Terroristen oder Guerilla: Erinnern wir uns!

Waffenstillstand ! Erste Kriegserklärung 1964 und dann 2001. Zwei Kriege der US-Army gegen Guerilla-Kämpfer, damals den Vietcong, jetzt den Djihad. Wieder mehrere 100.000 tote Zivilisten.

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Das Bild der untergehakten Weltpolitiker in Paris hat ein deja vue bei mir ausgeloest: Ploetzlich rannten sie los, riefen Ho, Ho, Ho-chi-Min und stuerzten sich auf die naechste Polizeikette, die sich in Panik aufloeste und die Tschakos kullerten ueber den Buergersteig.

War nur ne Vison. Klar. War ja nicht Berlin '69, waren ja nicht die Genossen vom SDS. Die Herren in Paris hatten alle Schlipse um den Hals. Frau Merkel ihr Kettchen. Konnte man sehen. Diese Typen der Charlie-Demo, die Muehe hatten ihr haemisches Gelaechter zu verbergen, haetten sich doch mit Charlie nicht mal den Arsch abgeputzt. Wusste ich doch. Reinhard Gutsche hat bereits das passende Bildunterschrift gefunden: Krokodilstraenen.

Einen Augenblick spaeter konnte ich meinen flashback verstehen: Der Vietnam-Krieg wird gerade in einer anderen Weltgegend wiederholt. Klar!

Die Parallelen sind unuebersehbar.

Wieder muss ein Krieg gewonnen werden, weil sonst die gesamte Region wie Domino-Steine dem unmenschlichen Feinden in die Haende faellt.

Wieder verteidigen die USA Freiheit, die Demokratie, damals gegen Kommunisten, heute gegen Moerder-Islamisten.

Der Krieg muss gewonnen werden, um jeden Preis, fordern damals wie heute die Pfarrer, die Unternehmer, die Regierungschefs, die Opositionspolitiker, die Banker, und last but not least die Generale.

Es gibt schliesslich wichtigeres als den Frieden, sagte ein US-General, die Freiheit naemlich, die Pressefreiheit, die Demokratie, usw.


Fuer deren Verteidigung wurde das korrupte Regime in Sued-Vietnam mit allen Mitteln gestuetzt, bis zum letzten Hubschrauber auf Dach der US-Botschaft in Saigon.
Die Regime im Nahen und Mittleren Osten, fuer die die USA heute kaempfen, sind aehnlich verkommen und werden bis zur letzten Drohne geschuetzt.

Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschiede zwischen damals und heute.
Der Vietcong hat weder Amerika noch Europa angegriffen. Das war technisch noch nicht moeglich.
Damals haben nur kleine bewaffnete Gruppen, wie die RAF oder die Roten Brigaden, als Stadtguerilla in Europa gekaempft. Nicht sehr erfolgreich.

Die heutige Guerilla, die vom Djihad, ist besser organisiert. Sie hat Geld, Infrastruktur und erfahrene Kaempfer, die den Feind in seinen Heimatlaendern angreifen koennen. Die Bevoelkerung der kriegfuehrenden Staaten fuehlt sich zu Recht nicht mehr sichert und reagiert veraengstigt. Im neuen Krieg sterben Zivilisten nicht nur in den Kriegsgebieten, sondern auch an der Heimatfront.

Damals wie heute werden die Guerilla-Kaempfer im Westen als Terroristen bezeichnet und bekaempft.

Der Staat demonstriert Macht, um seine Bueger zu beruhigen. Beinah jeden Tag werden Terroristen ausgehoben und moeglichst noch vor Ort getoetet.

So kann der "Krieg gegen den Terror" gewonnen werden, wird der Bevoelkerung vorgegaukelt.

Flankierend wird in Deutschland kultur-subtil oder auf Demonstratioenen debattiert, ob Muslime zu Deutschland gehoeren, oder aber nicht.

Stratfor, die geostrategischen Meisterdenker der CIA in Austin, Texas, sehen den "Krieg gegen den Terror" uebrigens als Fortsetzung der jahrtausende-alten Auseinandersetzung zwischen europaeischen Christen und dem nahoestlichen Islam. Nichts neues also.

Kein Wort natuerlich ueber die US-Army, die im Nahen- und Mittleren Osten seid 20 Jahren gegen die Djihad-Guerilla kaempft.

Nein, nein, Charlie ist eine Spaetfolge der Kreuzzuege. Jawoll. So ist das naemlich. Erklaert uns die CIA.

Andererseits muss man auch nicht gleich verschwoerungstechnisch um die Ecke denken und behaupten, die CIA und/oder der Mossad haetten die Angriffe der Guerilla in Frankreich, London oder New York gefingert.

Es reicht, die westliche Propaganda zu hinterfragen.

Die Parallelen zwischen dem Krieg in Vietnam und dem Krieg in Nahen- und Mittleren Osten sind offensichtlich: wieder geht es um einen imperialistischen Krieg, der durch das Etikett "Krieg gegen den Terror" muehsam getarnt wird.

Doch wie damals in Vietnam werden auch jetzt die USA und ihre Verbuendeten langsam einsehen, dass sie ihren Krieg gegen den Djihad nicht gewinnen koennen.

Darum muss der Krieg beendet werden. Aber wie?

Als die USA das Ende der Bombardierung Nord-Vietnams anboten, begann damals der Friedensprozess. Auch jetzt koennte die Einstellung der Luft- und Drohnen-Angriffe ein erster Schritt zum Frieden sein.

Zusaetzlich muessten alle westlichen Boden-Truppen ihre Kriegshandlungen einstellen von Afghanistan bis Lybien, von Somalia bis Kurdistan .

Parallel dazu, muss mit den wichtigsten Vertretern des Djihad u.a. Al-Qaida, IS, Hisbollah ein Waffenstillstand verabredet werden.

Eine vertrauensbildende Massnahme koennte ein Gefangenen Austausch sein.

Nach diesem Waffenstillstand muss ein Friedensabkommen zwischen den kriegfuehrenden Parteien ausgehandelt werden, zwischen den USA und ihren Verbuendeten und den Organisationen des Djihad.

Dafuer sind unabhaengige Vermittler erforderlich, denen beide Seiten vertrauen koennen aus Suedafrika oder China vielleicht.

Das Ziel muss sein, dass die Staaten und nichtstaatlichen Organisationen in der Region ihre Konflikte selbst regeln, ohne Einmischung von aussen.

Eine solcher Friedenschluss ist fur beide Seiten schwierig.
Die USA und ihre Verbuendeten muessten von ihrem hohen moralischen Ross absteigen und der Djihad muss seine Aktivitaeten gegen die Unglaeubigen beenden.
Beides ist ideologisch nicht einfach zu vermitteln, muss aber sein.

Am Ende dieses Krieges wird es keine Gewinner geben.

Ich will hier keine weiteren Details ausbreiten und keine "road map" vorstellen, sondern nur auf einige der Konsequenzen hinweisen.

Alle westlichen Truppen und andere westlichen Firmen und Organisationen werden abgezogen, alle Stuetzpunkte in der Region aufgegeben. Finanzielle Zuwendungen der USA werden eingestellt.
Die Djihadis ziehen ihre Kader aus westlichen Laendern zurueck.

Die gegenseitige Propaganda wird aufgegeben, um dem Krieg die "Attraktivitaet" zu nehmen.

Das groesste Hindernis:
Aehnlich dem Ende des Vietnamkrieges, werden auch jetzt die von den USA gestuetzten Regierung in der Region durch den Frieden geschwaecht. Einige werden ueber kurz oder lang verschwinden. Damit wird auch die oekonomische Dominanz des Westens im Nahen- und Mittleren Oste schwinden. Ein solcher Frieden ist nicht einfach durchzusetzen.

Dennoch muss der Frieden geschlossen werden.
Die Wiederholung des Dramas in Vietnam koennte sonst zu einer weltweiten Tragoedie werden.

Einige Staaten in der Region, Israel, Saudi-Arabien, Pakistan und demnaechst Iran verfuegen schliesslich ueber Atomwaffen. Die werden mit Sicherheit eingesetzt, wenn ein Regime meint, nicht anders ueberleben zu koennen.

Zum guten Schluss.

Auf die Spoetter von Charlie Hebdo ist Verlass. Sie sind der Linie ihres Blattes treu geblieben und haben eine rabenschwarze Satire ueber den Angriff auf ihre Redaktion in die neue Ausgabe geschrieben.

Auf die Anti-Vietnam-Protestierer von '68 ist kein Verlass. Das der dicke Fischer seine Putz-Gruppe im Frankfurter Westend reanimiert ist unwahrscheinlich.

Generation X, uebernehmen Sie.

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Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42