Koch und Kellner

Sachsen-Anhalt Seit wenigen Wochen hat Sachsen-Anhalt eine neue Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen.

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Wer ist nun Koch und wer Kellner im "kenianischen" Spezialitäten-Restaurant an Elbe und Saale? Der Koalitionsvertrag ist da wenig aussagekräftig, wie man an den Zuständigkeiten für Kultur und Bildung sehen konnte. Um zu verhindern, dass künftig zwei Ministerien für Kultur zuständig wären, hat Bildungsminister Marco Tullner die Abteilung Hochkultur inzwischen komplett an die Staatskanzlei abgegeben. Letztere ist nun nicht nur für die Spektakel zum Luther- und Bauhaus-Jubiläum zuständig, sondern auch für Theater, Orchester, Denkmalschutz, Bibliotheken, Literatur, Museen sowie Traditions- und Heimatpflege. Der Gedanke dahinter ist, dass jeder vom Land geförderte Kulturschaffende an der ganz kurzen Leine von Staatskanzlei und Ministerpräsident laufen soll. Ob Ring-Inszenierung oder Feuerwehrfest, jeder soll unserer genialischen Ministerialbürokratie huldigen!

Eingebetteter MedieninhaltNoch verzwickter ist die Lage im Umweltbereich: zentrale Themen im Wahlkampf der Grünen waren ein zügiger Ausstieg aus der Braunkohle und eine sachgerechte Rekultivierung der Tagebaue. Doch die neue grüne Umweltministerin Claudia Dalbert hat überhaupt keinen Zugriff auf Kohle- und Energiefragen. Denn das Referat 36 - Bergbau, Geologie und Rohstoffsicherung - und mit ihm das Landesamt für Geologie und Bergwesen gingen an das Wirtschaftsministerium unter dem SPD-Kanalarbeiter Jörg Felgner. Ins Umweltministerium gelangte lediglich das Referat 35 (Energiepolitik, Energie-Strukturentwicklung und Energieberatung). Die Umweltministerin darf nun Häuslebauer mit Energiespar-Vorschriften schurigeln, auf die Kohlepolitik des Landes hat sie keinen Einfluss mehr. Dabei wäre die grüne Handschrift beim Kohleausstieg so wichtig gewesen!

So prüft das Bergamt gerade, ob und wie der Kohleförderer Mibrag (im tschechischen EPH-Konzern) insolvenzfeste Rückstellungen für die Tagebau-Sanierung aufbringen soll. Dalbert und örtliche Initiativen sind sehr dafür,
Wirtschaftsminister Felgner interessiert das wenig. Als SPD-Parteisoldat vertritt er die festgezurrte Parteilinie, nach der ein Ausstieg aus der Braunkohle frühestens 2030 beginnen soll. Dalbert weist darauf hin, dass im Koalitionsvertrag ein klarer Kohleausstieg formuliert sei. Es werde keine neuen Tagebaue und keine neuen Kohlekraftwerke für die energetische Nutzung geben. Die Nutzung der Braunkohle in Sachsen-Anhalt ende mit der Auskohlung des Tagebaus Profen. Doch das Kleingedruckte lässt auch hier eine Hintertür offen, um die Kohleförderung auszuweiten. Im Tagebau Profen wird die Mibrag neue Abbaufelder aufschließen und Einwohner zwangsweise umsiedeln.

Weitere 20 Jahre lang kann auch Kohle aus benachbarten sächsischen Tagebauen eingeführt werden. So könnte etwa Kohle aus der Grube Vereinigtes Schleenhain eingesetzt werden, sollte es einmal an Brennstoffen für das Kraftwerk Schkopau im Saalekreis mangeln. Sogar für neue Tagebaue gibt es im Koalitionsvertrag eine Hintertür. Nur für die energetische Nutzung werde es „keine neuen Tagebaue“ geben. Ein neuer Aufschluss für die stoffliche Nutzung der Kohle etwa in der Chemie ist ohne weiteres möglich.

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Geschrieben von

hadie

Was die Arbeitnehmer jetzt brauchen, ist ein Rettungsschirm für die Portemonnaies. (Frank Bsirske)

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