Die Geschichtsvergessenen.

Freund-Feind-Schema. niemand erinnert sich noch an den beginn des ersten weltkriegs vor 100 jahren. wer ist schon so alt? niemand erinnert heute an den gegensatz athen-sparta samt folgen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

aber heute morgen hörte ich im radio, wie jemand referierte, was für zustände oder umstände vor hundert jahren herrschten. die "kanzler" predigten unisono pro krieg. wer hat die kirchen für ihre große mitschuld je zur rechenschaft gezogen? das war meinungsmache 1914. "unter den talaren..."

als der ost-west-gegensatz noch in voller blüte stand, verglich ein dozent die verhältnisse mit denen in griechenland vor ca. zweieinhalbtausend jahren. sparta setzte er mit der udssr gleich und athen mit den usa. das spartanische system musste natürlich schlechter abschneiden. der reichtum athens in jeder hinsicht überzeugte.

der vortragende war ein platoniker, der die unausweichliche existenz der gegensätze seinerzeit wie im altertum für ewig wirksame strukturen ausgab. sozusagen platonische ideen, die im laufe der geschichte wieder und wieder sichtbar in erscheinung treten müssen. die im setzkasten der historie vorhandenen bleiernen buchstaben und zeichen.

für den studenten damals waren das lichtvolle "lesungen" im fürstenberghaus zu münster. wilhelm eschmann sprach frei, in einer flüssigen lächelnden prosa. er hielt sich nicht fest am katheder. und ich stellte keine kritischen fragen. wie die, ob nicht die darstellung der zeitlosen strukturen das alles überragende phänomen der herrschaft verschleiere.

nicht die sich im laufe der zeit wiederholenden moden der kaiserlichen kleider müssen historisch revuepassieren, die nackte herrschaft ohne helm und hose muss thema sein. sie in ihrer hässlichen ungestalt zu sehen, in ihrer grauenhaften bestialität. und sodann muss gefragt und gesagt werden, wie die bestie herrschaft zu zähmen ist, wie sie domestiziert werden kann.

wer aber zu jung und zu dumm ist, sich von den predigten und medien aufhetzen zu lassen für die eine oder andere partei, gibt der bestie herrschaft neue nahrung, verfüttert sein selbst an den minotaurus. das geschrei der redner geht dem lärm der waffen voraus, dem freudentanz der bestie herrschaft. denn nie ist herrschaft so ganz lebendig wie im todbringenden krieg. wie im befehl zur vernichtung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden