Fahrradfahren in Berlin ist ja bekanntlich eine Wissenschaft für sich. Von den Fußgängern und Autofahrern wird man gehasst und hasst zurück, freilich nur solange man selbst auf dem hohen Ross sitzt. Besonders schlimm wird es allerdings, wenn einen die Mitstreiter aus den eigenen Reihen dissen. Und damit meine ich nicht die kleinen Nervensägen, die an der Ampel stehende Fahrradfahrer überholen, um ganz vorn in der Reihe zu stehen, wenn’s wieder losgeht. Auch nicht die Raser, die sich zwischen fahrenden Autos und Fahrradwegen hindurchschlängeln, bevorzugt Rennradfahrer oder Downhill-Lenker-Typen. Nein, damit meine ich Menschen, die es sich scheinbar zur Aufgabe machen, andere mit ihrem Drang nach Recht und Ordnung mit seltsamen Mittelchen in die Schranken zu weisen. So kann es passieren, dass man – für ein ganz, ganz kurzes Stück nur – auf der falschen Seite fährt. Sei es, weil man vom Ladengeschäft zurück zur Ampel tuckert oder sich kurzzeitig nicht ganz sicher ist, wie es jetzt weiter geht. Solche Momente gibt es im Leben. Doch plötzlich nimmt ein voll-equipter Verkehrsteilnehmer Kurs auf und drängt einen unter voller Geschwindigkeit an den Rand des – ja, falschen – Fahrradweges. “Sie fahren auf der falschen Seite, Sie blöde Frau!" schreit es mich aus weit aufgerissenen Augen an. “Sie machen einem ja richtig Angst", stelle ich – ziemlich cool, wie ich finde – fest. “Ja, weil Sie ein Falschfahrer sind, Sie sch*** H***", ich erspare Ihnen dieses frauenfeindliche Schimpfwort, was sich jetzt über mich ergoß. Wow, und ich dachte, nach dem Opi letzte Woche, der versucht hatte, einen Stock zwischen meine Räder zu schieben, weil ich auf dem Weg vom Fahrradstreifen zum Rossmann nicht abgestiegen war, wäre schon das Ende der Fahnenstange gewesen. Da hab ich doch lieber den durchgeknallten Autofahrer, der vor einiger Zeit an der roten Ampel eigens ausstieg, um mich dreimal hinter einander anzuschreien: “Du bist kein Auto!" Was war passiert? Sie ahnen es schon. Ich hatte mich, in dem Vorhaben, links abzubiegen, schon mal auf der Straße etwas weiter nach links begeben, so, wie es Autos eben auch machen. Offensichtlich zu weit für den schlauen Autofahrer. Immerhin, der Spruch “Du bist kein Auto!" ist zum Running-Gag unter meinen Kollegen avanciert, immer dann, wenn jemand so richtig über die Stränge schlägt.
Du bist kein Auto
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