I want us to dream big

Panafrikanismus AFROLUTION 2019 - PANAFRICANISM REVIS[IT]ED heißt die zweite Ausgabe des EOTO Literatur- und Kulturfestivals AFROLUTION. Hundert Jahre nach dem Panafrikanischen Kongress

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AFROLUTION 2019 - PANAFRICANISM REVIS[IT]ED heißt die zweite Ausgabe des EOTO Literatur- und Kulturfestivals AFROLUTION. Hundert Jahre nach dem Panafrikanischen Kongress von Paris trägt sie das Thema Panafrikanismus ins 21. Jahrhundert: Eine Kooperation mit dem nigerianischen Aké Arts and Book Festival und großartigen Gästen wie Nnedi Okorafor, Felwine Sarr, Fred Moten, AP2P, d'bi.young, Sharon Dodua Otoo, Lola Shoneyin, Samia Nkrumah, Steve Mekoudja und George Adéagbo.

Hakim Adi - Der Doyen des akademischen Panafrikanismus

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Vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 konferierten im Reichskanzlerpalais Delegierte aus dreizehn Staaten, die einer Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck gefolgt waren. Auf der Berliner Konferenz aka West Africa Conference aka Congo Conference legten sie die Kriterien für die völkerrechtliche Anerkennung von Kolonialbesitz fest - the go-ahead to the extensive colonization of the continent – the arbitrary partition of Africa in absence of the Africans.

Bismarck prägte das Wort vom „Platz an der Sonne“, den sich Deutschland im kolonialen Wettbewerb mit den europäischen Großmächten und dem Osmanischen Reich sichern müsse. Der deutsche Platz an der Sonne war klein und wurde nicht lange gehalten. Das rechnet man heute zu den entlastenden Momenten deutscher Geschichte. Die Einschätzung ignoriert einen Völkermord und vernachlässigt die Tatsache, dass Deutsche seit dem 15. Jahrhundert an globalen Ausbeutungsfeldzügen beteiligt waren. Der Kolonialismus war ein „europäisches Projekt“ (Joseph Conrad), dass die Fugger und Welser genauso vorantrieben wie die Medici und die Kaufleute der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Die Trennungen zwischen staatlichen und privaten Unternehmungen waren durchlässig. Kaufleute traten als Statthalter auf und nahmen Regierungsaufgaben wahr.

In seiner Eröffnungsrede erwähnte Bürgermeister Klaus Lederer die Konferenz und ihre Folgen zumal im Hinblick auf die willkürlichen Grenzziehungen. Darauf kam später Hakim Adi noch einmal gründlich zu sprechen. Der britische Historiker amtiert als Doyen des akademischen Panafrikanismus. In seinem Hauptwerk „Pan Africanism and Communism“ erklärt er, dass die Idee des Panafrikanismus bereits im 18. Jahrhundert aus der afrikanischen Diaspora kam.

Ein Kontinent geht in die Vorwärtsverteidigung

Inzwischen verlaufen die europäischen Außengrenzen in Westafrika. Der Kolonialismus setzt sich in einem rigiden Grenzregime fort, das künstliche und natürliche Barrieren auch als tödliche Migrationshemmnisse kalkuliert.

Das funktioniert nur auf einer Basis der Entmenschlichung und des krassen Otherings. Nichts beweist eine größere Resistenz gegen Erkenntnisse als das Ressentiment. Wir sind darauf angewiesen, schnell zu urteilen, da hilft das Vorurteil. Das erklärt im Verein mit den Machtverhältnissen, warum Menschen nicht aufhören, etwas für biologisch zu halten, was nur einer Konvention entspricht, oder um Stuart Hall zu zitieren, „Rasse ist ein gleitender Signifikant“. Der Kulturwissenschaftler zieht „Rasse“ oft, aber nicht immer aus dem Rahmen der Markierung eines kontaminierten Begriffs. Er beschreibt das „verhängnisvolle Dreieck“ Rasse, Ethnizität und Nation, sich beziehend und berufend auf W. E. B. Du Bois, den übrigens auch Lederer zitierte.

Besonders leidenschaftlich sang Samia Nkrumah das hohe Lied des Panafrikanismus. Die im ägyptischen Exil aufgewachsene Tochter des ersten Ghanaischen Präsidenten Kwame Nkrumah rief den Aktivist*innen zu:

„You are writing history for black women. Never give up.“

Nkrumah skizzierte die Traditionslinien: ausgehend von den Pan-Afrikanischen Kongressen, die William Edward Burghardt Du Bois als Major Meetings im Morgengrauen des XX. Jahrhunderts organisiert hat.

Nkrumah traf sich mit Patrick Chamoiseau in der Einschätzung von Folgen im Kolonialstil vernichteter indigener Ökonomien. Große afrikanische Zivilisationen seien zerstört worden.

Nkrumah appellierte an den Gemeinsinn der Afrikaner. Sie beschwor die Vision einer panafrikanischen Union.

„I want us to think big. I want us to dream big.“

Wir sind kein Kontinent der kleinen Länder. Die Berliner Grenzziehungen dienten der Ausbeutung. Afrika muss die Claim & Exploitation Marks überwinden und sich vereinen.

Aus dem offiziellen Veranstaltungstext

AFROLUTION 2019 - PANAFRICANISM REVIS[IT]ED heißt die zweite Ausgabe des EOTO Literatur- und Kulturfestivals AFROLUTION. Hundert Jahre nach dem Panafrikanischen Kongress von Paris trägt sie das Thema Panafrikanismus ins 21. Jahrhundert: Eine Kooperation mit dem nigerianischen Aké Arts and Book Festival und großartigen Gästen wie Nnedi Okorafor, Felwine Sarr, Fred Moten, AP2P, d'bi.young, Sharon Dodua Otoo, Lola Shoneyin, Samia Nkrumah, Steve Mekoudja und George Adéagbo.

Nach der Berliner Konferenz von 1884/1885 formierte sich mit dem Panafrikanismus die wichtigste Bewegung der Dekolonisierungsgeschichte als Bindeglied zwischen afrikanischen anti-kolonialen Befreiungsbewegungen und dem Widerstand Schwarzer Intellektueller, Arbeiter*innen und Soldaten der afrikanischen Diasporas in Europa und den Amerikas, die gegen Anti- Schwarzen Rassismus und Imperialismus, politische Ausschlüsse und ökonomische Ausbeutung aufbegehrten. Im Februar 1919 initiierten der US-amerikanische Soziologe W.E.B. DuBois und die US-amerikanische Lehrerin und feministische Bürgerrechtlerin Ida Gibbs-Hunt den ersten Pan-Afrikanischen Kongress in Paris mit 57 Delegierten aus 15 Ländern. Diesem folgten weitere Kongresse in Europa, den USA und verwandte Formate auf dem afrikanischen Kontinent. Der Panafrikanismus lässt sich als eine transnationale intellektuelle, politische und kulturelle Bewegung beschreiben, die die solidarischen Bande, geteilten Erfahrungen und verflochtenen Geschichte(n) zwischen Menschen afrikanischer Herkunft weltweit betont. Das Wortspiel »REVIS[IT]ED« – als geschichtliche Rückschau und zukunftsgerichtete Revision bildet so die Roadmap der 4-tägigen Reise von AFROLUTION 2019 an der ›Triple AAA‹-Schnittstelle von Art, Academy und Activism. Dieses Jahr kooperieren wir mit dem AKÉ ARTS & BOOK FESTIVAL, unserem nigerianischen Schwesternfestival. Aké gilt als eines der wichtigsten Literaturfestivals des afrikanischen Kontinents. Die Aké-Begründerin und-Leiterin Lola Shoneyin reist mit einer 6-köpfigen Delegation nigerianischer Autor*innen und Künstler*innen ihrer letzten Festivaledition an. Für uns ist dies Ausdruck einer panafrikanischen Grundhaltung und wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit und den Austausch.

Wird fortgesetzt.

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

Interessiert an Literatur, Theater und Kino

Jamal Tuschick

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