jetzt fliegen sie wieder.

pioniere. nicht die kraniche sind gemeint, deren piloten gerade streiken, auch nicht die echten zugvögel, sondern die zwei schweizer piloten piccard und borschberg.

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wer es noch nicht mitbekommen hat (das wichtigste ist bei wikipedia nachlesbar): bertrand piccard hat sich angeblich nach seiner weltumrundung im heißluftballon geschworen, die nächste runde ohne treibstoffabhängigkeit zu machen.

das fluggerät seiner wahl war und ist das solarflugzeug solar impulse. die probeflüge waren bisher alle erfolgreich, wenn auch mal eine flügelbespannung riss. nachdem afrika erreicht und die usa durchquert wurden, steht nun die erste erdumrundung per solarflugzeug an. der start war vor knapp zwei wochen in abu dhabi. jetzt müsste irgendwo in indien ein geplanter zwischenstopp gehalten werden.

das viel bewunderte vögelchen hat eine flügelspannweite von 72 metern, wiegt aber nur etwa zwei tonnen. vier propeller treiben oder ziehen die maschine an. in der luft erreicht si2 (der zweite prototyp der solar impulse) lahme 70 stundenkilometer. das fühlt sich an wie stillstand. die antriebsenergie liefert die sonne über siebzehntausend solarzellen, vor allem auf den tragflächen.

um platz und gewicht zu sparen, hat si2 nur ein cockpit. die piloten wechseln sich ab. nach der quälerei durch tag und nacht. nachtflug ist möglich und wird genutzt. tagsüber soll die maschine auf einige tausend meter höhe aufsteigen, um bei sonnenuntergang auf gleitflug umzustellen und danach in etwa 1500 m höhe mit der gespeicherten energie aus den akkus die höhe bis zum sonnenaufgang zu halten.

die piloten und entwickler sind bisher mit preisen und auszeichnungen überschüttet worden. über mangelnde aufmerksamkeit der medien können sie sich nicht beklagen. die idee, nicht mehr mit fossiler energie zu fliegen, ist klar zukunftweisend. piccard predigt die energiewende weltweit. das ist alles richtig und überzeugend, wenn auch nicht mehr ganz neu. ich frage mich nur, warum diese idee nach alter weise per vogelflugimitat vorangetrieben werden muss. die piloten nehmen dafür stress und strapazen auf sich.

otto lilienthal hatte das bild des fliegenden storchs vor augen, als er daranging, seine flugapparate zu konstruieren. das war ende des 19. jahrhunderts. die kraniche der lufthansa können das alte vorbild nicht verleugnen. und sie verschwenden ungeheure mengen treibstoff.

die sonnenflotte der zukunft ist längst technisch machbar. es muss nur noch das ei, der zeppelin nt, auf solarantrieb umgestellt werden. in der gondel könnten die piloten die weltumrundung genießen, statt im engen cockpit ihrer flügelmühle zu frieren und zu schwitzen. und schlechtes wetter zu fürchten. wahrscheinlich wirkt das bild berühmter flugmaschinen nach. womöglich auch der missbrauch der zeppeline und ihr katastrophales ende. trotzdem: der solarzeppelin ist dem solar impulse um vieles voraus. falsches heldentum am falschen objekt. schade.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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