Der erste Hinweis auf interessante Äußerungen wurde am 27. November 2015 online gestellt. Nun bin ich auf eine weitere solche gestoßen und muss auf diese ebenfalls hinweisen, auch weil sie zu den ersten beiden passt:
"Der ehemalige Kommandierende des nordamerikanischen Luftverteidigungskommandos NORAD in Alaska, Generalleutnant Tom McInerney, hat sich mit einem bemerkenswerten Hinweis in die Diskussion um den Abschuss der russischen Su-24 durch türkische Kampfjets eingemischt. Es sei egal, ob der russische Bomber kurzfristig im türkischen Luftraum war oder nicht. Wichtig sei, ob die Suchoi in dieser Zeit in feindlich-aggressiver Absicht gegen die Türkei unterwegs war oder nicht. Und das sei hier einwandfrei nicht der Fall gewesen, bekundete McInerney im US-Sender Fox News [bereits am 24. November - HS]. Der ehemalige stellvertretende Stabschef der US Air Force erklärte in einem Interview in der vergangenen Woche: »Ich traue Präsident Erdogan nicht über den Weg. Wir müssen hier sehr vorsichtig sein. Er (der Abschuss der Su-24, jW) war ein übertrieben aggressives Manöver. Als ich Kommandierender von NORAD in Alaska war, hätten wir so etwas nie getan.«
Während die Interviewerin ständig versuchte, ihn zu unterbrechen, konnte der General dennoch erklären, wieso die Su-24 innerhalb extrem kurzer Zeit – nach offiziellen türkischen Angaben 17 Sekunden – von einer F-16 abgefangen und abgeschossen werden konnte: »Das russische Flugzeug war nicht lang genug über türkischem Territorium. Daher konnte das nur im voraus geplant worden sein«, so McInerney. Das heißt also: Die türkische F-16 hatte in Grenznähe »auf der Lauer« gelegen. Damit bestätigte der amerikanische General a. D. den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der in der Pressekonferenz mit dem französischen Staatschef am vergangenen Donnerstag gesagt hatte: »Wir informierten unsere amerikanischen Partner stets im voraus, wo, wann und in welchen Höhen unsere Piloten operieren werden. Die US-geführte Koalition, der auch die Türkei angehört, wusste also zu jeder Zeit, wo unsere Flugzeuge waren. Und das sind genau Ort und Zeitpunkt des Angriffs auf uns.«" (junge Welt, 30.11.15)
Kommentare 8
Ja und?
danke, lieber hans, für die letzte klarheit in der sache. mir war von anfang an klar, dass ankara überreagiert hat, weil es nicht ertragen konnte, dass die "eigenen leute" von den russen erledigt wurden.
so unterschiedlich sind die temperamente im heißen innern der türkei und im eisigen alaska.
Nichts Neues - aber gut zu wissen, dass das auch in der US-Armee so deutlich gesagt wird. Demzufolge hat die NATO tatsächlich die Türkei in eine Falle gelockt, denn ganz ohne Absprache würde Erdogan sich das wohl kaum trauen. Hoffen wir, dass die Kriegstreiber innerhalb der NATO tatsächlich so marginalisiert sind, wie es jetzt den Anschein hat :-) Russland - NATO 2:0
Die aktuelle US-Führungsriege in der NATO besteht aus HardCore-Freaks, die auch gern Süppchen kochen, die nicht unbedingt mit dem WH abgesprochen werden. Doch unabhängig davon, bleibt die Frage, ob die türkische Regierung in eine Falle gelockt wurde oder vielmehr eine, mit wem auch immer abgestimmte Provokation gegen Russland gewünscht war. Der Abschuss eines Militärflugzeuges eines Staates ohne den militärisch-üblichen Gepflogenheiten einer Warnung, wird allgemein als eine Kriegserklärung interpretiert. Da es sich hier zusätzlich höchstens um das Streifen des Luftraumes eines angeblich freundlich gesonnenen Landes handelt, kann keine plausible Erklärung formuliert werden, um diese Interpretation zu entkräften.
Ziemlich sicher ist, dass die türkische Regierung, so unberechenbar sie auch ist, im Vorfeld aus einer oben angesiedelten Instanz grünes Licht erhalten hat, die ihr vermutlich auch versprach, dass sie keine Konsequenzen befürchten muss. Einiges deutet darauf hin, dass einige NATO-Mitglieder not so amused über diesen Vorfall | Deal waren, deswegen gab es nach der NATO-Sitzung letzte Woche auch keine gemeinsame Erklärung dazu. Doch im Endeffekt wird das nur als kleine Verstimmung registriert, da genau diese Mitglieder weiterhin so hasenfüßig wie widerstandslos agieren wie wir sie nicht anders kennen. Die sind nur mutig & stark & resolut, wenn sie die Lizenz zum Nach-Unten-Treten erfüllen dürfen, zum Leidwesen vieler Bürger in den entsprechenden Ländern.
Unter dieser Ausgangssituation, habe ich kein gutes Gefühl, wie sich die Situation in Syrien mit den vielen Falschspielern samt ihrer tauben, blinden & stummen _ ja auch feigen _ Gefolgschaft entwickeln wird. Diese hat gerade beschlossen, der türkischen Regierung unkontrolliert 3 Mrd € in den Allerwertesten zu blasen, das wenigste von dieser Summe wird der Flüchtlingshilfe zu Gute kommen _ auch das ist klar. Dabei hätte sie gerade jetzt angesichts der russischen Sanktionsmaßnahmen ggü. der Türkei eine optimale Ausgangsbasis zu bestimmen, wohin diese Gelder fließen sollen & wer sie anständig zu verwalten hat.
Russland - NATO 2:0
Russland hat der NATO nicht den Krieg erklärt. Es steht MM nach NATO-Russland 1:1, da Russland auf die Provokation militärisch zurückhaltend bzw. nicht reagiert hat. Was Erdogan angeht, werden wir sehen, ob er so lange Präsident sein wird, wie er sich das ausgemalt hat. Wie heißt es doch ganz treffend: Alle lieben den Verrat aber niemand den Verräter…
Falle oder abgestimmte Provokation - letztlich liegt das gar nicht so weit auseinander. Ich denke ja auch, dass es eine Absprache gab und die Zusage, Ankara danach nicht "hängenzulassen" - die Frage ist nur von wem und in welcher Absicht. In jedem Fall gab es für die Rückendeckung keinen Konsens in der NATO, was Erdogan hätte wissen müssen. Und ja, ich habe auch den Eindruck, dass Pentagon und WH nicht wirklich an einem Strang ziehen, vorsichtig formuliert.
Heikel ist die Situation allemal, aber das wissen wohl auch alle Beteiligten. Die Türkei unter Kontrolle zu halten ist das eine, und wenn sie ruhighält und den IS nicht weiter unterstützt, scheinen mir dafür auch 3 Mrd. nicht zu teuer, egal wofür die ausgegeben werden (normales EU-Vorgehen halt;-) - das andere ist die Frage, ob die Neocons und sonstigen Kriegstreiber innerhalb der NATO die Füße stillhalten, während in Syrien die Karten zu Assads Gunsten neu gemischt werden. Ich denke bzw. hoffe ja, aber...
Wieso "nicht reagiert"? Russland richtet jetzt faktisch eine Flugverbotszone ein und kann damit auch jeglichen(?) militärischen Nachschub an IS und Al-Qaida unterbinden - das meinte ich mit 2:0.
Zum letzten Absatz:
Theoretisch ja, aber was wenn eine erneute Provokation stattfindet & in Folge der Abschuss eines NATO-Flugzeuges erwirkt. Wir wissen alle, dass ein toter russischer Pilot nicht so bedauernswert ist wie ein toter Nato-Pilot _ so wie wir bislang auch stets registriert haben, dass das Ausmaß der Empathie für Terroropfer eine geopolitische & ethnische Wertung beinhaltet. Das ist ein ziemliches gruseliges Phänomen, insbesondere wenn dabei noch von westlichen & demokratischen Werten gesprochen wird!
Meine größte Sorge ist allerdings, dass ein Accident mit einem israelischen Flugzeug passiert oder provoziert wird. Die momentane israelische Regierung ist nicht gerade berechenbar im Gegensatz zu ihren Interessen in dieser Region. Doch die Zusammenhänge & die unselige Haltung Israels im Syrienkrieg wird niemanden interessieren…
By the way:
Die Türkei unter Kontrolle zu halten...
Die EU ist nach Russland der wichtigste Handelspartner der Türkei. Eine kluge EU-Politik wäre, gerade angesichts der russischen Sanktionen, auf Erpresung adäquat zu reagieren. Sozusagen auf Augenhöhe.
Das stimmt wohl. Allerdings wird Russland sicher keine französischen oder deutschen Flugzeuge abschießen, und die Türkei hat dort offiziell nichts verloren und wird sich daher m.E. zurückziehen, weil sie gemerkt hat, dass sie im Konfliktfall eben nicht auf die uneingeschränkte NATO-Solidarität bauen kann. Ob Russland beim ersten Übertreten gleich eine Rakete abfeuert, weiß ich nicht - bei Wiederholung mit Sicherheit.
Kommentator Niki sagte es so schön: Im Gegensatz zu Erdogan besitzt Netanjahu Bauernschläue. Außerdem hat er genug Kriegserfahrung und weiß, wie er mit Russland jetzt umzugehen hat (wurde er nicht durch den Golan-Flug schon gewarnt?), daher mache ich mir da keine Sorgen.
Bzgl. der türkischen Erpressung habe ich den Eindruck, dass am WE schon eine weitgehende Einigung erzielt wurde. Die derzeitigen Medienberichte über das IS-Öl sind im Übrigen doch eine Form der Erpressung, oder nicht? Der Deal wird sein, dass die Türkei die Flüchtlinge zurückhält, dafür aber keine ernsten politischen Konsequenzen für ihre IS-Unterstützung zu befürchten hat.