Warnung an die italienische Regierung

Libyen. Ahmed Gaddafi al-Dam warnte die neue italienische Regierung. Es sei ein schwerwiegender Fehler, sich den Wahlen entgegenzustellen.

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Am 7. August 2018 gab Ahmed Gaddafi al-Dam, Cousin von Muammar al-Gaddafi und heute Führer der Nationalen Kampffront, bei specialelibia.it ein Exklusiv-Interview, das er als Antwort auf die Aussagen des italienischen Botschafters Giuseppe Perrone verstand, der gefordert hatte, die Wahlen in Libyen zu verschieben.

In dem Interview drückt Al-Dam sein Bedauern aus, dass sich die aktuelle italienische Politik wieder bei Anleihen aus der Kolonialzeit bediene. Dabei wisse man doch, dass der Kolonialismus gescheitert ist. 2011 habe Italien sein Versprechen gebrochen, Libyen nicht anzugreifen. Das Land sei bombardiert und Libyen zerstört worden. Trotz Warnungen greife Italien jetzt wiederum in die Mottenkiste des Kolonialfaschismus‘. Italien meine, Libyen wieder zu einer italienischen Kolonie machen zu können und habe Kriegsschiffe und Soldaten nach Tripolis, Misrata und Dschafra entsandt.

Al-Dam zeigte sich enttäuscht von der neuen italienischen Regierung. So habe Italien angefragt, ob es Land zur militärischen Nutzung in Libyen erwerben könne. Ebenfalls forderte es Immobilien zurück, die es in der Kolonialzeit besaß. Das sei lächerlich. Der italienische Verteidigungsminister habe sich einer speziellen Sprache bedient und auch die jüngsten Äußerungen des italienischen Botschafters würden Befremden auslösen. Italien stünde es nicht zu, eine Verschiebung der Wahlen in Libyen zu fordern. Dies stelle eine erneute Respektlosigkeit dar. Italiens Jugend habe mit friedlichen Protesten auf den Straßen dagegen protestiert.

Er habe wiederholt davor gewarnt, dass das Libyen von heute nicht mehr das Libyen von 1911 ist. Generationen von Libyern seien in der Gaddafi-Zeit zu stolzen Bürgern herangewachsen, die sich nun darauf vorbereiten, dass Libyen wieder helleren Zeiten entgegengeht. Doch die dumme italienische Politik lasse wieder bittere Erinnerungen hochkommen. „Friedliche Proteste und weiße Fahnen werden in allen Städten und Dörfern so lange zunehmen, bis eine aufrichtige Entschuldigung erfolgt. [...] Ich warne Ihren Botschafter, die Proteste dutzender junger Menschen, wie bereits geschehen, ins Lächerliche zu ziehen. Und ich warne die italienische Regierung: Die Zeit vergeht schnell und das, was heute noch machbar wäre, dafür kann es morgen bereits zu spät sein. Das heutige Libyen der Schwäche, der Demütigung und des Schweigens geht zu Ende. Wir haben das Potential und die Verbündeten. Wir verteidigen unser Recht auf Leben. Ich appelliere an das italienische Volk, unseren Freund und Nachbarn, sich uns anzuschließen, um keine große Enttäuschung erleben zu müssen.“

„Wir sind Menschen. Wir sind heimatlos aufgrund eurer Aggression des Jahres 2011, die uns in diese verheerende Lage versetzte. Wir sind weder Öl- oder Gasfässer, noch sind wir dazu da, ausländischen Nationen als Austragungsort ihrer Konflikte zu dienen. Wo sind Zivilisation, Sicherheit, Werte und Demokratie der Vereinten Nationen?“

Von 1969 an[1] habe Libyen 42 Jahre lang seine Ressourcen selbst kontrolliert und das Mittelmeer sicher geschützt. Bis zum NATO-Krieg 2011, der nicht einmal erklärt wurde, habe es Gutes für den afrikanischen Kontinent geleistet und in Frieden mit allen Nachbarstaaten gelebt. Libyen habe den kriegerischen Angriffen acht Monate widerstehen können. Dies werde in die Geschichtsbücher eingehen.

„Ich weiß, dass diese Worte schmerzen. Ich möchte direkt mit Ihnen darüber sprechen, auch wenn ich weiß, dass der libysche Außenminister unsere Position bereits erklärt hat. Ich möchte das befreundete italienische Volk hören und erwarte Ihre Antwort.“

https://specialelibia.it/2018/08/07/esclusiva-ahmed-gaddaf-al-dam-si-rivolge-al-popolo-italiano-non-siamo-solamente-barili-di-petrolio-e-gas-stiamo-soffrendo/

[1] A.d.Ü.: Revolution und Machtübernahme Gaddafis

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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