Vor 34 Jahren der große Knall

Italien Am 2. August 1980 tötete eine Bombe in Bologna 85 Menschen. Zum größten faschistischen Anschlag Italiens seit dem Kriegsende bleiben aber noch viele Fragen offen

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Auch damals war es der 2. August, auch damals war es Samstag. Urlauber und Arbeiter sammelten sich am Bahnhof von Bologna, ein wichtiger Knotenpunkt zwischen Nord- und Süditalien. Viele Ausländer waren dabei: sie hatten die Woche an der Adriaküste verbracht und wollten nun zurückfahren, oder sie waren erst angekommen und warteten auf den nächsten Zug.

Der Knall kommt unerwartet um 10:25. Eine 23 Kilo schwere Bombe explodiert im Wartesaal der 2. Klasse und beschädigt auch einige Büros, Geschäfte, den Bahnhofsvorplatz und einen Zug auf Gleis 1. Die Toten sind am Ende 85 (darunter 3 Deutsche), mehr als 200 die Verletzen. Noch heute tragen sie die schweren physischen und psychischen Wunden des Ereignisses.

Der Anschlag von Bologna ist der größte faschistische Anschlag in Italien seit dem Kriegsende. Die Rechtsextremisten Valerio Fioravanti und Francesca Mambro - Mitglieder der neofaschistischen Terroristenorganisation NAR (Nuclei Armati Rivoluzionari) - wurden 1995 für schuldig befunden und als Täter verurteilt. Außerdem war auch Luigi Ciavardini, damals noch minderjährig, beteiligt. Ungeklärt bleiben aber immer noch das Motiv und die möglichen Hintermänner. Die zahlreichen Fälschungsversuche, auch von Seiten der Geheimdienste, haben dazu beigetragen, wichtige Dokumente und Hinweise zu beseitigen. Verschiedene Fährten, wie die des palästinensischen Terrorismus und die des Linksterrorismus, wurden nachgegangen (ermittelt wurde auch Thomas Kram, der Mitglied der Revolutionären Zellen war und der am Tag des Attentats in Bologna war). Doch der Prozess endete mit dem Ausspruch der Richter: "es ist faschistischer Terror".

Trotzdem sind noch viele Fragen offen. Der umstrittene Licio Gelli, damaliger Chef der Freimaurerloge "P2" zu der wichtige Politiker gehörten, wurde mit anderen Geheimdienstagenten wegen Fälschungsversuchen verurteilt. Haben sie nur versucht, die Ermittlungen zu stören, oder waren sie an der Organisation des Anschlages beteiligt?

Der Verein "Familien der Opfer" kämpft seit Jahren um die vollständige Aufklärung. Der Präsident des Vereins, Paolo Bolognesi, glaubt, der Anschlag sei der Höhepunkt einer weitreichenden anti-kommunistischen Strategie gewesen, die das Ziel hatte, durch den Terrorismus das Land nach rechts zu lenken. Deshalb sei es seiner Meinung nach notwendig, den Anschlag nochmal in einem breiteren Kontext zu analysieren, um weitere Verantwortliche festzustellen: denn er denkt, die verurteilten Rechtsextremisten handelten nicht allein. Auch wenn mittlerweile wichtige Persönlichkeiten der Siebziger und Achtziger Jahre nicht mehr am Leben sind - wie der mehrmalige Ministerpräsident und Senator Giulio Andreotti -, ist der Verein davon überzeugt, dass "es noch möglich ist, die Auftraggeber des Anschlages zu ermitteln".

Für viele klingt das utopisch. Obwohl zahlreiche Hinweise erst mit der Zeit (und durch andere Prozesse) ans Licht kamen, wurden viele Dokumente vernichtetet oder galten seit jeher als verschwunden. Nur eines ist sicher: eine Generation danach fehlt noch immer ein überzeugendes Motiv und das Attentat von Bologna bleibt ein offenes Kapitel. Ein durchaus schmerzhaftes Kapitel, das uns ständig an die Gewalt der "Bleiernen Jahre" in Italien erinnert.

Nachwort: die Rechtsterroristen Francesca Mambro und Valerio Fioravanti haben im Gefängnis geheiratet und sind jetzt frei.

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