Aufstand im Parlament

Südafrika Die Republik am Kap scheint zerbrochen. Die Rede zur Lage der Nation wird vor Millionen Zuschauern von lauten Sprechchören unterbrochen und endet in einer Farce.

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Foto: RODGER BOSCH/AFP/Getty Images
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Die Rede zur Lage der Nation letzte Woche in Kapstadt stand einem guter Politthriller in nichts nach. Zunächst war eine imposante Reiterstaffel vor dem Parlament zu sehen, gefolgt von einem nicht enden wollenden Autokorso deutscher Karossen. Als Präsident Jacob Zuma schließlich aus seinem enormen Mercedes vor ein Bataillon Soldaten trat, salutierten diese pflichtschuldig. Die Prozedur fand ihren vorläufigen Höhepunkt, als anschließend zu Kanonensalven die Nationalhymne gespielt wurde. Sogar die roten Teppiche schienen röter als anderswo.

Nach dem herrschaftlichen Prolog kam es zum ersten Akt, der keinen größeren Kontrast hätte bieten können. Noch bevor die Sprecherin des Hauses ausrief, das an diesem Abend ausschließlich die Rede zur Lage der Nation auf der Geschäftsordnung stand, stellte die Opposition lautstark klar, das sie sich nicht das Wort verbieten lassen würde. „Zuma hat uns bestohlen, wir erkennen ihn nicht als unseren Präsidenten an“, wütete Julius Malema, Fraktionsführer der Economic Freedom Fighters (EFF) unter den Augen eines Millionenpublikums vor den Bildschirmen. Mdu, erklärter Anhänger Zumas, krümmt sich neben mir vor dem Fernseher. „Das wird jetzt in der ganzen Welt übertragen. Malema macht uns lächerlich.“

Nachdem die Sprecherin des Hauses zahlreiche Wortmeldungen von den Oppositionsbänken abwürgte, erteilte sie trotzig Zuma das Wort. Kaum hatte dieser die anwesenden Gäste und sein Volk begrüßt, wird ihm ins Wort gefahren. Da jetzt mehrstimmig in Mikrophone gesprochen wird, ist nichts mehr zu verstehen. Als Zuma schließlich seine Rede unterbricht, wird er gefragt, warum er seinen Finanzminister im Dezember ohne erkenntlichen Grund entlassen habe. Die südafrikanische Währung brach durch diesen Schritt vor Weihnachten binnen weniger Tage ein. Die Sprecherin droht nun: „wenn der EFF nicht der Hausordnung nachkommt, sehe ich mich gezwungen die Fraktion auszuschließen.“ Die Anspannung auf den Bänken kocht.

Zuma kehrte unbeirrt an sein Mikrophon zurück und erinnerte an zahlreiche Meilensteine in der jüngeren südafrikanischen Geschichte. Diese Opposition war davon nicht beeindruckt. „Zuma hat uns bestohlen“, krächzt Malema in sein Mikrophon. Damit platzt der Sprecherin der Kragen und erteilt den Platzverweis an seine Partei. Schon war aber der EFF in Sprechchöre verfallen. Das Parlament wirkte jetzt wie ein aufgepeitschtes Fußballstadion nachdem der Schiedsrichter eine rote Karte verteilt hat. Vor seinem Abgang schrie ein Parlamentarier Zuma noch entgegen: „Wenn wir das nächste Mal wiederkommen, werden Sie nicht mehr der Präsident sein.“

Als die Sprechchöre vor der Tür schließlich abklangen, kehrte eine wundersame Stille im Parlament ein. Sichtbar zufrieden las Zuma jetzt von seinem Manuskript. Damit hatte der zweite Akt begonnen. Doch die eigentliche Rede blieb blutleer und konkrete Schritte zur Armutsbekämpfung und Jobbeschaffung blieben im Unklaren. Einzig der Vorschlag zur Schließung eines der beiden Parlamentssitze rief lautes Gemurmel im Saal hervor.

Interessanter wird der dritte Akt, der sich jetzt in der Öffentlichkeit abspielen wird. „Zuma wird unser Präsident bleiben, egal was die Opposition sagt“, ist sich Mdu sicher. Zuma ist nicht dafür bekannt, kritischen Stimmen besonders viel Aufmerksamkeit zu schenken und so kann sich Südafrika auf lautstarke Wochen mit viel Theater freuen. Je stoischer Zuma regiert, desto mehr scheint es seine Gegner auf die Palme zu bringen.

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