Seumegedenken wandert weiter

Sparwahn Im Rahmen von Sparanstrengungen hat die Stadt Grimma ihren Mietzuschuss für den Betrieb des Seume-Hauses am Markt 11 gestrichen, das Haus soll geschlossen werden.

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"Göschens Welt - Das Göschenhausjournal 2016" teilte es in dürren Worten mit: Ab 2017 kann der Seume-Verein „ARETHUSA“ e. V. Grimma das Seume-Haus nicht mehr bewirtschaften.

Auf der Suche nach Lösungen für den Weiterbetrieb bissen die Vereinsmitglieder bei der Stadt auf Granit, da sie dem Kämmerer kein Konzept für die Erwirtschaftung genügender Einnahmen vorlegen konnten. Einige Ausstellungsstücke wandern jetzt weiter ins Göschenhaus im benachbarten Hohnstädt, wo sie sich die Aufmerksamkeit mit Puppen, Teddybären und landwirtschaftlichen Geräten teilen müssen.

Nun ist das Andenken an Johann Gottfried Seume zweigeteilt, aber das Verhältnis zwischen Seume-Verein Grimma und Seume-Gesellschaft Leipzig ist ungefähr so wie das der "Volksfront von Judäa" und der "Judäischen Volksfront" in Monty Pythons "Leben des Brian". Ein Hilferuf an die eher wissenschaftlich aufgestellte Seume-Gesellschaft unterblieb also. Auch auf die Hochwässer ist kein Verlass, das Seumehaus liegt zwar mitten im Überschwemmungsgebiet, aber die Fluthilfegelder fallen dem Eigentümer zu.

Der ist übrigens riesig nett, lud uns vor einigen Jahren in die oberen Etagen des mit Sinn und Verstand restaurierten mittelalterlichen Bürgerhauses ein. Nur ist die Familie berufstätig und eben nicht reich genug, um allein ein Privatmuseum betreiben zu können.

Die Räume im Erdgeschoss am Markt 11 waren ehemals die Druckerei des Verlagsbuchhändlers Georg Joachim Göschen, der vor den engen Leipziger Zunftvorschriften hierher geflohen war. Seume arbeitete bei ihm als Korrektor und wohnte in einem Kämmerchen unter dem Dach. Hier entstanden Werkausgaben Klopstocks, Wielands, Goethes und Schillers. Drucktechnische Innovationen wurden vorangetrieben und Buchgestalter wie Amadeus Wenzel Böhm, Johann Friedrich Bause und Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld beschäftigt.

Eine beliebte Begegnungsstätte und ein Kunstort von europäischem Rang droht nun zu verschwinden. "Ich würde mich freuen, wenn wir die erworbenen Kompetenzen aus dieser Zeit im Seume-Haus für die Fortführung einiger Angebote nutzen könnten", schreibt der derzeitige Vorsitzende des Grimmaer Seume-Vereins.

Dann sollte er aber auch etwas dafür tun und auf die Leipziger Seume-Gesellschaft zugehen. Auch die Stadt Grimma ist in der Pflicht, leistet sie sich doch immer noch einen überdimensionierten "Kulturbetrieb" mit hoch bezahlten und uninspirierten Mitarbeitern. Nun soll eine renommierte Museumseinrichtung wegen wenigen hundert Euro Mietzuschuss geschlossen werden!

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Geschrieben von

hadie

Was die Arbeitnehmer jetzt brauchen, ist ein Rettungsschirm für die Portemonnaies. (Frank Bsirske)

hadie

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