Alle gleich: Außer in der Sauna? Marco Buschmanns Schlupfloch im Selbstbestimmungsgesetz

Meinung Das Selbstbestimmungsgesetz lässt weiter auf sich warten. Die Erklärung, die FDP-Justizminister Marco Buschmann dafür liefert, ist keine gute Nachricht für trans* Menschen
Ausgabe 02/2023
Die Idee des Selbstbestimmungsrecht war Diskriminierungen zu verhindern – nicht sie zu verstärken. Ungeklärte „Sachfragen“ lassen daran zweifeln
Die Idee des Selbstbestimmungsrecht war Diskriminierungen zu verhindern – nicht sie zu verstärken. Ungeklärte „Sachfragen“ lassen daran zweifeln

Foto: Imago/Panthermedia

Manchmal gibt es Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat. Beim geplanten Selbstbestimmungsgesetz etwa verzögern wohl ungeklärte „Sachfragen“ den ursprünglichen Zeitplan. In einem Interview mit der Zeit hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nun erklärt, warum es länger dauert. Seine Antwort wirft aber weitere Fragen auf, unter anderem: Warum beschäftigt sich der Justizminister mit völlig absurden „Sorgen“?

Buschmann sagte, dass etwa die Betreiberin einer Frauensauna „auch künftig“ festlegen können soll, den Zutritt an „die äußere Erscheinung eines Menschen“ zu knüpfen. Sie müsse nicht mit einer Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) rechnen.

Sind das wirklich die Fragen, über die sich die Ministerien seit Monaten austauschen? Es kann nicht sein, dass man in ein Gesetz, das – so sagt es der Justizminister selbst – lediglich das Verhältnis zwischen Staat und Bürger*in regelt, Hintertüren für Diskriminierung einbauen will, die vom Bundesverfassungsgericht längst kassiert worden ist: So ist es laut BVerfG eben nicht zulässig, die Änderung des Geschlechtseintrags an körperliche Voraussetzungen wie Operationen zu knüpfen. Warum sollte es weniger diskriminierend sein, den Zugang zu einer Sauna daran festzumachen? Eigentlich sollte Buschmann als Justizminister wissen, dass man bei Gesetzen wie dem AGG nicht mit Ausnahmen arbeiten kann, weil dies das ganze Gesetz ad absurdum führt, frei nach dem Motto: „Alle sind gleich an Rechten, außer ...“ So funktioniert das nicht.

Kämen solche Regelungen, gibt es zwei Alternativen, eine empörender als die andere: Entweder es wird ein Schlupfloch für Diskriminierungen jeder Art geöffnet und wir können uns darauf einstellen, dass es bald Saunen geben wird, die dicke, dünne, behaarte, rasierte oder schwarze Frauen ausschließen, weil die Betreiber*innen das eben nicht wollen – oder Diskriminierung exklusiv und speziell auf trans Personen zugeschnitten. Das wäre eine zynische Verschärfung bestehenden Leids. Als wollte man trans Personen zurufen: Natürlich kannst du deinen Personenstand ändern, dafür hast du es danach noch schwerer als jetzt.

Io Görz ist Chefredakteur*in des Nachrichtenportals inFranken.de

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden