Stimmen zu Saif al-Islam Gaddafis Kandidatur

Libyen. In Libyen knüpfen sich große Erwartungen an die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr.

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Am 19.12. gab ein Sprecher der Gaddafi-Familie offiziell Dr. Saif al-Islam Gaddafis Entscheidung bekannt, sich 2018 am Präsidentschaftswahlkampf zu beteiligen. Sollten die Wahlen scheitern, dürfte sich das Land in einen Hexenkessel verwandeln.

17.12.: Ein Artikel in TheDuran[1] sieht für Saif al-Islam Gaddafi gute Chancen. Er wolle das Land wiedervereinen und sich der monumentalen Aufgabe, den Staat Libyen wiederzubeleben, stellen.

Im Gegensatz zum Irak gebe es in Libyen grundsätzlich keine religiöse Spaltung, da im Land neben einer kleinen christlichen Minderheit, die den Schutz Gaddafis genoss, praktisch nur Sunniten leben. Ethnisch bestehe Libyen aus Arabern und arabisierten Berbern. Die beachtliche schwarze Minderheit, die unter Gaddafi sicher war, wurde 2011 von den Dschihadisten entweder ermordet oder vertrieben.

Allerdings leide Libyen unter einer tiefen Spaltung der Stämme. Saif al-Islam bereise nun das ganze Land, um bei den Stämmen für seine Unterstützung zu werben. Tatsächlich könnte er die Integrationsfigur sein, die für die Einigung des Landes gebraucht wird.

Neben dieser großen Aufgabe müsse sich Saif auch noch mit General Haftar auseinandersetzen. Die Zusammenarbeit sei schwierig, da Haftar seinen Vater verraten habe. Da aber beide ein politisch ähnliches Programm haben, sei eine Zusammenarbeit denkbar. Beide sehen ihren Gegner in der unfähigen ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis. General Haftar scheint allerdings eigene Ambitionen für das Präsidentenamt zu hegen.

„Libyen wurde vom Lichtblick Afrikas zu einem der gefährlichsten und deprimierendsten Plätze auf der ganzen Welt. Dieses Land braucht jede mögliche Hilfe für seinen Wiederaufbau. Ob Saif al-Islam es schaffen könnte, was bisher niemanden gelang? Er sollte die Möglichkeit erhalten, es zu probieren.“

19.12.: SputnikNews[2] zitiert verschiedene politische Analysten. Während einige Beobachter wie Federica Saini Fasanotti[3] meinen, er habe zwar viele Anhänger, aber es wären nicht genug, um ihn zum Präsidenten zu wählen, meint Alison Pargeter[4]: „Saif Islam bekommt ein gewisses Ausmaß an Unterstützung von den Stämmen, die dem damaligen Regime gegenüber loyal waren. Das konzentriert sich auf bestimmte Gebiete Libyens, wie im Westen der Wirschefana-Stamm, sowie Gebiete im Süden und im geringeren Ausmaß Gebiete im Osten.“ Andererseits hafte ihm noch seine Vergangenheit an. Pageter vermutet, dass General Haftar das Land in weitere Instabilität stürzen könnte und dies für Gaddafi nicht hilfreich ist.

Eine andere Meinung vertritt Alessander Bruno[5]: „Gaddafi und Haftar könnten sich zusammentun.“ Saif, den gemeinsame Erfahrungen mit den Milizen verbinden, die ihn gefangen hielten, könnte es schaffen, Libyen zu Stabilität zu verhelfen. Dies könne kein anderer libyscher Politiker schaffen. Außerdem könne sich Gaddafi die Unterstützung von Russland und Ägypten sichern, ebenso wie von europäischen Ländern, denen es wie Italien vor allem um den Stopp der Migration aus Libyen ginge.

19.12.: LibyanWarTheTruth[6]schreibt, dass sich Saif al-Islam bei Wahlen einer großen Zustimmung sicher sein könne. Saif al-Islam hätte, sollte er gewählt werden, auch die Unterstützung der Afrikanischen Union. Die libyschen Stämme unternähmen große Anstrengungen, damit die Wahlen ein Erfolg werden. So werden die im Exil im Ausland lebenden Libyer dazu aufgerufen, sich für die Wahl registrieren zu lassen. Der Hohe Führer aller Stämme, Scheik Ali Alahwel, setze sich mit aller Kraft dafür ein, dass so viele Libyer wie möglich zu den Wahlen gehen können.

21.12.: LibyanWarTheTruth[7] freut sich über ein Video, das eine Druckerei in Tripolis beim Druck von Flyers mit dem Konterfei von Saif al-Islam Gaddafi zeigt. Es sei ein großartiges Zeichen der Hoffnung, dass nun auch in Tripolis Saif al-Islam unterstützt werde. Tripolis sei die letzte libysche Stadt, die immer noch von den Besatzern kontrolliert wird. „Libyen feiert die Kandidatur von Dr. Saif al-Islam Gaddafi, den es als seinen Bruder ansieht: der Mann, der das Land einen kann.“

„Im Juni 2017 wurde Dr. Saif von allen Anklagen freigesprochen und fiel unter eine vollkommene Amnestie der legal gewählten Regierung von Tobruk.“ Und: „Die Großen Stämme werden die Stimme des libyschen Volkes weltweit in allen Medien hörbar machen. Sie arbeiten eng mit der Afrikanischen Union zusammen, die Stammesstrukturen, wie sie in Libyen gegeben sind, verstehen. Der einzige Weg zu Frieden und Sicherheit in Libyen führt über die Unterstützung der Stämme und von Dr. Saif. Die Stämme werden der Welt zeigen, was das libysche Volk wirklich möchte. Das ist nicht das, was die westlichen Imperialisten in Libyen erreichen wollen.“

23.12.: SputnikNews[8]zitiert libysche Studenten, die zur Kandidatur von Saif al-Islam für das Präsidentenamt Stellung nehmen: „(...) Der Bürgerkrieg in all seinen Facetten, der nun über sechseinhalb Jahre dauert, hat den einst geeinten Staat entlang der ehemaligen drei Kolonialgebiete gespalten. (...) Die Ost-West-Spaltung schien unwiderruflich zu sein, aber Saifs Kandidatur bietet die Chance, dies alles wieder zu ändern. Wenn es ihm gelingt, die Kontakte, die sein Vater zu den Stämmen hatte, wiederherzustellen und in eine gute Zusammenzusammenarbeit münden zu lassen; oder vielleicht sogar in eine Allianz – mit General Haftar.

(...) Es sieht jetzt so aus, als könne ein Mitglied der Gaddafi-Familie Teil der Lösung des Problems sein – ob es dem Westen gefällt oder nicht.“

24.12.: In einem Interview mit SputnikNews[9] sagt der Experte für Terrorismus und organisiertes Verbrechen, David Otto, über Saif al-Islam Gaddafi: „Er ist ein Mann, der durch die politische Hölle gegangen ist. Er weiß ganz genau, was Libyen weiterbringen könnte, hin zu einem modernen Regierungssystem, vom Volk für das Volk. (...) Saif al-Islam ist jemand, der weiß, wie wichtig seine Glaubwürdigkeit ist. Er weiß genau, dass es das libysche Volk ist, das zählt. Er weiß auch, dass viele Libyer, die zur stillen Mehrheit gehören, die Macht der Wahlen nutzen werden. Sie sind es, die am meisten darunter leiden, was aus Libyen seit der Ermordung des Vaters von Saif geworden ist. Schon jetzt ist es Saif gelungen, fast 80 Prozent der Mitglieder des Stammesrates hinter sich zu versammeln. Man muss sich vorstellen, dass sich Libyen aus etwa 140 Stämme zusammensetzt. (...) Sein Vater schaffte es, alle diese 140 Stämme zu kontrollieren. Dies hat Saif während der Herrschaft seines Vaters erlebt. Während der im Gefängnis verbrachten Zeit konnte er die Stammesdynamik studieren und einen Plan entwerfen. Jetzt bringt er einige der größten libyschen Stämme zusammen. Viele dieser Stämme unterstützen ihn und das stärkt seine Position gewaltig. (...) Unter den Stämmen hatte sich Desillusionierung breitgemacht. Sie schauen zurück auf die Zeit unter Saif Gaddafis Vater und denken, dass diese Zeit weit besser war. Er hat tatsächlich eine große Unterstützung, weil er als die einzige Person gilt, die die große Mehrzahl der Stämme einigen kann.

(...) Ich denke, für den Westen stellt dies ein irgendwie verwirrendes und unglaubliches Szenario dar. Aber Gaddafis Sohn versteht, dass bei demokratischen Wahlen, bei der die Libyer für Saif stimmen, dies niemanden sonst etwas angeht. Natürlich benötigt Libyen Unterstützung aus dem Ausland, vermutlich aus vielen Ländern, auch von der Afrikanischen Union. Das müsste reichen, um Libyen aus den Unruhen herauszubringen, sogar wenn Libyen von der EU links liegen gelassen wird.

Ich glaube, Saif al-Islam wird gewinnen und erfolgreich sein, indem er Libyen wieder vereint und die Krise und das Chaos beendet (...), vielleicht in Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union. Und falls er vielleicht die dschihadistischen Gruppen in der Sahara besiegt und für Stabilität bei seinen regionalen Nachbarn sorgt, dann wird sich die Reaktion des Westens zum Positiven wenden. Der Westen sucht ja auch verzweifelt nach einem Wunder, um das Problem zu lösen (...). Und wenn Saif al-Islam die richtige Person dafür ist, dann denke ich, haben sie nicht viel einzuwenden.“

28.12. LibyanWarTheTruth[10] wertet das Hochschnellen der registrierten Wähler nach der Bekanntgabe von Saif al-Islams Kandidatur von 300.000 auf fast 1,7 Mio. als Zeichen der großen Unterstützung, die Saif in Libyen genießt. „Die Großen Stämme von Libyen unterstützen jetzt öffentlich Dr. Saif als Präsident von Libyen, ebenso wie die Afrikanische Union nun die Großen Stämme unterstützt. Ein Foto zeigt den Hohen Führer aller libyschen Stämme, wie er bei einer Konferenz in Ägypten Dr. Saif unterstützt. (...) Das libysche Volk schöpft endlich etwas Hoffnung für die Zukunft.“

(...) „Dr. Saif weiß, wie Libyen mit seinen Stammesstrukturen funktioniert. Sie wissen, dass er immer hier war und die Große Dschamahirija, die von seinem Vater entwickelt worden war, kennt. Deshalb kann er das libysche Volk in Freiheit wieder vereinen. (...) Das libysche Volk wird durch die Wahlen seine Stimme erheben.“

(...) „Der Internationale Strafgerichtshof verwendet dieselben Lügengeschichten gegen Dr. Saif, die auch gegen seinen Vater zur Anwendung kamen. Er weigert sich, die Anklage fallen zu lassen, obwohl es keinerlei Beweise für die Straftaten gibt, die Dr. Saif vorgeworfen werden.“

(...) „Die Wahl des Jahres 2018 wird die Wahl werden, die Libyen die Souveränität zurückgibt, geführt von echten Libyern, die von libyschen Bürgern legitimiert sind. Die große Mehrheit des libyschen Volkes unterstützt Dr. Saif al-Islam Gaddafi als libyschen Präsidenten. Weder Drohungen, noch Lügen oder schmutzige Tricks werden es davon abhalten, ihren gewählten Führer zu unterstützen. Es ist nicht Sache der Vereinten Nationen, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, der VAE, Saudi Arabiens oder Israels, Libyen vorzuschreiben, wer ihr Führer sein soll. Es ist Sache der libyschen Bürger über die Stammesstrukturen – und jeder Libyer gehört einem Stamm an – mit ihren Brüdern und Schwestern zusammenzuarbeiten, um jemanden zu wählen, der ihr Land führen wird.“

[1] http://theduran.com/breaking-saif-al-islam-gaddafi-run-president-libya-2018/

[2] https://sputniknews.com/analysis/201712191060143770-gaddafi-son-election-support/

[3] Federica Saini Fasanotti: Center for 21st Security and IntelligenceThe Brookings Institut

[4] Alison Pargeter: Royal United Services Institut (RUSI)

[5] Alessandro Bruno: Berater bei Lombardi Letter (Toronto) und ehemaliger UN-Offizier für Nordafrika

[6] http://libyanwarthetruth.com/libyans-celebrate-saif-al-islam-ghadafi-announces-candidacy-president-libya

[7] http://libyanwarthetruth.com/video-tripoli-libya-dr-saif-al-islam-ghadafi-supported-candidate-president

[8] https://sputniknews.com/radio_trendstorm/201712231060244952-libya-the-return-of-gaddafi/

[9] https://sputniknews.com/analysis/201712241060287862-gaddafi-son-libya-forward-specialist/

[10] http://libyanwarthetruth.com/libya-voting-registration-soars-saif-al-islam-ghadafi-enters-presidential-race

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

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