Heinrich von Kleist - Dramatische Performance

#TexasText/Jamal Tuschick Den auf die Stufe des Biedermanns abgesunkenen, vor aller Welt kompromittierten Kommandanten konsterniert die Heftigkeit seines Gastes ...

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Was zuvor geschah

Ein von den Toten wieder auferstandener Rittmeister hält mit dubioser Dringlichkeit um die Hand der Marquise von O. an. Jene Julietta kam ebenso dubios in andere Umstände. Das ist im Augenblick der Ereignisse noch nicht offiziell. Der Skandal steht noch aus.

So geht es weiter

Der Hausherr nimmt seine Verpflichtungen als Brautvater wahr. Er informiert den Verehrer über das Witwengelübde seiner Tochter. Nach diesem Schwur will sich Julietta nie wieder an einen Mann binden. Trotzdem möchte der fade Oberst nicht über Juliettas Kopf hinweg endgültig njet sagen.

Vehement besteht Graf F … auf einen ungestörten Vieraugentalk mit Julietta. Er trägt erschreckend dringlich vor. Er gebärdet sich so, dass man ihn allerdings für wahnsinnig halten muss. Als Juliettas Retter verdient er zwar das vornehmste Entgegenkommen. Doch übers Knie brechen lässt sich die Angelegenheit beim besten Willen nicht.

Den auf die Stufe des Biedermanns abgesunkenen, vor aller Welt kompromittierten Kommandanten konsterniert die Heftigkeit seines Gastes. Herr von G… buckelt sich durch die Register des Hinhaltenden und Ausweichenden.

Der Antragsteller knirscht in seinem Drangsal wie ein geschundener Blechsoldat. Was frustriert den flamboyanten Kriegsmann auf seinem Durchreisehalt? Dass es ihm nicht gelang „in einer fünf Minuten langen Unterredung, von einer ihm ganz unbekannten Dame ein Jawort zu erhalten“. Nach den Gesetzen der Epoche wäre jeder Brautvater, der seine Tochter so leichtfertig weggäbe, mit „Festungsarrest“ gut bedient. Den Vertrag würde ohnedies die Kassation vernichten.

Endlich rückt der Graf ab; von einem Gipfel der Unzufriedenheit auf Ratlose zurückblickend. Doch entfernt er sich bloß bis zum Gesindetrakt. An der Domestikentafel schreibt er Briefe und versiegelt Pakete, während ihn die Noblen schon wieder in seiner Kutsche und auf der Piste vermuten. Die Familie, dem vermeintlichen Bewahrer der Ehre einer Angehörigen weiterhin gewogen, hofft, jener möge sich besinnen und das Boot seiner Absichten in einem vernünftigen Fahrwasser zum sicheren Hafen steuern.

„Alle (kommen) darin überein, dass sein Betragen sehr sonderbar sei, und dass er Damenherzen durch Anlauf, wie Festungen, zu erobern gewohnt scheine.“

Plötzlich bemerkt der Kommandant den angespannten Wagen des Grafen vor seiner Tür.

Morgen mehr.

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

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