Lok- und Betriebspersdonal, Mitte- Ende Fünfzig abgearbeitet war.
Die Strukturen bei der SNCF, mangelnder Wettbewerb und mangelnde Modernisierung in den Nebenstrecken, führen übrigens auch dazu, dass weniger junge MitarbeiterInnen eingestellt werden und es hapert an der Ausbildung in Datenverarbeitung und digitaler Kommunikationsnutzung für die Logistik und den Vertrieb der modernen Dienstleistungen.
Das alles, obwohl die Franzosen schon eher digital kommunikativ dachten, als der Deutsche Michel und Frau Mustermann. - Minitel, einst eine beliebte Kommunikationsrevolution, wurde erst 2012 abgestellt.
Macron ist kein Schröder, kein Clement, kein Steinbrück und Steinmeier ,und auch keine doppelzüngige Nahles.
Mein Fazit: Absolutismen und Einheitskisten taugen in der Einschätzung nicht. Macron geht einen eigenen Weg.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Ja, klar, Macron will bestimmt nicht den Kapitalismus abschaffen. Aber wo sind die PolitikerInnen, mit Aussicht auf Erfolg und ohne die Absicht eher destruktiv und gewaltsam zu handeln, die leuchtendere Beispiele für Europa, für Frankreich, für Deutschland, heute, morgen und in fünf Jahren lieferten.
Ich bin ein ehrlicher Sinistrer. Mir fällt dazu derzeit niemand ein. Nur im Vergleich mit den hängenden Mundwinkeln, der schlechten Rede, der Begeisterungsunfähigkeit und wirtschaftspoltischen Sturheit unserer verantwortlichen Prinzipienreiter, glänzt dieser, relativ junge Politiker besonders. Und, was mich freut, er hat absolut nichts mit den europaweit sich ausbreitenden Rechten zu tun, geht ihnen auch nicht um den Mund, sondern zeigt klare Kante. - Ich bewundere ihn und setze Hoffnungen in seine begrenzte Amtszeit. Das darf dann auch enttäuscht werden. Aber bitte, besser dieser frische Wind, als das Wusteln, mit dem hierzulande zu viele doch zufrieden sind. Lieber Macrons antiegoistische und solidarische EU- Politik, als die Pfründenwirtschaft der Metsitzinhaber und Exportweltmeister.
Ich übertreibe, der Klarheit wegen
Beste Grüße
Christoph Leusch
2017 konnte die SNCF ihren Gewinn von 567 Mio. im Jahr 2016 auf 1,3 Mrd. nahezu verdoppeln. Aktuelles Missmanagent und zu viele „Privilegien“ der Eisenbahner dürften also wohl kaum das Problem sein. Die Schulden rühren wohl eher aus der Gründungszeit her, als aus hochverschuldeten Privatbahnen die damals halbstaatliche SNCF gebildet wurde.
Das stimmt. Seit den 30er Jahren akkumuliert die SNCF, bzw. der Staat in seinem Budget für die Bahn, einen Schuldenberg und der muss, trotz des guten Betriebsergebnisses, nun erneut für dringliche Investitionen erhöht werden.
1,3 Mrd. Gewinn und etwa gleichzeitig ca. 7,8 Mrd. Euro neue Investitionen. Hinzu kommen die staaatlichen Belastungen aus den Rückstellungen für die recht hohen Pensionen/Renten, die auf heute nicht mehr haltbare Lebenszeitprognosen und Arbeitsbelastungen zurückgehen (ein Betrag von ca. 30 Mrd. Euro).
Sie schauen auf den reinen aktuellen Betriebsgewinn und da fahren derzeit viele EU- Bahnen gute Ergebnisse ein (u.a. die Bahn AG), weil das Netz steht und zu wenig in die Infrastruktur und Modernisierung der prekären Nebenstrecken investiert wird.
Die Hoffnung allseits: Die Staatsregierungen finanzieren, mit außerplanmäßigen Budgets, die hohen Sanierungs-, Entwicklungs- und Infrastrukturkosten. Stuttgart 21, in Frankreich die maroden Nebenstecken und die exorbitant gestiegenen Kosten für neue Zweige im TGV- Netz.
Das ist übrigens auch ein Angebot der Macron- Regierung, für die Zustimmung zu einem ausgehandelten Kompromiss. Um den geht es ja letztlich. Es wird Abstriche bei der Frühpensionierung für die Zukunft geben. Es wird Konkurrenz auf allen Strecken stattfinden. Im Austausch dafür, Sicherheit und eine Selbstverpflichtung der Regierung, die Bahn weiterzuentwickeln. - Wie in Deutschland, leidet besonders die Transportsparte der SNCF, die gegen die Straße verlor.
Alle diese Streitfragen sind aber weit weg von den Einschnitten, die Hartz IV und diverse andere Eingriffe der SPD und CDU geführten Regierungen für deutsche ArbeitnehmerInnen bedeuteten und bedeuten.
Knapp, aber sehr anschaulich, schreibt Le Monde zur finanziellen Situation. Es ist fr., aber lesbar. (http://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2018/03/19/cinq-questions-sur-la-dette-de-la-sncf_5273270_4355770.html ).
Beste Grüße
Christoph Leusch
Mon cher Colomb, ich erkenne Sie nicht wieder. Oder doch. Mir geht es ja manchmal ebenso, wenn ich glaube, dogmatische oder unreflektierte Statements, vor allem aus dem verschwörungsideologischen rechtsaffinen Lager, zu lesen.
Aber was Macron angeht, fallen Sie auf ein Marketingprodukt herein, was uns bekanntlich allen jeden Tag passiert. Wenn Sie schreiben:
"Macron ist kein Schröder, kein Clement, kein Steinbrück und Steinmeier ,und auch keine doppelzüngige Nahles",
stimme ich zu, denn das ist er offensichtlich nicht, denn Macron ist der rechte Politker, der sich als weder rechts noch links bezeichnet (hat!), damit die Wahl mit viel Fortune (in des Wortes doppelter Bedeutung) gewonnen hat, aber innen- wie außenpolitisch in der Kontinuität des französischen Kapitalismus steht und nur die Politik seiner Vorgänger konsequenter als diese vollstreckt, weswegen ich auch "gleichzeitig" (übrigens ein Lieblingsadverb des Chouchou) nicht zustimmen kann, denn:
Macron ist sowohl Schröder als auch Clement und Steinbrück und Steinmeier, nur intelligenter und gebildeter, aber doppelzüngig allemal. Und ich ergänze: Macron ist geprägt von - ziemlich widerwärtiger - Klassenverachtung. Die Belege sind inzwischen Legion und müssen hier nicht schon wieder zitiert werden.
Der "eigene Weg" des Emmanuel Macron - manchmal ist die Wirklichkeit ziemlich vulgärmarxistisch - ist markiert durch die Wegweiser des Medef, des französischen Unternehmerverbands, der Rüstungsindustrie und der Banken. Denen reichte es, den vielversprechenden jungen Mann "en marche" zu setzen. So wie es Balzac schon für eine andere Periopde des Kapitalismus beschrieb, Balzac, den zu lesen, ich jedem politisch Interessierten empfehlen möchte.
Wenn die 1,3 Mrd. Gewinn sechs Jahre lang gehalten werden können sind das 7,8 Mrd. die investiert werden können.
Winfried Wolf (Chefredakteur Lunapark) ist ein ausgesprochener Bahnbefürworter und Experte, der darüber fachlich ausgezeichnete Artikel schreibt, siehe hier.
Einzig die Schweiz ist übrigens eine positive Ausnahme, sodass deren Erfolgsmodell sorgfältig zu analysieren wäre, zumal die Bahn dort im schwierigsten Gelände betrieben wird.
Der viel beschworene Wettbewerb als Lösung ist die typische Reaktion der Marktgläubigen, wenn ein Unternehmen keine schwarzen Zahlen liefert und verschwiegen wird, dass die Ursachen dieser Misere meistens in einer verfehlten Verkehrspolitik zu suchen sind und, dass die Bahn als öffentliche Infrastruktur betrachtet werden sollte, zumal unter den Aspekten Klima, Ressourcen und natürlich Energie.
Verlorene Illusionen?
Ich kann Ihnen da nicht folgen, Pleifel.
Denn, wie in Deutschland, wird es auch in Frankreich, mit der geplanten Chance zur Ausschreibung und Übernahme von Personen- und Güterverkehren auf dem Schienennetz der Staatsbahn, keine sofortige Wettbewerbsgleichheit geben. Es dauert Jahre und Jahrzehnte und zeigt sich doch bei uns. Den neuen Privaten geht öfer einmal die Luft aus. Es bleibt abzuwarten, was "Flixbus" erreicht.
Im Gegenteil: Privatanbieter haben es, wegen der Trassenhoheit des Staats- oder AG- Monopolisten, mit Staatsbeteiligung, wegen der Kontrolle über Reparatur- und Serviceeinrichtungen, schwer, rentable Konkurrenz auf die Beine zu stellen.
Die Bahn AG in Deutschland hat ihren Hauptaktionär, die Bundesrepublik, mit deren wissenden Einverständnis, immer wieder über den Tisch gezogen und teure Infrastrukturprojekte, sowie Privat-Investoren- Projekte umgesetzt, die für die Kontrolleure, zum Beispiel jene aus dem Parlament, nicht mehr transparent sind. Folgekosten wurden der Allgemeinheit intransparent überantwortet. Staatliches Grundeigentum, unser Eigentum, wurde verkauft. Akteneinsicht und Auskunft mussten regelmäßig eingeklagt werden.
Diesen Fehler wird die Macron- Regierung nicht machen.
Jahrlang wurde ja auch in der dFC zu Stuttgart 21 oder eben zu Investorenprojekten im Zusammenhang mit der Sanierung der Großbahnhöfe geschrieben.
Weder in Frankreich, noch in Deutschland ist allerdings geplant, den Schienenverkehr wie in GB zu privatisieren, wobei dort ein regional aufgebautes Angebot von neuen Quasimonopolisten entstanden ist, mit teilweise katastrophalen Folgen für die Beschäftigten und die Kunden.
Das Vorbild Schweiz: In der Tat, haben die Schweizer Bahnangestellten die höchsten Einkommen, arbeiten aber auch länger und müssen deutlich länger auf die Berentung/Pensionierung warten, als z.B. ihre französischen Kollegen. - Ich denke, wenn sich die Streikenden und die Macron Regierung auf die Schweizer Bedingungen einließen, wäre das ein Regierungserfolg.
Keineswegs sind nur die Schweizer Bahnen in Europa erfolgreich.
Die weiteren Erörterungen dazu führten nun allerdings weit vom Thema Karlspreis, Europa und neue Impulse weg.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Ein anderes Szenario ist realistischer. Es werden weitere hohe Milliardenbeträge an Investments in den nächsten Jahren anfallen.
Schönen Abend
Christoph Leusch
Auf jeden Fall sieht er sich als Elite. Und die haben es schon mal so an sich, Demokratie aus "gehobener" Perspektive zu betrachten und demokratische Prozesse als Vehikel ihrer Interessen zu nutzen. Wie auch immer, wer sich auf einer höheren Warte sieht, entsprechend den Möglichkeiten den Einsatz erhöht, läuft auch Gefahr, in höherem Maße zu irren und Schaden anzurichten.
Etwas zu seiner Ausbildung: "M. besuchte in Amiens das von Jesuiten geleitete Lycée La Providence, wo er auch Preise für sein Klavierspiel errang. In seiner Freizeit schrieb er Gedichte, die seine Lehrerin der Klasse vorlas. Das Abitur legte er in Paris am Lycée Henri IV ab. M. studierte danach Philosophie an der Université Paris X Nanterre und schloss mit dem Diplom (DEA) ab. Seine Abschlussarbeit verfasste er über den Renaissance-Denker Machiavelli. Parallel dazu folgte ein 2001 abgeschlossener Diplomstudiengang am Institut d'études politiques. 2002-2004 absolvierte M. noch die École nationale d'administration (ENA) in Strasbourg."
Was und wie viel von Machiavelli ist wohl bei ihm hängen geblieben?
Jedes Tier hat ein Plaisier. Meines scheint nun neu, gerade einmal ein Jahr alt zu sein. Magdas, mit Merkel, ist notorisch, das weiß jeder hier. Ihres mit Mélenchon, der z.B. auch ein nationalfranzösisches Raumfahrtprogramm unbedingt zurückhaben wollte, wenn er Präsident geworden wäre, wie derzeit der Bayern- Söder, ist ebenfalls bekannt. Und ihr grundsätzlicher Widerstand gegen jede positive Zeile zu Macron, leider ebenso erwartbar.
Nur weiter
Christoph Leusch
Gut, das Thema Bahn ist sehr komplex und vielleicht an anderer Stelle mehr. Nur eines noch: eine gut aufgestellte Bahn braucht sicher keinen Wettbewerb auf der Straße. Aber gegen eine vernünftige Ergänzung hätte ich keine Einwände.
Danke, Ihnen auch.
Sagen Sie, ist ihnen nicht aufgefallen, dass auch die linkischsten Linken auf eine Sache heute Wert legen? Gediegene Bildung und Ausbildung. Gehört unser Gottvater Mélenchon etwa nicht zu elitären politischen Kreisen?
Kommunismus ohne einen weiten Blick, finde ich eher alt.
Nur das Beste
Christoph Leusch
Wer wird schon gegen "gediegene Bildung und Ausbildung" argumentieren wollen, abgesehen von der Frage, was denn genau Inhalt dieser Bildung ist. Aber ich würde auch nicht bestreiten, je besser die Bildung, desto größer die Gefahr, in die Falle der Überheblichkeit zu laufen. Umso wichtiger ein Korrektiv im Hintergrund, der - oder diejenige einen auf der Spur ursprünglicher Ideale hält. :-)
Aber Mélenchon gilt es aus anderen Gründen zu kritisieren, denn was er sicher nicht ist: ein Netzwerker, einer der sammelt und linke Kräfte bündelt, war zurzeit dringend nötig wäre, zumal sich Rechts geschickt linker Begriffe bedient.
Kommunismus wäre für mich übrigens eine Verengung Marxscher Gedanken, der selbst in einem Brief geschrieben hatte: "„ALLES, WAS ICH WEISS, IST, DASS ICH KEIN MARXIST BIN!" Dem würde ich mich anschließen.
Varufakis hat ja vor ein paar Jahren schon mal geschrieben, dass uns zurzeit nichts Anderes übrig bleibt als den Kapitalismus vor sich selber zu retten. Auf jeden Fall aber ist der Kampf der französischen Arbeiter besser als untertänig hinzunehmen dass die Arbeiterklasse wieder allein dafür aufkommen muss.