Oft haben außenpolitische Aktivitäten ja in erster Linie innenpolitische Ziele. So auch im jüngsten Konflikt zwischen Ecuador und Mexiko. Der junge ecuadorianische Präsident Daniel Noboa wollte sich mit der gewaltsamen Erstürmung der mexikanischen Botschaft in Quito am vergangenen Freitag das Image eines harten Kerls geben. Er tat dies mit Blick auf das Referendum am 21. April, in dem es um eine Stärkung des Militärs im Kampf gegen die Drogenkriminalität im Land sowie die Umsetzung neoliberaler Wirtschaftskonzepte gehen wird. Noboas Popularität schien in letzter Zeit zu bröckeln, doch will er mit der Abstimmung seine Kampagne für die erneute Präsidentschaftswahl im Februar 2025 lancieren.
Die Eskalation weist gleichzeitig auf Wider
auf Widersprüche und Schwächen des Regimes hin. Ausgangspunkt des Konflikts war ein – wenig diplomatischer – Kommentar des mexikanischen Präsidenten, dass bei den letzten Wahlen in Ecuador die Ermordung des Kandidaten Fernando Villavicencio am 9. August 2023 zum Stimmenverlust der progressiven Kandidatin und damit zum Wahlsieg Noboas geführt habe. Noboa erklärte daraufhin die mexikanische Botschafterin zur Persona non grata.Die Ermordung Fernando VillavicenciosTatsächlich gibt es zum Attentat ausreichend Fragen. So ist der Mord bis heute nicht aufgeklärt, obwohl extra das FBI zur Unterstützung angereist war. Sieben vermutlich Tatverdächtige wurden in Haft ermordet. Und direkt vor der Stichwahl, aus der Noboa knapp als Sieger hervorging, ließ die Generalstaatsanwältin das Statement eines anonymen Zeugen in der Öffentlichkeit zirkulieren, die Verantwortlichen seien im Umfeld von Gonzalez und des ehemaligen Präsidenten Rafael Correa anzusiedeln. Belege hierfür gab und gibt es nicht. Als Replik auf die Ausweisung seiner Botschafterin sprach Mexiko dem in der Botschaft Zuflucht suchenden ehemaligen ecuadorianischen Vizepräsidenten Jorge Glas, der wegen Korruptionsvorwürfen erneut in Haft sollte, Asyl zu. Daraufhin schickte Noboa seine Polizei, die mit Gewalt in die mexikanische Botschaft eindrang und Glas abführte. Dies war eine klare Verletzung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, was in Lateinamerika von rechten wie linken Regierungen einhellig kritisiert wurde. Mexiko brach seine diplomatischen Beziehungen zu Ecuador ab.Neben innenpolitischem Kalkül dürfte die Verwerfung auch mangelnder außenpolitischer Erfahrung und einem Hang zur Großmannssucht bei dem Milliardenerben Noboa geschuldet sein. Bereits im Februar leistete er sich einen üblen Fauxpas, als er ankündigte, sein Land würde vor Jahren von Russland gelieferte Militärgüter über die USA in die Ukraine liefern, das meiste sei eh „Schrott“. Moskau verwies darauf, dass dies ein klarer Vertragsbruch sei und kündigte umgehend fünf ecuadorianischen Bananenfirmen die Einfuhrlizenz. Russland ist ein großer Absatzmarkt für ecuadorianische Bananen, insbesondere für die Firma des Vaters des Präsidenten. Sang- und klanglos verschwand das Vorhaben aus der Öffentlichkeit. Es steht zu befürchten, dass es mit dem Überfall auf die Botschaft Mexikos nicht viel anders sein wird.Daniel Noboa scheint zu glauben, dass er den Staat wie sein Vater das familieneigene Bananenimperium führen darf: autoritär und selbstherrlich. Und leider ist nicht ausgeschlossen, dass vielen Ecuadorianer*innen im Moment der größten Krise ihres Landes genau dies als Lösung erscheint.