Kriegspropaganda in der Tagesschau

Säbelrasseln gegen Iran Propaganda erfolgt nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern mit der Subtilität eines Windhauchs.

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Am Donnerstag konnten wir bei genauem Zuhören in einem Beitrag in der Tagesschau ein ebenso winziges wie wichtiges Detail subtiler Kriegspropaganda vernehmen.

Der Beitrag behandelte einen Vorfall im Persischen Golf, laut dem Boote der iranischen Revolutionsgarden versuchten, einen britischen Öltanker an der Weiterfahrt durch die Straße von Hormus zu hindern (was Teheran abstreitet).

Hier der 2-Minuten-Bericht. Es geht um ein einziges Wort – Propaganda erfolgt nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern mit der Subtilität eines Windhauchs.


(Über den Inhalt des zweiten Teils des Beitrags, Washingtons Ambitionen zur Gründung einer „Koalition der Willigen“, habe ich am Mittwoch ausführlich berichtet.)

In seinem Bericht setzt der Washington-Korrespondent der Tagesschau, Stefan Niemann den vermeintlichen Vorfall im Persischen Golf – vollkommen richtig – in den größeren Zusammenhang:

„Streit gibt es zwischen Teheran und London bereits um einen Supertanker mit iranischem Öl an Bord. Die Briten hatten ihn vergangene Woche vor Gibraltar wegen des Verdachts illegaler Öllieferungen für Syrien festgesetzt, wogegen der Iran heftig protestiert.“

Einen Moment, bitte – „illegale Öllieferungen für Syrien“?

Ein wenig Background: Am 4. Juli setzte die britische Regierung vor Gibraltar – ein bizarres Relikt des British Empire: die kaum sieben Quadratkilometer kleine Landzunge im Süden der Iberischen Halbinsel ist britisches Territorium – den iranischen Öltanker Grace 1 fest.

Fabian Raymond Picardo, Chief Minister von Gibraltar, sorgt in einem offiziellen Statement für Klarheit:

„Die Regierung von Gibraltar hat berechtigten Grund zur Annahme, dass das Schiff, die Grace 1, gegen die Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien verstoßen hat. Wir nehmen berechtigterweise an, dass die Grace 1 ihre Rohöllieferung in die Banyas-Raffinerie in Syrien transportieren wollte. Diese Raffinerie ist Eigentum eines Unternehmens, das den Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien unterliegt.“

Die Frage stellt sich nun, ob ein iranischer Tanker, der Öl nach Syrien verschifft, „den Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien unterliegt“? Haben wir es also mit einer „illegalen Öllieferung“ zu tun, wie uns die Tagesschau subtil mit auf den Weg gibt?

Die EU liefert Abhilfe und beantwortet diese Frage in ihren Syrien-Sanktions-FAQs. Demnach ist der Geltungsbereich der Sanktionen wie folgt festgelegt (der Übersicht halber teils von mir zusammengefasst, nicht wörtlich zitiert):

  1. im Gebiet der EU
  2. an Bord von Flugzeugen und Schiffen unter der Hoheitsgewalt eines EU-Mitgliedstaats
  3. für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats
  4. für Entitäten, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet oder eingetragen sind
  5. für Entitäten, die Geschäfte in der EU betreiben

Trifft irgendeiner dieser Punkte auf einen iranischen Öltanker auf dem Weg nach Syrien zu?

Geht die EU nun denselben Weg wie US-Präsident Trump und verhängt über drei Ecken Sekundärsanktionen gegen alles und jeden?

Und die vielleicht wichtigste Frage:

Warum macht sich die Tagesschau zum Sprachrohr US-amerikanischer Kriegspropaganda?

Dieser Text erschien zuerst auf JusticeNow!.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jakob Reimann

Auf meinem blog justicenow.de setze ich mich kritisch mit den Themen Kapitalismus, Krieg und Rattenschwanz auseinander. Herrschaftsfrei, gewaltfrei!

Jakob Reimann

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