Verlorenes Wochenende

Zeitungen Heute erschien die "Süddeutsche" am Wochenende erstmals ohne Christian Zaschkes Kolumne "Little Britain". Ein schmerzhafter Verlust - nicht nur für Gewohnheitsmenschen

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Auf dem Fußboden meines WG-Zimmers stapeln sich noch die Süddeutsche-Ausgaben des Sommers. Das Abo hatte sie geliefert, als ich verreist war. Ich wollte sie heute alle ins Altpapier bringen.

Ich werde das nicht tun. Der Grund: Der Wochenend-Teil der SZ erscheint seit heute ohne Christian Zaschkes Kolumne Little Britain. (Als Nicht-Twitternutzer war ich natürlich nicht vorbereitet; die Nachricht traf mich völlig unvorbereitet am Frühstückstisch.) Für Gewohnheitsmenschen ist so etwas immer schlimm. Beim Zeitungslesen schätze ich das, was Tag für Tag, Woche für Woche wiederkehrt: Kommentare, Kolumnen, Karikaturen. Alles an seinem gewohnten Platz. Man liest diese Texte auch an Tagen, an denen man ansonsten nicht über die Titelseite hinauskommt. Wenn sie dann nicht mehr da sind – ein Strich durch die Routine.

Humorvoll und wunderbar lakonisch

Doch nicht nur deshalb ist es schade, dass Little Britain nicht mehr erscheint. Sondern auch, weil Zaschkes Kolumne zu den besten in der deutschsprachigen Zeitungslandschaft gehörte. Dieser lakonische Stil. Dieser Humor. Diese besondere Beobachtungsgabe. Diese alltäglichen Dinge, die sprachlich so wunderbar verpackt waren.

Es ist ja nicht nur ein Abschied von dieser Kolumne. Sondern von lieb gewonnenen Bekannten: dem stets erstaunlichen G. etwa. Man wird nun nie erfahren, was aus seiner Schauspielkarriere wurde. Vielleicht war das ein Grund, Little Britain so zu lieben: Man fühlte sich als Leser irgendwann als Teil eines Insiderkreises, dem nur angehörte, wer Little Britain regelmäßig, und das heißt: jeden Samstag, las. Man konnte ja irgendwann sogar verstehen, warum jemand einen unentfernbaren Fleck Vogelscheiße auf seinem alten Schlafzimmerfenster vermisst.

Wetter, U-Bahn, Leihwagen

Wunderbar, wie Zaschke sich zeilenweise für Biersorten begeistern konnte. Und für die Pubs, in denen er sie mit G. trank. Das Wetter, U-Bahnstationen, Leihwagen – wer hätte gedacht, dass in solch profanen Dingen solche Geschichten stecken. Zaschke erzählte sie aus England Woche für Woche. Und brachte einem dabei dieses Land – oder zumindest dessen Hauptstadt – ein Stückchen näher.

Wir leerten die Ricards und nahmen einen französischen Abschied.“ So lautet der letzte Satz der Kolumne vom vergangenen Samstag. Ich hatte ihn damals nicht so verstanden, wie er wohl gemeint war.

Ich habe aus dem Stapel Zeitungen die Wochenend-Ausgaben aussortiert, bevor ich die restlichen ins Altpapier gebracht habe. Es sind fünf. Ich werde sie sorgfältig auf die kommenden Wochenenden verteilen. Bis zum 14. Dezember muss ich samstags nicht auf Little Britain verzichten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jakob Rondthaler

Online-Redakteur, Blogger

Jakob Rondthaler

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