Kämpfe um Tripolis/Militäroperation im Süden

Libyen. Waffenstillstand zwischen Milizen in Tripolis gebrochen/General Hafter führt militärische Operationen im Süden des Landes durch/Angriff auf Wasserversorgung des Landes.

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Milizenkämpfe in Tripolis

Am Dienstag, den 15. Januar, begannen im Süden von Tripolis Kämpfe zwischen der 7. Infanterie Brigade (Kani-Brigade aus dem etwa 60 km von Tripolis entfernten Tarhuna) und der Tripolis Protection Force (TPF). Bei den Auseinandersetzungen, die am Mittwoch eskalierten, wurden nach neusten Meldungen mindestens zehn Menschen getötet und 41 verletzt. Der vor vier Monaten ausgehandelte Waffenstillstand ist somit hinfällig.

In Tarhuna blieben die Schulen geschlossen und es herrscht eine allgemeine Ausgangssperre. Qasr Ben Gashir soll derzeit vollständig von der TPF kontrolliert werden, während in Asbi'ah (50 km von Tarhuna entfernt), einem Gebiet mit etwa 90.000 Einwohnern, gekämpft wird. Das dortige Krankenhaus wird von der 7. Infanteriebrigade kontrolliert.

Im Dezember hatten sich die vier vorherrschenden Milizen[1], die die Hauptstadt Tripolis im Würgegriff halten, zusammenschlossen und in Tripoli Protection Force (TPF) umbenannt. Nominell unterstanden sie dem ‚Innenministerium‘ des Präsidialrats unter Sarradsch. Doch der erst im Oktober neu ernannte Innenminister Fathi Bashagha klagte vor wenigen Tagen, dass Teile der Tripolis-Milizen innerhalb seines Ministeriums eine parallele Organisation bildeten, die eigene Operationen außerhalb der Regierungsgewalt durchführten: „Sie sind keine Miliz, sondern illegale Gruppen, die zu Chaos und mangelnder Sicherheit beitragen. Sie handeln für fremde Nationen.“

Es scheint sich dabei aber nicht nur um einzelne Teile der Tripolis-Miliz zu handeln, denn die TPF-Miliz erklärte gestern in einer Stellungnahme, dass sie nicht länger Befehle des Präsidialrats entgegennehmen werde, außer es handle sich um Entscheidungen, die einstimmig von allen neun Präsidialratsmitgliedern getroffen wurden, und zwar solange, bis ein neuer Präsident gewählt sei, d.h. die TPF hat sich vom Innenministerium abgekoppelt.

Die TPF scheint jetzt auf eigenes Kommando versucht zu haben, das Gelände des Internationalen Flughafens von Tripolis wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen. Im September 2018 hatte der damalige Innenminister die Sicherung des Geländes an die 7. Brigade übergeben. Da Fathi Bashagha den Standpunkt vertrat, dass der internationale Flughafen, der von einem italienischen Konsortium wieder aufgebaut werden soll, nicht unter der Kontrolle einer Miliz stehen könne, wurde die Aufsicht über das Flughafengelände zwei Tage vor Beginn der jetzigen Kämpfe von der 7. Brigade an das Sicherheitsdirektorat in Tripolis übergeben.

Die 7. Brigade bekräftigte ihre Unterstützung für das Innenministerium bei der Durchsetzung von Sicherheitsabkommen und bekräftigte ihr Engagement für den Frieden. Die Regierung unter Sarradsch hat bisher noch nicht erklärt, auf welcher Seite sie bei den Kämpfen steht.

Die Vertreter der UN-Sondermission für Libyen trafen sich gestern mit dem ‚Innenminister‘ Fathi Bashagha in Tripolis, um ihre Unterstützung für den Präsidialrat zu bekunden. Teils per Videoübertragung waren Vertreter von 17 Ländern, darunter auch der EU-Vertreter, anwesend. Diskutiert wurde der Aufbau neuer Sicherheitsorgane.

Gestern fand in der Stadt Bani Walid auch ein Treffen zwischen den verschiedenen Würdenträgern und Vertretern der libyschen Stämme und Städte statt. Der Rat der libyschen Stämme und Städte, die sich auf die nationale Versöhnungskonferenz vorbereiteten, verurteilte nachdrücklich die neue Welle der Gewalt und die „Auseinandersetzungen zwischen den Söhnen der Heimat im Süden der Hauptstadt Tripolis“. Der Rat rief alle Parteien dazu auf, die Kämpfe unverzüglich einzustellen und auf Vernunft und Dialog zu setzen, um die Krise zu lösen.

General Hafter startet Militäroperation im Süden Libyens

Im Süden des Landes kommt es zu neuen militärischen Operationen. General Hafter will mit seiner Libyschen Nationalarmee (LNA) die dortigen Öl- und Gasanlagen sichern und gegen den IS und andere Extremisten vorgehen. Außerdem soll die Operation der Bekämpfung der illegalen Migration dienen. LNA-Sprecher Ahmed Mismari sagte: „Wir kündigen den Beginn einer Militäroperation zur Befreiung des Südens an“.

Es wird berichtet, dass mehrere LNA-Einheiten nach Sebha, der größten Stadt im südlichen Libyen, verlegt wurden. Nur zweihundert Kilometer davon entfernt befindet sich das Scharara-Ölfeld, das größte Ölfeld Libyens. Das Scharara-Ölfeld wurde im Dezember 2018 unter Mithilfe der Sicherheitsmannschaft Petroleum Facilities Guide (PFG) von Mitgliedern der Bewegung „Zorn des Fessan“ besetzt, die Gehaltszahlungen und einen regionalen Entwicklungsplan einfordern.

Durch die militärischen Operationen von General Hafter im Süden Libyens fühlen sich die politischen Kräfte in Tripolis alarmiert.

Angriffe auf die Wasserversorgung

Daneben wurde am Mittwoch vom Great-Man-Made-River-Projekt gemeldet, dass auf die Anlagen weiterhin Angriffe und Sabotageakte von bewaffneten Milizen ausgeführt werden. Dämme und Leitungen würden beschädigt, es käme zu großen Wasserverlusten: „Diese Zerstörungsakte sind ein abscheulicher Angriff auf das libysche Volk.“ Der Staat müsse für die Sicherheit dieser Anlagen in die Verantwortung genommen werden.

https://www.libyaherald.com/2019/01/17/six-dead-38-injured-as-south-tripoli-militia-fighting-resumes/

https://specialelibia.it/2019/01/16/la-violenza-riesplode-a-tripoli/

https://www.libyaobserver.ly/news/tripoli-protection-force-disobeys-libyas-presidential-council

https://specialelibia.it/2019/01/18/il-forum-delle-tribu-e-delle-citta-libiche-condanna-gli-scontri-a-sud-di-tripoli/

https://www.reuters.com/article/us-libya-security-forces/east-libyan-forces-heading-south-to-secure-oil-sites-idUSKCN1P91TR

https://specialelibia.it/2019/01/17/progetto-fluviale-artificiale-denuncia-continui-attacchi/

[1] Die vier Hauptmilizen hießen: Tripoli Revolutionaries’ Brigade (TRB), Special Deterence Force (Kara), 18. Nawasi Miliz und Bab Tadschura Miliz.

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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