"Let's go to the mall ..."

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Ich war mal wieder in einem Supermarkt. Eigentlich kein besonderes Ereignis. Aber dieses Mal bin ich trotz Hunger fast mit leeren Händen wieder rausgegangen. Zugegeben, es war gerade nur einer der Discounter in der Nähe, wo man meistens nur die Markenprodukte in schlechterer und billigerer verpackter Variante erhält.

Ich laufe also auf der Suche nach meiner täglichen Hauptmahlzeit durch die reich bestückten Regale. Wie eigentlich fast immer, denke ich über den hiesigen Überfluss nach und muss zeitgleich an die Situationen anderer Menschen auf dieser Welt nachdenken. Doch dieses mal macht es mich nicht nur traurig oder wütend. Es widert mich mal wieder so richtig an. Viel stärker als sonst. Vielleicht lag es an der Auswahl dieses Supermarkts, die mich in dieser Situation besonders stark abgestossen hat. Das Sortiment unterschied sich zwar nicht sonderlich stark von dem Sortiment anderer Supermärkte, aber vielleicht habe ich stärker auf die Verpackungen geachtet, weil ich das Sortiment dieses Marktes nicht so gut kannte.

Nun gut. Man sollte grundsätzlich nicht von der Verpackung aufs Produkt schließen. Gerade die hochwertigeren Verpackungen - der vermutlich gar nicht so viel qualitativeren Markenprodukte - sehen ja fast schon unrealistisch gut aus, wenn man sich das eingeschweißte, konservierte Produkt dahinter vorstellt. Nicht einmal im Restaurant ist mein Essen besser ausgeleuchtet und sieht Dank der satten Farben so gesund und vitaminreich aus. Man könnte fast meinen, dass selbst zu Hause bei Mutti (oder Vati) nicht so gut und frisch gekocht werden kann.

Aber gestern dachte ich oft nur: Was für eine Verschwendung von Rohstoffen dieser Wahnsinn ist. Und nur weil dieses konservierte Produkt als NoName im billigen Discounter und nicht im teureren Marken-Supermarkt steht - obwohl es vermutlich sogar von der selben Adresse kommt - gibt man sich nicht einmal mehr Mühe mit der Verpackung. Die Fertigmahlzeit sieht schon auf der Verpackung ungeniessbar aus, so dass ich mir gar nicht ausmalen mag, wie es dann in Wirklichkeit auf dem Teller liegen wird. Dann sollen sie doch lieber ganz auf Fotos verzichten.

Mir verging also zunehmend der Appetit und die Lust am Essen. Egal in welcher Abteilung. Dose, Tiefkühlprodukt, Päckchen, Flaschen, ... nichts konnte meinen Hunger verstärken. Ganz im Gegenteil.

Angewidert stand ich mit meinem Freund vor den Regalen und beschwerte mich immer wieder darüber - gut vernehmbar für die anderen Kunden, die gerade neben uns beherzt ins Regal griffen - was man alles hätte Schönes kochen können, wenn man die biologischen Ressourcen nicht mit den chemischen Zusätzen und den vielen Konservierungsmitteln in diese Verpackungen gestopft hätte.

Natürlich ist das konservieren von Lebensmitteln ein elementarer Fortschritt für die Menschheit gewesen. Man könnte mit diesen Produkten Katastrophengebiete versorgen. Oder Hungersnöte in Regionen, in denen die Nahrungsversorgung aus klimatischen oder anderen Gründen gerade gefährdet ist. Aber warum werden wir in unserer Gesellschaft und unserer recht fruchtbaren Klimazone - vor allem ausserhalb der Winterzeit - mit soviel unnötigem und meistens auch unleckeren Fertigfrass überversorgt? Nur damit der Mensch mehr Zeit für die Arbeit hat und seine geringe Freizeit nicht auch noch zum kochen verschwenden muss?

Ich habe letztendlich diesen Supermarkt ohne schnelle Hauptmahlzeit verlassen und geschaut, was ich zu Hause noch an überflüssigem Zeugs zum Essen rumstehen hatte. Schön konserviert in meinem Regal.

Das war ein ungewöhnlicher Supermarktbesuch, weil Supermärkte eigentlich so konzipiert sind, dass man hungriger wird und mehr einkauft, als man eigentlich benötigt. Das hat gestern so gar nicht funktioniert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Harm

queer dissenting artist - twittert unter @HarmNeitzel

Harm

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